Asut-Kolloquium 2017

Die Mobilität der Zukunft braucht smarte Daten

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Am Asut-Kolloquium ging es um die Mobilität der Zukunft. Daten und Infrastrukturen spielen dabei eine zentrale Rolle. Am Kolloquium wurden neben technischen auch ethische Aspekte thematisiert.

Nationalrätin Edith Graf-Litscher (Source: Netzmedien)
Nationalrätin Edith Graf-Litscher (Source: Netzmedien)

Der Schweizerische Verband der Telekommunikation (Asut) hat am Mittwoch zu seiner Veranstaltungsreihe Kolloquium geladen. Wieder einmal war der Kursaal in Bern prall gefüllt. Auf der 18. Veranstaltung der Reihe stand das Thema Mobilität der Zukunft auf der Agenda. Zusammen mit dem Touring Club Schweiz (TCS), dem Bundesamt für Strassen (Astra) und der Mobilitätsplattform its-ch veranstaltete Asut den Event unter dem Motto: "Smart Data – Chancen für die Mobilität".

In seiner Eröffnungsansprache betonte Asut-Präsident Peter Grütter, dass Daten immer mehr zu einem strategischen Element werden. Seiner Ansicht nach gehen Unternehmen momentan noch zu vorsichtig mit Daten um und sind im Silo-Denken verhaftet. Sie müssten aber mehr damit beginnen, die Daten untereinander auszutauschen. "Daten erhalten ihren Wert nicht in der Datenbank", sagte Grütter. Ähnlich wie ein Fussballspieler müssten sie sich bewegen und nicht auf einer Bank versauern.

Asut-Präsident Peter Grütter mit den anderen beiden Gastgebern des Tages, Jürg Röthlisberger (Direktor Astra) und Peter Goetschi (Präsident TCS) (v.l.) (Source: Netzmedien)

Es braucht eine smarte Mobilität

Als erster Gast trat Nationalrätin Edith Graf-Litscher auf die Bühne. Die Thurgauer SP-Politikerin sprach zunächst über die Mobilitätsstrategie der Politik. Sie hob die in der laufenden Legislaturperiode verabschiedeten Fonds für die Strasse und die Schiene hervor. Beide zentralen Bereiche hätten damit die finanzielle Ausstattung, um für die Zukunft fit zu werden.

Anstelle von noch mehr Beton brauche es eine Optimierung des Verkehrs durch smarte Steuerung. Die vorhandenen Infrastrukturen müssten sowohl auf der Strasse, wie auch auf der Schiene besser genutzt werden. Dazu sei es notwendig, die vorhanden Daten zu nutzen, um die Netze smarter zu machen.

Graf-Litscher ging aber auch auf ein Dilemma ein. Aktuell plane die Politik die Infrastruktur für die nächsten 10 bis 20 Jahre. Durch die Digitalisierung könne es aber passieren, dass einige dieser Projekte bis dahin obsolet seien, skizzierte sie eine Gefahr. Beispielsweise Apps oder selbstfahrende Autos könnten die Mobilität, wie wir sie heute kennen, grundlegend verändern.

Die Aufgabe der Politik sei es, solche Innovationen zuzulassen. Dafür brauche es aber auch klare Leitplanken, wie sie betonte. Für die Zukunft brauche die Schweiz eine nachhaltige Mobilität. Dabei dürfe man nicht nur an Schiene oder Strasse alleine denken. Es brauche Schiene, Strasse und digitale Lösungen, hob Graf-Litscher hervor.

Asut hat aktuell auch eine Studie durchgeführt, um herauszufinden, wie die Schweizer autonomem und automatisiertem Fahren gegenüberstehen.

Fahrzeuge sind nicht autonom, sondern automatisch

Auf ethische Aspekte ging Theologieprofessor Peter Kirchschläger von der Universität Luzern ein. Zunächst erläuterte er die Unterschiede zwischen autonomem und automatisiertem Fahren. Autonom bedeute, dass eine Maschine eigenständig allgemeingültige Gesetze des Zusammenlebens erstellen könne. Dies könnten Maschinen jedoch nicht, da es Ihnen an Freiheit, Gewissen und auch Moral fehle. Daher solle richtigerweise von automatisiertem Fahren gesprochen werden. Eine klare Trennung der Begriffe ist auch für ethische Gesichtspunkte wichtig. Denn damit verbunden ist die Frage, wer die letzte Verantwortung trägt. Für Kirchschläger müsse diese immer beim Menschen liegen.

