DSDM Atern

DSDM Atern* - mehr als nur Agilität

Uhr | Aktualisiert

Die erfolgreiche Umsetzung von DSDM Atern verbessert Software-Produkte und Arbeitsbeziehungen in Teams und schafft die Voraussetzung für Innovation in einem angenehmen und motivierenden Arbeitsumfeld.

Eine wahre Geschichte

Es ist 4 Uhr morgens. Der Leadtester ist gerade ins Büro gekommen, um den automatischen Testsscript zu beenden. Er hat weniger als 3 Stunden geschlafen; seine Frau und seine beiden kleinen Töchter haben ihn seit über einem Monat kaum zu Gesicht bekommen – seine beiden Hunde auch nicht. Im Laufe der nächsten Stunden treffen nach und nach auch seine Kollegen ein und machen sich mehr oder weniger begeistert und konzentriert an die Arbeit – doch sie werden erst Feierabend machen, wenn die Software funktioniert. Schließlich ist es soweit: Die Software muss noch geliefert werden, aber sie funktioniert. Nun können die Programmierer nach Hause gehen und das wohlverdiente Wochenende mit ihren Familien genießen. Ein tolles Gefühl, dieser Adrenalinrausch, dieses Gefühl, eine Herausforderung gemeinsam bewältigt zu haben. Dank des Zusammenhalts des Teams und der Bereitschaft jedes Einzelnen, persönliche Opfer zu bringen, konnte das Projekt rechtzeitig vollendet werden, so dass der Kunde rundum zufrieden ist. Das sind die schönsten Erfolgserlebnisse in der Software-Branche.

Es war der 6. August – der vereinbarte Liefertermin. Doch die meisten, die ihren Erfolg feierten, hatten eine Kleinigkeit verdrängt: Es war der dritte Anlauf! Der ursprüngliche Termin war der 30. April, der zunächst auf den 31. Mai und schließlich auf den 6. August verschoben worden war - insgesamt drei Monate Verspätung. Mit diesem Release stellte das Unternehmen zwar einen großen US-Kunden zufrieden, verärgerte jedoch einen anderen wichtigen internationalen Kunden. In kommerzieller Hinsicht war das Unternehmen gezwungen, Umsatzeinbußen hinzunehmen, was sich letztlich negativ auf die Jahresbilanz und die Boni der Mitarbeiter auswirkte. Also doch nicht die große Erfolgsstory, die man sich ursprünglich ausgemalt hatte. Noch dazu konnten geplante Innovationen nun nicht mehr umgesetzt werden, weil die Geschäftsführung ständig damit beschäftigt gewesen war, Feuerwehr zu spielen und Katastrophen abzuwenden, so dass nun keine Zeit für die Entwicklung neuer Produkte blieb.

IT-Abteilungen und Software-Häuser auf der ganzen Welt kennen diese Geschichte und leider gelten solche Dramen als akzeptabel und werden in der Welt des IT-Projektmanagements, der Software-Entwicklung und Software-Bereitstellung heutzutage fatalistisch als Teil der Tagesordnung hingenommen. Manche würden wohl sagen, diese Probleme seien "typisch" oder "unvermeidlich“. Doch die IT-Branche krankt; letztlich haben wir unser eigenes Drehbuch geschrieben und haben auch unsere Zukunft in der Hand. Wie viele Projekte werden rechtzeitig unter Einhaltung von Budget-, Umfang- und natürlich Qualitätsvorgaben fertiggestellt? Nicht viele - immer die gleiche Geschichte ...

... oder auch nicht. Im Laufe der folgenden zwölf Monate wurden mit den gleichen Ressourcen drei Versionen termingerecht fertiggestellt, die nicht nur nachweislich dem definierten Umfang und den Budgetvorgaben gerecht wurden, sondern sogar komplexer und von besserer Qualität denn je zuvor waren. Kein Wunder also, dass alle, die mit dem Unternehmen zu tun hatten, Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen, vor Stolz fast platzten.

