IBM Impact 2014

IBM tauscht Anzug gegen Hoodie

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

IBM spricht in Las Vegas mit 9000 Entwicklern und Partnern über die Zukunft im Cloud- und Mobile-Geschäft. Ein Highlight ist der Start des IBM Marketplace. Ausserdem will IBM über Kampagnen junge Entwickler als Partner gewinnen.

IBM hat in Las Vegas seine neuesten Lösungen für die Bereiche Cloud, Mobile und Analytics vorgestellt. Mit dabei waren 9000 Besucher aus aller Welt. Vor Ort waren hauptsächlich IT-Entscheider, Entwickler und Partner, aber auch Analysten und Medienvertreter. Nicht dabei war hingegen Virginia Rometty, ihres Zeichens CEO von IBM. Dafür führte Robert Le Blanc, Senior Vice President von IBMs Software-Geschäft, durch die Eröffnungsveranstaltung.

IBM Marketplace

IBM investierte in den letzten rund 3,5 Jahren 7 Milliarden US-Dollar in Cloud-Technik alleine durch die Übernahme von Unternehmen. Verbunden mit eigener Entwicklungsarbeit mündeten die Arbeiten in den Launch des IBM Cloud Marketplace, der Höhepunkt des Auftakts der Konferenz.

Der Marktplatz bietet IaaS-Lösungen wie Softlayer und PaaS-Lösungen wie Bluemix für die Unternehmens-IT und für Entwickler an, durchzogen und abgesichert durch IBMs Sicherheitslösungen. Ein wichtiger Aspekt: So sollen gemäss einer Untersuchung 60 Prozent aller Kunden Online-Angebote nicht mehr nutzen, wenn diese gehackt wurden.

Gerade gestartet, können IT-Fachkräfte aus Unternehmen, ISVs und freie Entwickler auf über 200 Produkte von IBM und seinen Partnern zugreifen. Hierzu zählen etwa Ressourcen wie virtuelle Server, bei denen Anwender die Rechenkerne, den Arbeitsspeicher und den Storage über eine schlicht gestaltete Bedienoberfläche bestellen und einrichten können. Zumindest dann, wenn die Internet-Verbindung mitspielt, was nicht immer der Fall war während der Keynote von Le Blanc. Souverän nutzte er die Situation für Witze und gewann damit die Gunst der Zuschauer.

So mussten die rund 9000 Zuschauer etwa eine Viertelstunde auf den Beginn der Keynote warten: "Hätten die Veranstaltungstechniker Websphere genutzt, hätten wir pünktlich beginnen können", kommentierte Le Blanc die Verspätung mit einem Augenzwinkern. Die Zuschauer akzeptierten seine Entschuldigung mit Gelächter und Applaus.

"Werden Sie unser Business Partner"

Goutiert wurden auch die Features des Marketplace. Denn IBM setzt bei seinem Marktplatz auf die Kooperation mit Entwicklern und Partnern, wie etwa Independent Software Vendors. Le Blanc lud die Konferenzbesucher dazu auf, Teil des Ökosystems zu werden. "Werden Sie unser Business Partner", rief er den Besuchern zu.

IBM baut auch darauf, dass die Partner untereinander kooperieren. Das könnte sich lohnen, schätzt doch IBM den Cloud-Markt auf 250 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen hat hierfür seine Lösungen mit zahlreichen APIs ausgerüstet, um die verschiedenen Anwendungen miteinander verknüpfen zu können. IBM setzt dabei auf Offenheit und Industrie-Standards wie Open Foundry, ähnlich wie andere Anbieter wie etwa die EMC-Tochter Pivotal.

One-Stop-Shop

IBMs Marketplace ist als einfach zu bedienende One-Shop-Lösung konzipiert. Das bedeutet, dass Anwender Infrastruktur und Middleware anmieten können, aber auch Software für die App-Entwicklung plus Dev-Op-Lösungen. "Der IBM Cloud Marketplace vereint Big Data und Analytik, Mobile-, Social- und Commerce-Lösungen mit der Integration", sagte Le Blanc. Hierzu zählen etwa Lösungen für das Back-End, um Anwendungen laufend, nach dem Dev-Ops-Prinzip, optimieren zu können. IBMs SaaS- und PaaS-Lösungen können, je nach Anforderung, in einer öffentlichen, einer privaten oder in einer hybriden Cloud eingesetzt werden.

Cloud Market Place Ops bietet wiederum Dienste auf Enterprise-Niveau wie Disaster Recovery, Managed Security oder die Verwaltung von Cloud-Umgebungen auch für KMU. Interessant ist auch Infosphere, ein Werkzeug-Set aus IBMs Bereichen Big Data und Watson. Zu dem Set zählt etwa Infosphere Streams, ein Werkzeug für die Echtzeit-Analytik von Daten. Infosphere Big Insights soll es Entwicklern erleichtern, mittels Hadoop Big Data Apps zu schreiben.

Wirtschaft arbeitet digital

Für Le Blanc wird die Wirtschaft digital. Das gelte für alle Unternehmen, egal in welcher Branche sie aktiv seien. Ausserdem leben wir in einer Ära der Daten. Hinzu kommt die Nutzung von IT.

