IT-Talks: Agilität als Erfolgsfaktor

"Outsourcing und Agilität sind meist unvereinbar"

Uhr | Aktualisiert

Agilität ist heute ein Erfolgsfaktor für Unternehmen. Doch wie erlangt man sie bloss, die geschäftliche Flexibilität? Darüber diskutierten am gestrigen IT-Talk im Zürcher Schiffbau Exponenten von Emmi, CERN, Migros Bank und Swisscom - für einmal ganz ohne Powerpoint-Slides.

Mit welchen Veränderungen sind Unternehmen heute konfrontiert? Wie wichtig ist Agilität? Und was bringt die Cloud wirklich? Die Teilnehmer am gestrigen IT-Talk im Zürcher Schiffbau waren sich uneins.

Die Veranstaltungsreihe IT-Talks, die Raum für Diskussionen über heisse ICT-Themen schafft, feierte gestern Premiere. Mit Heinz Hodel von Emmi und Helge Meinhard vom CERN waren zwei Experten vor Ort, die über komplexe IT-Infrastrukturen entscheiden müssen. Oliver Wyler, IT Risk & Information Security Manager bei der Migros Bank und Urs Lehner, Leiter Marketing und Sales von Swisscom, ergänzten die Runde. Durch den Abend führte Pascal Sieber vom Berater Sieber & Partners.

Wachstum dank Agilität

In einem Punkt herrschte gestern Einigkeit: Agilität ist für die Zusammenarbeit von Business und IT zentral. Denn geschäftliche Flexibilität hängt von externen Faktoren ab, die für Unternehmen nur noch schwer zu bändigen sind. Dies spürt auch der Lebensmittelkonzern Emmi, der in den letzten Jahren viele Firmen aufgekauft hat. Der Stand der Informatik habe bei der Auswahl von Übernahmekandidaten zwar nicht Priorität, sagte Emmi-CIO Hodel. Aber je statischer die IT, desto schwieriger die Integration. Emmi habe viel in Agilität investiert, was sich auszahle: Heute gelinge es, die Informatikumgebungen von aufgekauften Unternehmen in eins bis drei Monaten in Emmi zu integrieren, so Hodel.

Auch beim CERN, das mit seinem Teilchenbeschleuniger jährlich eine Datenmenge von rund 15 Petabytes generiert, spielt Agilität eine grosse Rolle. Der LHC laufe zwar gerade nicht, erklärte Meinhard. Das CERN sei aber dabei, die Rechenkapazität von 9'000 auf 15'000 Server zu erhöhen. Gleichzeitig migriere man seine Systeme auf einen Abkömmling von Red Hat Enterprise Linux in der Version 6. Dabei gehe es schnell: Das CERN müsse fähig sein, tausende von Servern in wenigen Tagen auf das neue Betriebssystem umzustellen. Agilität sei dafür eine Grundvoraussetzung.

Wie flexibel ist die Cloud?

Oliver Wyler betonte, dass Agilität saubere Prozesse brauche. Die Migros Bank habe in sieben Monaten auf Windows 7 migriert. Und vor vier Jahren wechselte die Bank in 18 Monaten auf ein neues Bankensystem. Schnelligkeit sei dabei wichtig - doch Agilität dürfe nicht auf Kosten von Sicherheit gehen. Und die Cloud? Die sei schon aus regulatorischen Gründen kein Thema. "Das geht bei uns einfach nicht", so Wyler.

Urs Lehner, der die Anbieter vertrat, wies auf die Dienste von Swisscom hin. Der Telco garantiere für seine IaaS-Angebote eine Datenhaltung in der Schweiz. Doch Wyler winkte ab: "Ich glaube kaum, dass Sie viele Kunden aus dem Bankenumfeld gewinnen werden". Auch das CERN ist beim Thema Datenwolke skeptisch. "Wie sollen wir unsere 30 Petabytes in die Public Cloud rein- und wieder rausbringen?", fragte Meinhard lakonisch. Ein eigenes Rechenzentrum im Sinne einer Private Cloud zu betreiben, das hingegen sei für CERN möglich, bilanzierte Meinhard.

Zankapfel Outsourcing

"Outsourcing ist in aller Regel mit der Idee von Agilität nicht vereinbar", warnte Meinhard. Unternehmen sollten also darauf achten, auf keinen Fall die Flexibilität in ihrem Kerngeschäft auszulagern. Je agiler IT sein müsse, desto eher soll sie laut Meinhard in-house betrieben werden.

Nicht überraschend betrachtet Lehner das Thema Outsourcing anders. Die Rolle von CIOs habe sich gewandelt - sie seien heute Manager komplexer  Ökosysteme, in denen Agilität immer wichtiger werde. Und diese könnten Unternehmen auch erreichen, indem sie ihre Informatik an spezialisierte Provider wie Swisscom auslagern. "Nur die Architekturverantwortung würde ich nie im Leben outsourcen", sagte Lehner.

Über IT-Talks

Die IT-Talks sind eine Veranstaltungsreihe der Netzmedien für Publikum und IT-Entscheidungsträger. Die Events bestehen aus einem Podiumsgespräch, das als Video aufgezeichnet wird und im Anschluss online abgerufen werden kann. Das erste Video wird nächste Woche live geschaltet.

Zusätzlich sollen Hintergrundbeiträge, Interviews und News zu den jeweiligen Themen die Debatte fördern.