Stolz durchdringt nun das Gesamtunternehmen, von den Architekten, Teamleitern, Testern und Entwicklern bis hin zur Geschäftsführung und den externen Dienstleistern, die in ganz Europa, den USA und sogar auf den Bermudas direkt mit Kunden zu tun haben.

Dank dieser Erfolge kann sich das Unternehmen nun wieder um Innovationen kümmern, so dass seine Produkte, Dienstleistungen und vor allem sein Ruf die Konkurrenz bald in den Schatten stellen. Denn darauf kommt es letztlich an: Nachhaltige Verkaufszahlen zu generieren und langfristige Gewinne für Partner und Eigentümer des Unternehmens zu schaffen.

Die Erfolgstory

Wie kam es zu dieser Wende? Wie war es gelungen, ein Szenario, das verheerende Folgen hätte haben können, in die Erfolgsstory des Tages zu verwandeln?

Vor allen Dingen musste das Unternehmen seine Methoden der Software-Entwicklung ändern, denn sie funktionierten offensichtlich nicht. Der Schlüssel war die Einführung von agilen Projektmanagements-, Entwicklungs- und Lieferungsmethoden. Scrum ist zwar weit verbreitet, doch das Unternehmen und das Produkt benötigten eine Methodik, die exaktes, klares Projektmanagement und Robustheit während des gesamten Projekts bietet, aber gleichzeitig die strategischen und unternehmerischen Erwartungen im Blick behält, die ein Produkt erfüllen soll.

Dies beinhaltete die Erfassung und Priorisierung von unternehmerischen Anforderungen der Bestands- und Neukunden sowie die strategische Produktentwicklung. Dazu gehörte auch, dass die Entwicklungsteams die „epischen Stories“ als User-Stories analysierten, sie aus der Sicht des Kunden erörterten, verstanden und hinterfragten und letztlich, dass sie das Selbstvertrauen entwickelten, Qualität liefern zu können.

Deshalb entschied sich das Unternehmen für DSDM Atern.

Die Einführung des agilen Projektmanagements nach DSDM Atern

Infonic arbeitet nach der Atern-Methodik der in Großbritannien ansässigen DSDM-Consortium - im Gegensatz zu anderen agilen Methoden wie Scrum bietet DSDM Atern mehr Anleitung im Projektmanagement und bei der Entwicklung von epischen Geschichten hin zu User-Stories – beides Dinge, die für die effektive Arbeit eines Software-Hauses unerlässlich sind. Der Grund dafür ist, dass Epen von einer Vielzahl an Kunden und den hausinternen Strategie- und Marketingabteilungen geschrieben werden. All diese Ansätze müssen schließlich in eine einzige Software-Version münden, um zu verhindern, dass man sich mit einer Vielzahl alternativer Versionen verzettelt und schliesslich stagniert.

Die grundlegendste Veränderung im Ansatz von DSDM Atern betrifft die Festlegung, Planung und Einhaltung von Zeit-, Kosten- und Qualitätsrahmen eines Release, wobei der Umfang variabel gehalten werden muss, damit das Produkt den sich ändernden Bedürfnissen des Unternehmens gerecht werden kann. Das ist das glatte Gegenteil von der üblichen Vorgehensweise bei IT- Projekten, wo der Umfang definiert wird, während bei Zeit, Kosten und Qualität Kompromisse gemacht werden - gerade wie in dem Beispiel am Anfang dieses Artikels.

Um einen variablen Umfang in den Griff zu bekommen, muss man die "MoSCoW" Priorisierung (Must, Should, Could, Won’t) einsetzen. Dadurch wird sowohl eine transparente High-Level-Priorisierung, als auch eine methodische Steuerung der Projektkontingenz möglich.

