Andreas König von Swisscom im Interview

"Bis 2016 wollen wir 70 Prozent unserer eigenen Infrastruktur in die Cloud verlegen"

Uhr | Aktualisiert
von Janine Aegerter

Andreas König war bis Ende 2013 CEO von Swisscom IT Services und ist seit Anfang 2014 Leiter der neuen Enterprise-Customer-Abteilung von Swisscom. Im Interview spricht er unter anderem vom Umbau, den Swisscom derzeit unternimmt.

Andreas König wird neuer CEO von Swisscom IT Services. (Quelle: Swisscom IT Services)
Andreas König wird neuer CEO von Swisscom IT Services. (Quelle: Swisscom IT Services)

Herr König, mit dem Zusammenschluss des Grosskundengeschäfts von Swisscom und Swisscom IT Services haben Sie eine Mammutaufgabe vor sich. Wie werden Sie diese meistern?

Es ist eigentlich egal, ob man einen grossen oder einen kleinen Umbau macht, wichtig ist einfach, dass die Strategie stimmt. Im Vorfeld haben wir uns lange überlegt, ob ein Zusammenschluss das Richtige ist. Jetzt, da wir die Entscheidung getroffen haben, geht es um die Umsetzung.

Wie geht man so eine Aufgabe richtig an?

Es geht primär darum, welche Vision man gegen aussen vermittelt und welche man intern dem Team weitergibt. Diese beiden Visionen müssen miteinander übereinstimmen und sie müssen den Beteiligten etwas Neues und Motivierendes vermitteln. Das heisst, wir wollen den Mitarbeitern und auch den Kunden zeigen, wo der Mehrwert dieser Strategie liegt. Was dann folgt, ist die Umsetzung in den einzelnen Teams.

Ist das nicht schwierig bei so einem grossen Team?

Nicht schwieriger als mit kleinen Teams, denn die Mechanismen sind dieselben. Aber klar, je grösser ein Team ist, umso wichtiger ist es, dass man als Führungskraft delegiert. Es darf nicht einfach alles aus der Teppichetage kommen und von dort gesteuert werden und vorgegeben sein. Die Befähigung der Teams darunter – je tiefer desto besser – ist da extrem ausschlaggebend.

Wie haben die Mitarbeiter eigentlich auf die Pläne zum Zusammenschluss reagiert?

Ohne zu übertreiben: Bis auf ein paar einzelne Stimmen, die es immer gibt und die wir auch ernst nehmen, haben wir durchwegs ein "Endlich machen wirs!" gehört. Die Frage, wann wir die beiden Bereiche zusammenschliessen würden, stand schon im Raum, als ich meine Stelle bei ITS (Swisscom IT Services; Red.) antrat. Und sie kam immer wieder. Im Prinzip ist auch jedem klar, dass die beiden Bereiche zusammengehören und dass man die Synergien nutzen sollte, um gemeinsame Lösungen zu bauen. Noch vor einem Jahr wäre die Zeit dafür aber nicht reif gewesen.

Und warum ist die Zeit jetzt reif dafür?

Auch wenn die Branche schon lange darüber spricht: Die Konvergenz, also das Zusammenwachsen von IT und Telekommunikation, hat in den vergangenen zehn bis zwölf Monaten deutlich an Fahrt gewonnen. Die Chancen, die sich daraus ergeben, wollen wir mit der neuen Organisation voll nutzen. Es gibt aber auch einen internen Gund. Als ich zu ITS kam, war das Wachstum von ITS nicht unbedingt in den Köpfen der Mitarbeiter verankert. Das Klima war eher traditionell und Kreativität und Querdenken nicht unbedingt gefragt. In so einem Modus eine Zusammenführung zu machen, wäre gefährlich gewesen.

Warum?

Dann hätte es sicher Stimmen gegeben, dass Swisscom die ITS übernimmt, dass ITS zersägt und aufgeteilt wird und so weiter.

Und warum ist das nicht geschehen?

Wir haben ein äusserst erfolgreiches Jahr hinter uns, wir leben derzeit in einer Art Aufbruchstimmung. Wir leben das selbstständige Denken und haben das Bewusstsein, dass wir einen Markt haben und in diesem Markt in vielen Bereichen Marktführer sind. Dieses Bewusstsein hat den Mitarbeitern von ITS gezeigt, dass sie auf Augenhöhe mit dem Grosskundenbereich von Swisscom sind. Und auf Augenhöhe zu sein, ist sehr wichtig, wenn man so einen Zusammenschluss macht.

