Kundenevent von Graphax

Die digitale Revolution erfordert mehr Debatten

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Rund 200 Gäste sind zum Graphax-Event mit dem Thema "Digitale Revolution" erschienen. Der Höhepunkt des Abends war ein Vortrag des ehemaligen Wikileaks-Mediensprechers Daniel Domscheit-Berg. Er vermisst wichtige gesellschaftspolitische Debatten zur Digitalisierung.

Am Mittwoch, dem 12. April hat Graphax Kunden und Partner zu einem Event mit dem Titel "Digitale Revolution" geladen. Rund 200 Gäste erschienen zur Veranstaltung im Zürcher Hotel Atlantis am Fusse des Üetlibergs.

Die einleitenden Worte sprach Graphax-CEO Daniel Eckert. Er hob die Chancen und Risiken hervor, die mit der Digitalisierung einhergehen. Dabei sei es wichtig, möglichst früh mit der Digitalisierung zu beginnen, sagte Eckert. Der digitale Wandel stelle auch sein Unternehmen vor Herausforderungen. Aus Einzelkämpfern im Verkauf sei ein Team geworden. Dem Verkäufer stehen in einer zunehmend komplexen Umgebung immer mehr Spezialisten zur Seite. Dabei habe Graphax auch gelernt, enger mit fremden Partnern zusammenzuarbeiten. Denn es werde immer unmöglicher, das Wissen über alle Produkte inhouse zu haben.

Im Anschluss kamen drei Partner von Graphax zu Wort, namentlich Fabio Soricelli, Business Development Manager Cloud Services bei Microsoft Schweiz, Christian Habenstein, Vertriebsleiter DACH bei M-Files, und Václav Muchna, CEO und Co-Founder der tschechischen Firma YSoft. Sie stellten den Anwesenden ihre Produkte vor, die Lösungen für den digitalen Wandel versprechen.

Rechtlich ist Digitalisierung kaum ein Problem

Einen Einblick in rechtliche Aspekte bei der Digitalisierung von Dokumenten gab Philipp Engel. Er ist Partner und Mitbegründer der Zürcher Kanzlei Beelegal. Auch was den rechtlichen Aspekt angeht, bietet die Digitalisierung Chancen und Risiken.

Engel betonte die neuen Chancen, die sich durch die Digitalisierung ergeben. So könnte der Geschäftsverkehr schon unter den gegebenen Rahmenbedingungen fast vollständig elektronisch abgewickelt werden. Einzig die Integrität müsse gewährleistet sein. So sei es nötig, dass Informationen über Metadaten und andere beweiskräftige Aspekte gesichert werden. Zentral sei ein unverfälschter Nachweis des Speicherpunkts. Hierfür brauche es aber keine völlig neuen Technologien. Schon heute würden PDFs all diese Anforderungen erfüllen, betonte Engel.

Auch würden elektronische Dokumente als Urkunden anerkannt. Beispielsweise liessen sich Verträge und Kaufurkunden auf digitalem Weg abwickeln. Digitalisierten Daten würden durch neue Regelungen und Gesetze die nötige Beweiskraft zugesprochen. Diese Beweiskraft sei aber nicht bei allen Dokumenten gleich stark. Digitale Signaturen und Zertifikate, die nur schwer gefälscht werden können, stehen ganz oben auf der Skala. Am unteren Ende finden sich hingegen Word- oder Excel-Files. Engel forderte die Anwesenden daher dazu auf, sich ganz genau zu überlegen, auf welche Dokumentform sie setzen wollen.

Am Ende ging Engel noch auf den Aspekt des Datenverlusts oder -diebstahls ein. Zurzeit seien die Strafen hier noch sehr gering und Unternehmen hätten nicht viel zu befürchten. Dies werde sich aber bald ändern. Das kurz vor der Verabschiedung stehende "Data Protection Law" der EU droht mit empfindlichen Strafen. Diese seien ähnlich hoch wie beim Kartellgesetz und könnten ein Unternehmen in existenzielle Gefahr bringen.

Domscheit-Berg über die digitale Revolution

Für den Höhepunkt der Veranstaltung sorgte ein Vortrag von Daniel Domscheit-Berg, dem ehemaligen Pressesprecher der Enthüllungsplattform Wikileaks. Für den Event reiste er aus seiner Heimat im ostdeutschen Brandenburg an. Neben einigen amüsanten Anekdoten aus seiner Kindheit gab er auch einen Einblick in die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft.