Der Umfang bestimmt sich allerdings nicht von selbst. In einem Unternehmen, das nach Atern arbeitet, muss jemand die Aufgabe übernehmen, vorzugeben, was gebaut werden soll und während des ganzen Projekts, in jeder Timebox auf’s Neue daran erinnert, dass Funktion A ein unabdingbares “Must” ist, während B als optionales „Could“ verzichtbar ist. Diese Prioritätenliste (im Atern-Jargon als Prioritised Requirement List, kurz PRL bezeichnet) resultiert aus der Nachfragesteuerung. Dies ist die Aufgabe des „Product Visionary“; er muss sich auf den Markt konzentrieren, Marktforschung betreiben, den Bedarf von Bestands- und Neukunden wecken und so ihr Interesse wecken. Er konzentriert sich also auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Anforderungen, die in den kommenden sechs bis 18 Monaten auf das Unternehmen zukommen und wirkt so als Motor für Innovationen.

Bei Infonic sind es der „Product Visionary“ und sein aus Wirtschaftssanalysten und Business- Repräsentanten bestehendes Team, die für Initiativen (neue Produkte, neue Features) verantwortlich sind, angefangen bei der Ausarbeitung der Aufgabenstellung über Machbarkeitsstudien bis hin zur Schaffung der Rahmenbedingungen, die schliesslich die Form eines PRL annehmen. Das ist harte Arbeit, denn einerseits muss die Prioritätenliste genügend Informationen enthalten, um Arbeitsfortschritte zu ermöglichen, andererseits darf sie nicht überdetailliert wie z.B. eine herkömmliche Funktionsspezifikation sein. Dies ist eine Herausforderung, weil es eine Veränderung von Denkmustern erfordert, doch es ist von grösster Wichtigkeit, sich auf die Anforderungen des Kunden zu konzentrieren.

Die Konzentration auf die wirtschaftlichen Anforderungen ist eines der acht Prinzipien der DSDM Atern, die im Folgenden erklärt werden:

Prinzip

Beispiel

1

Konzentration auf Kundenbedürfnisse

Jedes einzelne Feature muss einen Wert für das Unternehmen haben. Dieser Wert kann dem Kunden am Ende jeder Timebox demonstriert werden. Der Schwerpunkt der Entwickler liegt nicht mehr auf der Veränderung von technischen Frameworks oder anderen „interessanten“, sprich, vertrauten Aufgaben, die jedoch keinen Wertzuwachs bringen.

2

Pünktliche Lieferung

Das Projekt wird im Voraus in Timeboxen von je drei Wochen Dauer eingeteilt; die Daten werden grundsätzlich nie geändert. So konnte Infonic Termine für Webinare, die Freigabe der Beta-Version sowie der endgültigen Version im Voraus festlegen und die Kunden konnten entsprechend planen.

3

Zusammenarbeit

In jedem Team sind Ingenieure, Wirtschaftsanalysten, Business-Repräsentanten, Tester und Kundenbetreuer vertreten. Alle arbeiten zusammen und helfen einander gegenseitig, wenn nötig. Die Teams sind also funktionsübergreifend. Während der Regressionstest-Timebox wird auch teamübergreifend zusammengearbeitet. Wenn man diesen Punkt erreicht hat, lösen sich gewaltige Egos langsam auf.

4

Keine Kompromisse in Bezug auf Qualität

Was auch immer während einer Timebox entwickelt wird, es muss seinen Zweck erfüllen. Wenn es nicht funktioniert, wird das Webinar unter Garantie ein Fehlschlag – das ist eine wirksame Motivation für das Team.

5

Eine solide Grundlage schaffen und schrittweise darauf aufbauen

Beginnen Sie erst mit der Entwicklung, wenn die Machbarkeit nachgewiesen ist, wenn das Konzept den Vorstellungen des Unternehmens und des Kunden genügt und genügend Informationen zur Verfügung stehen, um damit arbeiten zu können.