Reicht ein einziges Jahr, um einen solchen Kulturwandel vollziehen zu können?

Nun, am Ende des Tages ist es einfach sehr, sehr viel Arbeit. Und es hat auch sehr viel mit Kommunikation zu tun. Ich sage mir immer, dass man nicht "überkommunizieren" kann. Man kann sagen: "Ok, ich habe es schon hundert Mal gesagt, jetzt sollten es wirklich alle wissen", aber dann findet man dennoch wieder 300 Personen, die eine bestimmte Botschaft noch nicht gehört haben. Es hilft den Mitarbeitern auch, wenn sie immer wieder das Gleiche hören, denn Konsistenz ist wichtig. Aber zwischen dem, was man weiss, und dem, was man tut, besteht schon manchmal ein kleiner Unterschied. Und häufig ist entscheidend, was das Führungsteam vorlebt.

Auf welche Geschäftsbereiche werden Sie in Zukunft das Schwergewicht legen?

Wir versuchen immer, Kundenbedürfnisse­ zu identifizieren und uns anhand dieser Bedürfnisse aufzustellen. Das werden wir auch in Zukunft tun. Eines der besten Beispiele, die wir dafür haben, ist unser Banking-Bereich.

Was bieten Sie Ihren Kunden dort an?

Die Bankenwelt verändert sich. Unsere Kunden haben einen Kostendruck, sie haben einen Druck seitens der Finma und sie haben regulatorischen Druck. Das bedeutet, dass sie sich auf ihre Kernprozesse konzentrieren und alles andere so weit wie möglich outsourcen wollen. Wir sehen da ein klares Bedürfnis und haben uns in den letzten zwei Jahren entsprechend aufgestellt. Wir wollen in der IT und für deren Prozesse der Industrialisierungspartner für die Banken sein. Das beinhaltet Dienstleistungen rund um die Themen Mobile, Festnetz und Bundles, IT-Infrastruktur, SAP oder Workspace und Collaboration. Gerade bei der Festnetzkommunikation und bei Bundles gehen wir immer mehr Richtung IT-gesteuerte Kommunikationssysteme. Der Kunde will in die digitale Welt, und wir zeigen ihm die Möglichkeiten und die für ihn optimalen Lösungen auf, von den Netzen über die IT-Infrastruktur bis hin zum Workspace.

Wie sieht es mit Diensteistungen für andere Branchen aus?

Wir wollen auch im Energiemarkt und im Gesundheitswesen das Gleiche tun, wie wir bisher im Bankingbereich getan haben. Wir wollen grundsätzlich Richtung Managed Services gehen. Das Potenzial ist da, denn wir haben über eine Million Mobile Subscriber bei unseren Grosskunden. Da können wir in Zukunft noch viele interessante Lösungen aufzeigen.

Wo liegen neben Managed Services die grössten Bedürfnisse?

Bei den Grosskunden sind wir in der Schweiz als Anbieter sehr gut vertreten. Wir haben aber noch längst nicht alle unsere Produkte bei ihnen platziert. Ich persönlich bin beispielsweise ein Apple-Fan. Was mir bei Apple gefällt, ist, dass ich integrierte Produkte bekomme. Ich möchte also, etwas salopp gesagt, eine Art iTunes für Grosskunden schaffen. Der Kunde muss dann nicht mehr überlegen, was er alles benötigt, sondern bezieht ein bestimmtes Dienstleistungspaket und hat dann einfach alles mit drin, was er braucht.

Wann werden Sie diesen Umbau in etwa abgeschlossen haben?

Ich bekomme diese Frage oft zu hören und meine Antwort ist immer dieselbe: Nie! Für mich ist Veränderung ein fundamentaler Bestandteil einer Organisation. Der Hauptgrund, warum viele Firmen nicht mehr existieren, liegt darin, dass sie sich einfach nicht mehr geändert haben.

Trotzdem befinden Sie sich ja in einer Art Übergangszeit, die irgendwann vorbei sein wird.

