Energieverbrauch senken

Tunnel-FET-Technologie soll Energieverbrauch drastisch senken

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Elektronik, die 100-mal weniger Energie verbraucht? Dank eines als "Tunneleffekt" bekannten Quantenphänomens könnten unsere Mobiltelefone ab 2017 mit Mikrochips einer neuen Generation ausgerüstet sein.

Der Stromverbrauch von Transistoren ist für Forschung und Industrie ein Knackpunkt. Eine neue Technologie verspricht nun eine Wende. Die sogenannte Tunnel-FET-Technologie (FET für field-effect transistor) nutzt ein als Tunneleffekt bezeichnetes Quantenphänomen, wie die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) in einer Mitteilung schreibt.

Bisher sei für Transistoren die sogenannte "Feldeffekttechnologie" genutzt worden. Eine elektrische Spannung erzeuge einen Elektronenfluss, der den Transistor aktiviere. Diese Technologie stosse nun jedoch insbesondere in Bezug auf den Stromverbrauch an ihre Grenzen. Die Tunnel-FET-Technologie basiere auf einem grundlegend anderen Prinzip: Der Transistor verfüge über zwei durch eine Energiebarriere getrennte "Kammern". In der ersten würden Heerscharen von Elektronen warten, der Transistor sei dadurch deaktiviert. Durch das Anlegen einer elektrischen Spannung erhielten sie die notwendige Energie, um die Barriere zu überwinden und in die zweite Kammer zu gelangen, der Transistor werde dadurch aktiviert.

"Stromsenker" statt Störfaktor

Bisher sei der "Tunneleffekt" bei Transistoren nur als Störfaktor bekannt gewesen. Gemäss der Quantentheorie würden bestimmte Elektronen die Barriere überwinden, selbst wenn sie scheinbar nicht genügend Energie besitzen würden. Reduziere man nun die Breite der Barriere, könne dieser Quanteneffekt verstärkt und genutzt werden. Die für den Übergang notwendige elektrische Leistung sowie der Stromverbrauch im Stand-by-Betrieb würden dadurch drastisch gesenkt.

"Wenn wir beim Transistor vom klassischen Prinzip des Feldeffekts auf den Tunneleffekt umstellen, können wir die elektrische Spannung von 1 Volt auf 0,2 Volt senken", erklärt Adrian Ionescu. In der Praxis bedeute dies, dass bis zu 100-mal weniger Strom verbraucht werde. In den Chips der neuen Generation würden klassische und Tunnel-FET-Technologie kombiniert. "Die aktuellen, von IBM oder dem CEA entwickelten Prototypen wurden in einem vorindustriellen Rahmen hergestellt. Folglich ist eine Massenproduktion ab ungefähr 2017 vorstellbar."

Für mobile Elektronikgeräte

Mikrochips mit Tunnel-FET-Technologie sei vor allem für den Bereich der mobilen Elektronikgeräte interessant, weil ihre Autonomie dadurch erheblich gesteigert werden könne. "Im Augenblick ist noch nicht die Rede von einem Einsatz in Supercomputern oder Datenzentren", sagt Adrian Ionescu, "aber mit dieser Technologie wird man problemlos gewöhnliche Aufgaben wie Video-Decoding oder Internetsurfen erledigen können."

An der EPFL sowie in den Labors von IBM in Zürich und am CEA-LETI in Frankreich laufe die Forschung zu dieser neuen Technologie auf Hochtouren, heisst es weiter. Zudem präsentierte EPFL-Forscher Adrian Ionescu in einer Sonderbeilage der Zeitschrift "Nature" zum Thema Silizium eine Bestandsaufnahme des Themas.