Peter Kirchschläger, Ordinarius für Theologische Ethik, Universität Luzern (Source: Netzmedien)

Weiterhin betonte er, dass das Recht auf Privatsphäre und die informationelle Selbstbestimmung Menschenrechte seien. Viele Firmen würden dem im Umgang mit Daten nicht gerecht, kritisierte er. Es komme daher darauf an, diese bestehenden Rechte durchzusetzen und zwar weltweit.

5G ist nicht primär für Menschen allein gemacht

Frank Henschke, CTO Ericsson Schweiz, beschäftigte sich mit den Anforderungen an die Infrastrukturen für die nächste Generation des Mobilfunks, auch als 5G bezeichnet. Alle bisherigen Generationen des Mobilfunks zielten auf die Kommunikation zwischen Menschen ab. Dies entweder untereinander über Sprache und SMS, oder über das Internet. 5G bringe hier einen Paradigmenwechsel. Denn 5G sei nicht nur primär ein Beschleuniger für das Internet auf mobilen Geräten, sondern die Grundvoraussetzung für die Interaktion zwischen Maschinen.

Frank Henschke, CTO Ericsson Schweiz (Source: Netzmedien)

Der letzte Punkt stelle neue Anforderungen an 5G. So müsse das Netz überall verfügbar sein, auch in geschlossenen Räumen. Zudem brauche es mehr Unabhängigkeit vom Stromnetz, etwa mit Sendern, die bis zu 10 Jahre mit einem Akku laufen können. Zuletzt seien die Anforderungen an die Latenzzeiten ungleich höher. Aktuell liege eine gute Latenz bei etwa 40 Millisekunden, wie Henschke betonte. Neue Anwendungen würden aber unter 10 Millisekunden benötigen.

Um diese Latenzen zu erreichen, müssten die Rechenzentren näher an den Konsumenten rücken. Es brauche kein Cloud-Computing wie heute, mit einigen grossen Rechenzentren, sondern vielmehr ein Fog-Computing, mit vielen kleinen verteilten Datencentern, einer sogenannten distributed Cloud. "In Zukunft werden wir Rechenzentren überall um uns herumhaben", brachte Henschke es auf den Punkt.

Strahlengrenzwerte behindern den 5G-Ausbau

5G ist jedoch nur die Basis für die Mobilität der Zukunft. Zusätzlich brauche es noch Technologien und vor allem Ökosysteme, die die Chancen nutzen können. "Fangen Sie an, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen", forderte er die Gäste auf. Denn das Generieren eines Ökosystems gehe nicht von heute auf morgen. Henschke zeigte sich dennoch überzeugt, dass die Schweiz mit ihrer Innovationskraft ganz weit vorne stehen könne.

In der Fragerunde wurde Henschke nach seiner Meinung gefragt, ob die Strahlenschutzwerte für 5G angehoben werden müssten. Er sprach sich eindeutig dafür aus, denn nur so könne 5G kostendeckend aufgebaut werden. Mit den aktuellen Grenzwerten könnte an 90 Prozent der bestehenden Standorte kein 5G implementiert werden. Es müsste ein völlig neues Funknetz mit deutlich mehr Sendern aufgebaut werden, was das Unterfangen unrentabel mache. Er sprach von einem Kostenfaktor 10 bis 20. Auch mit einer für 5G verbundenen leichten Erhöhung der Grenzwerte seien diese immer noch deutlich geringer, als im europäischen Ausland, schloss er sein Plädoyer für höhere Grenzwerte ab.

Grütter fordert zeitgemässe Infrastrukturen

Zum Anschluss der Veranstaltung richtete Peter Grütter noch einen Appell an die Gäste. Für die Zukunft der Schweiz brauche es leistungsfähige Infrastrukturen, wie die Vorträge des Tages zeigten. Dies gelte auch für den Datenverkehr. Es müsse daher alles Mögliche getan werden, um die Netzwerkinfrastruktur auf dem Stand der Zeit zu halten. In Anlehnung an den Vortrag von Ericsson-Schweiz-CTO Frank Henschke sei es daher unerlässlich, die Grenzwerte für Funkmasten zu erhöhen.

Die Politik müsse die Voraussetzungen schaffen, um die bestehenden Funkmasten aufzurüsten und die Basisinfrastruktur damit auf dem Stand der Zeit zu bringen, schloss Grütter den Event ab.
Die Gäste liessen den mit Informationen gut gefüllten Tag mit einem Apéro ausklingen. Der nächste Asut-Event im Kursaal findet am 21. Juni 2018 statt, der Swiss Telecommunication Summit.

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