6

Iterative Entwicklung

Liefern Sie die Funktionalität schrittweise; konzentrieren Sie sich auf schnelle Erfolge, um von Anfang an Vertrauen zu schaffen und sich die Unterstützung des Kunden zu sichern. So bekommt Ihre Kundenbeziehung eine positive Dynamik; die Erwartungen an den Partner steigen und anders als „normale“ Softwarehäuser, die um ihre Kunden buhlen müssen, damit sie sich für ein Update entscheiden, werden Ihre Kunden bei der nächsten Gelegenheit ein Update wollen.

7

Kontinuierliche und klare Kommunikation

Jedes Team hat tägliche Besprechungen und externe Team-Mitglieder werden durch Tools wie Skype integriert. Auch Kunden werden durch regelmäßige Webinare und Demos integriert.

8

Demonstrieren Sie Kontrolle

Es gibt keine Entschuldigung dafür, nicht im Voraus zu wissen, dass eine bestimmte Funktion nicht rechtzeitig zum Release-Termin fertig wird.

Die Einführung der Atern Methodik erfordert Zeit und Engagement, doch das Prinzip ist einfach:

  • Stellen Sie sicher, dass die Geschäftsführung von der Entscheidung für Atern überzeugt ist und dahintersteht.
  • Bilden Sie die Mitarbeiter mit einem eintägigen DSDM Atern Einführungskurs fort.
  • Sorgen Sie dafür, dass die wichtigsten Mitarbeiter und Teamleiter an einem dreitägigen Fachseminar teilnehmen.
  • Erstellen Sie zunächst die Liste Priorisierter Anforderungen (PRL) für ein Release und lassen Sie dann das Team die Timeboxen planen.
  • Bieten Sie ein brauchbares Tool wie Jira an, das eine Agile Arbeitsweise unterstützt und arbeiten Sie die PRL damit aus.
  • Beginnen Sie die Entwicklung des Release unter Beachtung der oben genannten Prinzipien!

Nach einer kurzen Anlaufphase führen Sie ein Capability Maturity Assessment durch, um zu erfassen, wo Verbesserungen angezeigt sind und in welchen Bereichen gut gearbeitet wird, so dass sie als Vorbild dienen können. Vermitteln Sie kontinuierlich, dass Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten, sich die Atern-Methodik anzueignen und dort einzusetzen, wo es dem Unternehmen am meisten nützt. Verpflichten Sie die Teamleiter zur Teilnahme an branchenweit anerkannten Zertifizierungskursen in agiler Methodik.

Alles dreht sich um Teamarbeit, Qualität, Innovation und Spass an der Arbeit


Im Laufe des Jahres hatte sich die Qualität des Produktes mit jeder neuen Version verbessert. Von Arbeitsfrust war nichts mehr zu spüren, es wurden ungeahnte Energien freigesetzt und Handlungsspielräume erschlossen, der Glaube an Innovation und Teamarbeit war beeindruckend. Neue Produkte wurden in zielgerichteter Weise entwickelt und jeder Kunde war nun eine positive Referenz für das Unternehmen.

Als wichtiges Extra wurde das Unternehmen auch ein Ort, an dem die Arbeit Spaß machte. Tatsächlich sind Teamarbeit, Qualität, Innovation und Spaß die zentralen Werte des Unternehmens. Infonic führte eine Umfrage unter allen Mitarbeitern durch, um festzustellen, inwieweit sie Verbesserungen wahrgenommen haben. Das Ergebnis:

Wert

Verbesserung

Zusammenarbeit

+ 40%

Qualität

+ 40%

Innovation

+ 50%

Spass

+ 40%

Abschliessend sei noch bemerkt, dass der Leadtester nun Leiter des Kundendiensts ist, der sowohl die Kundenbetreuung als auch das Qualitäts-und Wissensmanagement umfasst. Mittlerweile geniesst er sein Privatleben mit seiner Familie (seine dritte Tochter wird bald auf die Welt kommen) und mit seinen beiden Hunden, die nun auch wieder ordentlich Auslauf bekommen.

* DSDM und Atern sind eingetragene Marken von Dynamic Systems Development Method Limited.

Webcode
dAgdPv3g