Wie Qipp die Basler Erlenmatt vernetzt

Ein Stadtteil auf dem Tablet

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Neue Stadteilte entstehen oft am Reissbrett. In den Köpfen ihrer Planer werden daraus Wohlfühlgemeinden, in der Realität entwickeln sich daraus des öfteren Problembezirke. Das soll in Basel verhindert werden. Eine App soll aus dem neuen Staddteil Erlenmatt eine Community formen.

Ein Stadtteil vernetzt über das Web. Das hatte sich der SaaS-Anbieter Qipp vorgenommen und für seinen Kunden, das Bauunternehmen Losinger Marazzi, eine Applikation entwickelt.

Wie das geht, präsentierte das Qipp-Team an einem Event in Basel gleich selbst. Unter dem Motto "from scratch" lud die Webagentur Partner, Kunden und Freunde in den halbfertigen Neubau der Erlenmatt Überbauung in Basel ein. Isoliert war nichts. Mit Heizstrahlern, Suppen und Eintöpfen wurden die Gäste warm und bei Laune gehalten. Spätestens die Präsentation von Qipp-CEO Stefan Zanetti zauberte, zumindest den IT-affinen Gästen, ein Lächeln ins Gesicht.

Denn Zanetti zeigte eine App, die aktuelle Techniktrends, wie M2M-Kommunikation oder die Energiewende in eine einfache zu bedienende Weboberfläche integriert, die ihren Anwendern, ihrer Umgebung und der Umwelt einen deutlichen Mehrwert bieten soll.

Mit der Erlen-App die Wohnung steuern

Im künftigen Erlenmatt-Areal erhalten die Bewohner zu ihrem Wohnungsschlüssel auch einen Schlüssel für das virtuelle Erlenmatt-Areal. Jede Wohnpartei erhält einen Code mit dem sie sich auf der "Erlen-App" anmelden können. Streng genommen ist die App eine Webseite, wie Senior Developer Fabian Weniger erklärt. Die Webseite lässt sich wie ein App bedienen und überzeugt auch durch ihr Responsive Design.

Sechs Felder leuchten dem Anwender entgegen, wie etwa "meine Wohnung". Hier kann ein Bewohner alle seine Haushaltsgeräte, die vom Vermieter integriert wurden, auswählen. Zum Beispiel das Feld Backofen: Tippt ein Bewohner auf seinem Tablet in der App auf das Feld "Backofen", leuchtet ihm ein Bild des Modells entgegen und zeigt ein PDF-Dokument mit der Bedienungsanleitung an.

Sollte der Backofen einmal nicht funktionieren, kann der Mieter über das Feld "Störungsmeldung absenden" ein Service-Ticket bei der Hausverwaltung lösen. Die App enthält auch ein Service Center: Hier kann der Hauswart über Probleme wie nicht mehr brennende Leuchtmittel informiert werden. Auch ein Bild können die Anwohner anfügen, damit der Hauswart auch gleich weiss, wo er hin muss.

Die App zeigt einem auch an, wie viel Energie die Geräte und wie viel Wasser man insgesamt verbraucht. Mit den Infografiken dürften insbesondere umweltbewusste Mieter angesprochen werden, die sich an der Idee einer 2000-Watt-Gesellschaft orientieren. Um die Daten akkurat zu messen und in die App einzubinden, bedurfte einiges an Technik. So wurden alle Wohnungen mit Smart-Metering-Systemen ausgestattet.

Von der virtuellen Community zur städtischen Gemeinde

Mit der Applikation sollen auch die Bewohner der Erlenmatt-Überbauung miteinander verbunden werden. "Wir wollen die letzte Meile rund um das bessere Wohnen erschliessen", formulierte Qipp-CEO Stefan Zanetti etwas philosophisch. Dahinter steckt die Idee über eine virtuelle Community eine urbane Gemeinschaft in einem Stadtteil aufzubauen, der gerade entsteht.

Alleine zwischen März und Oktober dieses Jahres sollen 600 Wohnungen in Betrieb genommen werden. Hinzu kommt der neue Europasitz des Uhrenherstellers Fossil und ein Seniorenheim. Auch Ladengeschäfte sollen hier entstehen. Bis 2018 dürften im neuen Stadtteil rund 1500 Wohnungen entstanden sein.

Linkedin als Vorbild

Über verschiedene Features seiner App will Qipp die Bewohner miteinander verbinden. Eine News-Rubrik informiert die Erlenmatt-Anwohner über Dinge wie den öffentlichen Nahverkehr oder wo es in der Nachbarschaft Kindergärten gibt. Qipp entwickelte zusätzlich eine Art Social Network für die Erlenmatt-Bewohner.

Hierfür liess sich das Unternehmen von Linked-in inspirieren, wie Zanetti anmerkte. Auf diese Weise können sich die Anwohner auch im virtuellen Raum kennenlernen und vielleicht weitere Aktionen in der physischen Welt, ein Quartierfest etwa, organisieren und veranstalten. Auch ein schwarzes Brett gibt es, so dass man seinen alten Staubsauger verkaufen, verschenken oder tauschen kann.

Auszeichnung am Mobile World Congress

Qipp, ein Team von 12 Mitarbeitern, hat also nichts mehr geschaffen, als die Hype-Themen Internet of Things, Smart Home und Social Media in einer App zu vereinen, die jedermann bedienen kann. Und während grosse Unternehmen noch von diesen Themen am Mobile World Congress sprachen, nahm Qipp am selbigen Event in Barcelona einen Award für seine Leistung entgegen.

Qipp wurde für seinen Entwickler-Framework Allthings Home App Development Framework beim IoT / M2M Innovation Worldcup ausgezeichnet, die Basis für das Erlenmatt-App. Gerhard Schedler, Leiter M2M der Swisscom und Jury-Mitglied, lobte in einer Pressemitteilung Qipp. Die vorgestellte Lösungen von Qipp werde den Weg für Anwendungen ebnen, die viel stärker als bisherige Smart-Home-Ansätze als Use-Cases für Endkunden strukturiert seien.

Weitere Projekte denkbar

Die Zusammenarbeit mit Losinger Marazzi soll auch andere Immobilienspezialisten überzeugen. Qipp plant, auf der Basis von Allthings Home ein Ökosystem mit Partnern aus der Immobilienbranche und verwandten Service-Anbietern aufzubauen.

Die heute schon verfügbaren ungefähr 20 Services können in modularer Art entsprechend den Bedürfnissen des jeweiligen Partners kombiniert werden und werden auch als White-Label-Varianten betrieben werden. Das Softwarehaus konnte sich mit ihrem Framework nach eigenen Angaben unter 400 Eingaben aus mehr als 70 Ländern durchsetzen.

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