Mobile werde immer wichtiger und somit auch die Anforderungen an Apps und die Erwartungshaltung an Anwendungen seitens der Nutzer. Und diese können gnadenlos sein, wie Marie Wieck, General Manager Mobile First, erklärte. Werde eine App im App-Store wegen schlechtem Feedback von 4,7 auf 4,3 abgewertet, gingen die Downloads um rund 60 Prozent zurück. "Entwickler müssen auf Probleme reagieren, bevor dies sich viral herumsprechen", schlussfolgerte Wieck.

Etwa durch den permanenten Austausch mit den Anwendern. Das führe im Idealfall zu einer Art Crowdsourcing für die Weiterentwicklung einer Anwendung. Natürlich müssten Entwickler das Feedback auch rasch umsetzen. Hierfür bietet IBM Dev-Ops-Tools über Bluemix an, das teilweise in den Marktplatz eingebunden und mit dem Fokus Dev-Ops um verschiedene Lösungen ergänzt wurde. Wie auch CA Technologies gewichtet IBM den Dev-Ops-Prozess als essentiell, um künftig im Mobile-Geschäft erfolgreich unterwegs sein zu können.

Die Tools in IBMs Angebot werden über ein Dashboard verwaltet. In einer Demo zeigte Wieck, wie so etwas funktionieren könnte. In einer Shopping-App konnten die Details eines Produkts nur langsam geladen werden. Durch Schütteln ihres Tablets wurde ein Screenshot aufgenommen, zusammen mit Daten wie etwa der Prozessor-Auslastung des Geräts. Im Dashboard konnte ein IBM-Techniker die Situation durch die Daten nachvollziehen und schlussfolgerte, dass die Applikation statt einer Instanz zwei bräuchte. Über die Bedienoberfläche des Dashboards war diese innerhalb von Sekunden eingerichtet und die Prozesse der App liefen wieder flüssig.

Alles verknüpft

Wie sich die neuen Lösungen des Marketplace miteinander verbinden lassen, zeigte die Demo der Firma Eye Q. Diese verbindet IP-Video mit Datenanalytik für personalisierte Werbung. In einem Beispiel informierte sich eine fiktive Kundin in einem Kaufhaus über neue Velos.

Die Anwendung erkannte über Video die beim Kaufhaus als Anna registrierte Kundin und konnte zudem ihr Interesse an Velos ermitteln. Im Anschluss erhielt Anna Werbung für Velos und Zubehör, etwa einen Rabatt bei ihrem nächsten Besuch. Als Anna erneut eine Filiale des Kaufhauses aufsucht, erhält sie einen Plan auf ihr Smartphone gesandt, der ihr den Weg zur Velo-Abteilung zeigt. Die Lösung wurde auf Basis der Bluemix-Werkzeuge und Analytik-Tools entwickelt, die über APIs miteinander verknüpft wurden. "Ich wäre heute gerne ein Entwickler", sagte Le Blanc angesichts der vielen Tools und Services.

IBM setzt auf junge Entwickler

Um auch möglichst viele Entwickler ins Boot zu holen, berät IBM Entwickler und Start-ups und möchte sie durch Veranstaltungen für seine Lösungen begeistern, etwa mit den Dev-Op-Services. Dadurch hebe sich IBM auch gegenüber anderen Cloud-Anbietern wie etwa Amazon ab. Bei den IBM Smart Camps vermittelt das Unternehmen Start-ups Wissen. Dies reicht vom Design von Applikationen, bis hin zum technischen Verständnis für die Abläufe im Back-End.

Ausserdem erhielten Entwickler bei diesen Camps Zugang zu IBMs Infrastrukturen. Mit den Mobile First Studios geht IBM dorthin, wo sich die Entwickler zu Hause fühlen. In 18 Einrichtungen arbeitet IBM mit Entwicklern zusammen. Diese Studios müssen aber nicht von IBM sein. Im Gegenteil, wie das Bespiel Galvanize zeigt. Der IBM-Partner unterhält einen Co-Working-Arbeitsraum, wo sich Start-ups, Designer und Entwickler treffen und austauschen. Zusammen mit Galvanize organisiert IBM während der Impact eine sogenannte Bluemix Garage. Während mehreren Tagen werden Kreative Applikationen auf Basis von IBMs Tools entwickeln.

Mit all diesen Massnahmen will sich IBM auch eine Verjüngungskur verpassen. Weg mit den Anzügen und Krawatten und her mit Kapuzenpulli, Jeans und Sneakern. Wie ein Ebenbild dieser Entwicklung wirkte Carlos Paez. Er steht für die junge IBM, als die der traditionsreiche IT-Konzern künftig wahrgenommen werden möchte. Anstatt eines Anzugs trug Paez Karohemd und Jeans. Paez leitet den Bereich Mobile Development von IBMs Mobile First Center of Competence.

IBM möchte durch die Lockerheit insbesondere junge Entwickler in sein Ökosystem einbinden, so wie es etwa Google erfolgreich vorlebt, erklärte Paez in einem Gespräch am Rande einer Paneldiskussion. Der Schritt, junge Entwickler einzubinden, sei zudem eine Reaktion auf den Fachkräftemangel, den auch IBM spürt. Bei den komplexen Anwendungen müssten die Entwickler trotz vieler Werkzeuge und Services viel Fachwissen mitbringen. Denen winke im Gegenzug hohe Beliebtheit auf dem Arbeitsmarkt, hinzu kämen Topgehälter. IBM profitiert im Gegenzug von jungen Entwicklern, frischen Ideen und Kunden für seine Services und Tools.

Webcode
320