Wir wollen bis spätestens Mitte des Jahres so aufgestellt sein, dass wir einen Zustand haben, den wir uns in unserem ersten Wurf überlegt haben. Und ich sage ganz bewusst "überlegt haben", denn ob es dann wirklich zu 100 Prozent so sein wird, oder nur zu 80 Prozent, wissen wir jetzt noch nicht. Sicher ist, dass es ein dynamisches Umfeld geben wird, kleine Teams werden von A nach B wandern, es wird neue Positionen geben und so weiter. Nur die Veränderung ist konstant und sonst gar nichts. Das muss sich jeder im Team bewusst sein.

Wie viele Mitarbeiter sind eigentlich in diesen Umbau involviert?

Insgesamt sind etwa 5500 oder 6000 Personen involviert. Einige meiner Mitarbeiter wechseln in den Bereich IT, Netz und Innovation, ein paar gehen zum Headquarter und so weiter. Der gesamte Bereich Enterprise Customers wird dann etwa 4500 Mitarbeiter umfassen, ITS hat derzeit etwa 3200 Mitarbeiter.

Kommen wir von der internen Strategie zu den technischen Strategien. Sie entwickeln ja heute schon Business-Apps für Kunden. Wird es in Zukunft noch mehr solcher Businessapplikationen geben?

Oh ja. Früher hatte man diese monströsen grossen Businessapplikationen, bei denen man ein- oder zweimal im Jahr einen gros­sen Release gemacht hat. In fünf Jahren wird es die nicht mehr geben. Die Zukunft geht in Richtung schnelle Releases und kleine Applikationen, die man schnell und flexibel bauen kann.

Wie sieht Ihre Strategie für Cloud Computing aus?

Wir glauben, dass diese Technologie die richtige ist. Was unsere eigene Infrastruktur angeht, wird Cloud Computing dominant werden. Bis 2016 wollen wir 70 Prozent unserer eigenen Infrastruktur in die Cloud verlegen. Das ist massiv, auch im internationalen Vergleich.

Wie viel Prozent liegt denn jetzt in der Cloud?


Wir haben derzeit einzelne Inseln, wie Swisscom TV beispielsweise, eine genaue Prozentzahl kann ich nicht nennen. Es ist auf jeden Fall ein grosser Sprung, den wir machen werden. Ich glaube, wenn wir unser Ziel 2016 erreicht haben, werden wir Weltmeister sein, was Cloud Computing in der eigenen IT-Infrastruktur betrifft.

Welches sind für Sie die wichtigsten Gründe für die Cloud?

Einer der wichtigsten Vorteile sind die Kosten. Ein anderer Vorteil ist, dass Ausfälle an und für sich gar keine Rolle mehr spielen werden. Die Lasten werden automatisch verteilt, denn der Hardwareteil wird komplett von der Software getrennt sein. So etwas nennt sich Software-defined Datacenter. Software-defined Networking, also SDN, ist ein Teil davon. So können Sie Produkte sozusagen aus der Steckdose anbieten und diese auch wie Strom abrechnen. Je nachdem, was der Kunde gerade be­nötigt.

Und was sind die Nachteile der Cloud?

Sie müssen erst einmal viel Geld in die Hand nehmen, um das zu bauen. Aber wir wissen, wie eine solch komplexe Infrastruktur gebaut werden muss. Denn allein in diesem Jahr haben wir in unser Netz und unsere IT 1,75  Milliarden Schweizer Franken investiert und grosse Projekte wie den LTE- oder Glasfaserausbau in der ganzen Schweiz vorangetrieben.

Zur Person: Andreas König

Andreas König war bis Ende 2013 CEO von Swisscom IT Services und hat per Anfang Jahr die Leitung der neuen Enterprise Customer Abteilung von Swisscom übernommen. König, geboren 1965, ist österreichischer Staatsbürger und diplomierter Maschineningenieur ETH. Bevor er ab Ende 2012 für Swisscom tätig war, arbeitete er 16 Jahre in verschiedenen Funktionen bei Netapp, zuletzt als Senior Vice President und General Manager EMEA, wo er das Europageschäft aufbaute. Davor leitete er bei Silicon Graphics, wo er sechs Jahre lang tätig war, den Geschäftsbereich Indirect Sales. Zuvor war er für Macneal-Schwendler in München tätig.

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