Der Meinung Domscheit-Bergs zufolge können die Menschen die Geschwindigkeit des digitalen Wandels mit dem Vorstellungsvermögen nicht mehr erfassen. Als Beispiel nannte er Abläufe in der Elektronik oder im Handel, die in Nanosekunden vonstatten gehen. Daher werde durch die neuen Technologien eine Welt geschaffen, die vom Menschen nicht mehr zu erfassen sei. Gleichzeitig vollzögen sich die Veränderungen so schnell wie noch niemals in der Geschichte der Menschheit zuvor. So hätten die technologischen Umwälzungen in der Vergangenheit noch viele Generationen gedauert. Die aktuell anstehende digitale Revolution wird laut Domscheit-Berg aber noch in der Lebensspanne der meisten Anwesenden erfolgen.

Bei der Revolution spiele das Internet als neues Kommunikationstool eine entscheidende Rolle. Es mache Informationen und Wissen in einem Masse zugänglich, das bis dahin unvorstellbar gewesen sei. Er verglich das Internet daher mit dem Buchdruck mit beweglichen Lettern von Gutenberg. Dieser habe das Wissen aus den Händen einer kleinen intellektuellen Schicht entrissen. Die schnelle Verbreitung von neuen Ideen sei nur so möglich geworden. Durch das Internet sei Wissen heute sogar noch leichter zugänglich.

Domscheit-Berg sieht aber die Gefahr, dass sich der Zugang zu diesem Wissen in den Händen von wenigen Konzernen konzentrieren könnte. Denn einige wenige sehr intransparente Unternehmen würden heute einen grossen Teil des Internets dominieren. Sollten sich diese entscheiden, für den Zugang Geld zu verlangen, könnte ein grosser Teil der Weltbevölkerung ausgeschlossen werden. Er plädierte daher für eine stärkere Dezentralisierung des Internets und damit für eine Entwicklung zurück zu den Wurzeln. Nur so könne erreicht werden, dass nicht einige wenige vom Wissen profitieren.

"Befreiung" oder "Verlust"

Ein weiterer zu wenig diskutierter Aspekt sei der Verlust von Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung. Als Beispiel nannte er das Transportwesen mittels Trucks in den USA. An diesem Geschäft hingen direkt und indirekt 8 Millionen Jobs. Durch selbstfahrende Autos könnte ein grosser Teil dieser Tätigkeiten verloren gehen. Eine Debatte, was mit all diesen Menschen danach passieren soll, wird laut Domscheit-Berg nicht ausreichend geführt.

Die Digitalisierung könne aber auch als "Befreiung" verstanden werden, führte Domscheit-Berg weiter aus. Denn dadurch hätten die Menschen mehr Zeit, sich mit anderen Themen auseinanderzusetzen. Aber nicht jeder durch Technik arbeitslos gewordene Mensch könne diese Potenziale auch nutzen. Wie die Gesellschaften mit diesen Herausforderungen umgehen sollen, werde in den aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten nicht stark genug thematisiert. Andere Aspekte wie die Finanz- oder Flüchtlingskrise würden diese wichtige Debatte überlagern.

Parlamente und Politiker sind gemäss Domscheit-Berg aber nicht die richtigen Ansprechpartner. Die Veränderungen verliefen zu schnell, als dass sie in Vierjahresrhythmen behandelt werden könnten. Vielmehr müsste die Debatte von einer möglichst breiten Öffentlichkeit geführt werden. Er rief daher die Anwesenden dazu auf, die Chancen und Risiken der digitalen Revolution im Arbeits- und Freundeskreis zu diskutieren. "Wir alle müssen aktiv an der Zukunft mitgestalten", fasste er sein Manifest zusammen. Die Verantwortung könne nicht abgeschoben, sondern müsse von jedem selbst getragen werden.

Nach den Anregungen durch Domscheit-Berg fand der Abend in einem reichhaltigen Apéro Riche seinen Ausklang. Die Gäste nutzten die Gelegenheit zum Austausch und Networking. Alle Anwesenden konnten zudem noch eine signierte Ausgabe von Daniel Domscheit-Bergs Buch "Inside Wikileaks" mit nach Hause nehmen.

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