Start-ups

Die Kundenkarte steckt im Smartphone

Uhr | Aktualisiert
von Hélène Lelièvre

Treuekarten wollen Kunden an ein bestimmtes Geschäft binden und dafür sorgen, dass sie wiederkommen. Zwei Schweizer Start-ups überführen nun die beliebten Karten ins digitale Zeitalter.

Ein Angestellter trinkt nach Feierabend in einer Bar einen Kaffee. Der Kellner fragt ihn, ob er seine Kundenkarte dabeihabe, mit der er als Stammkunde den elften Kaffee umsonst bekäme. Der Gast durchwühlt alle seine Karten auf der Suche nach der richtigen, um den wertvollen Stempel zu erhalten, der von seinen wiederholten Einkäufen zeugt. Um dieser Kartenflut Herr zu werden, wurden Kundenbindungslösungen geschaffen, die auf die weit verbreiteten Smartphones setzen. Vor zwei Jahren brachte die Firma Aixum Tec, die im August 2012 von Mobile Bits aufgekauft wurde, in der Schweiz und in Liechtenstein eine iPhone-App auf den Markt, die Anbieter und Kunden zusammenbringt.

Heute ist die Anwendung namens Samy auch für Android, Blackberry und Windows Phone erhältlich und verfügt über verschiedene Kundenbindungsfunktionen. Dazu gehören das Punktesammeln, das Gutschreiben von Geschenkkarten und die Teilnahme an Werbeaktionen. McDonald’s, der Detailhändler Spar oder auch Manor und Chicorée zählen zu den Firmen, die diese Lösung bereits eingeführt haben.

Die Treuekarte: beliebt, aber überholt

Mehrere Schweizer Start-ups haben sich seitdem auf diesen Markt gestürzt. Die Firmen Poinz aus Zürich und Kireego aus dem Waadtland konzentrieren sich ausschliesslich auf solche Punktekarten. Sascha Benz, Mitbegründer von Poinz, erläutert dazu: "Wir sind von der Feststellung ausgegangen, dass sich die Treuekarten in der Schweiz grosser Beliebtheit erfreuen, aber auch eindeutig überholt sind. Daraufhin haben wir beschlossen, eine digitale Punktekarte zu entwickeln." Das Prinzip ist einfach: Wenn der Kunde in einem Laden einkauft, gibt ihm der Verkäufer einen QR-Code zum Einscannen mit der Gratis-App von Poinz oder Kireego. Der Kunde sammelt die Kassenquittungen direkt auf dem Smartphone und kommt so in den Genuss einer Belohnung für seine Treue. In beiden Systemen bleibt er gegenüber dem Detailhändler anonym. Auf der App von Poinz kann er sich jedoch wahlweise anmelden, um seine Punkte zu sichern, falls das Smartphone verlorengehen sollte.

Für die Anbieter weist die digitale Variante gegenüber der Papierlösung zahlreiche Vorteile auf. Auch wenn sie nicht über persönliche Daten zum Kunden verfügen, können sie dennoch auf die Verkaufsstatistiken zugreifen und Werbeangebote direkt an ihr Zielpublikum senden, erklärt Sascha Benz: "Mit diesem neuen Kommunikationskanal für die Interaktion mit den Kunden können Unternehmen auch ohne klassischen Newsletter schnell höhere Einnahmen erzielen."

Mit Kireego können Anbieter ausserdem Partnerschaften mit anderen Geschäften eingehen, die dieselbe Lösung nutzen. Dadurch lassen sich Synergien erzeugen. "So wendet sich ein Kunde eines Coiffeurs in Lausanne auf der Durchreise in Genf wahrscheinlich vorzugsweise an dessen Genfer Partner, weil er so Punkte bei seinem eigenen Coiffeur sammeln kann. Wir schaffen den Anbietern die Möglichkeit, ihr eigenes Netz aufzubauen." Für Christophe Lukundula, Mitbegründer und CEO von Kireego, ist dies der grösste Trumpf dieser Lösung.

Ein neuartiges Geschäftsmodell

Im Gegensatz zur App von Poinz, wo die Anbieter ein Abo bezahlen, dessen Preis je nach Bedarf variiert, ist die App von Kireego kostenlos. Die Händler können jedoch optional zusätzliche Premiumfunktionen kaufen wie Umfragen, Wettbewerbe oder Kampagnen zur Belebung der Facebook-Seite. "Wir wenden uns gezielt an unabhängige Händler. Dabei haben wir festgestellt, dass viele unter ihnen, insbesondere die kleineren, nur wenig Zeit und begrenzte finanzielle Mittel haben, um sich mit der Kundenbindung zu beschäftigen. Wir wollen den digitalen Kundenbindungsprozess sehr dynamisch gestalten. Wir haben genug Zusatzfunktionen geschaffen, um auf einen kostenlosen Basisservice setzen zu können."

Lukundula gibt sich zuversichtlich, was die Zukunft seines Start-ups angeht: "Seit der Gründung unseres Unternehmens haben wir finanzielle Unterstützung erhalten. Heute interessieren sich zusätzliche Investoren für uns, vor allem, seitdem wir beim London Web Summit 2013 in die Endausscheidung der 'Startup Awards' kamen."