Garry Kasparov: "Am Ende gewinnen immer die Maschinen"
Was haben Menschen für eine Zukunft in einer Welt voll smarter Maschinen? Eine mögliche Antwort auf diese Frage gab die Schachlegende Garry Kasparov am WeAreDevelopers-Kongress in Berlin. Seine Zukunftsvision ist zum Teil bereits Realität.

"Was ist eigentlich eine künstliche Intelligenz (KI)? Das Tor zum Paradies oder das Tor zur Hölle?", hat Garry Kasparov am 6. Juni in Berlin gefragt. "Nichts davon - KI ist einfach nur eine Technologie." Allerdings eine, die unsere Gesellschaft stark verändern werde - wie das beim Schach der Fall war.
Kasparov spielte erstmals 1985 gegen einen Schachcomputer. 32 Partien gleichzeitig. Er gewann alle. "Die Maschine war damals schwach und sperrig", sagte er gestern in Berlin. Das habe sich geändert. "Aktuelle Schachcomputer spielen zwar noch nicht perfekt, aber sie machen so gut wie keine Fehler." Das könne man über die Menschen definitiv nicht sagen, so Kasparov.
Deep Blue ist dumm - und gewinnt trotzdem
1996 hielt IBM einen Wettkampf mit dem Schachcomputer Deep Blue ab. Kasparov gewann zwar 4:2, "aber das war der Wendepunkt". Erstmals überhaupt verlor ein amtierender Schachweltmeister im Turniermodus gegen eine Maschine. Bloss ein Jahr später war Deep Blue bereits zu stark für Kasparov. Der Computer siegte 3,5:2,5. "Obwohl er etwa gleich intelligent war wie euer Wecker."
Im Schach sei der Wettkampf zwischen Mensch und Maschine definitiv vorbei. "Die Maschinen haben gewonnen", sagte Kasparov, "am Ende gewinnen sie immer". Steuern wir also auf das Ende der Menschheit zu? Braucht es sie überhaupt noch? "Ja!" Die Menschen sollten sich nun darauf konzentrieren, ihre Vorstellungskraft und Kreativität mit den Maschinen zu vereinen. "Dann gewinnen nicht nur die Maschinen - sondern wir alle", sagte Kasparov.
Roboter vs. Kleinkinder
Pablo Picasso habe mal gesagt, dass Computer absolut nutzlos seien. Sie könnten nur Antworten geben, aber keine Fragen stellen. "Das Problem ist, dass KIs nicht wissen, welche Fragen für die Menschheit wirklich relevant sind", sagte Kasparov. Die Maschinen seien zwar besser geworden, aber sie hätten noch immer nur in ganz bestimmten Teilgebieten Erfolg.
Ausserdem könnten sich Maschinen immer noch nicht gut bewegen. "Sie können heute vielleicht mit einem 2-jährigen Kind mithalten." Das sei auch bei den Robotern von Boston Dynamics nicht gross anders. Sie würden zwar toll aussehen, könnten aber auch nur ganz spezifische Probleme lösen.
Warum KIs nicht kreativ sind
Kasparov betonte, dass Technologien nicht gut oder schlecht, sondern grundsätzlich neutral seien. "Die grosse Frage ist, wie Menschen die Technologien, die sie selbst erschaffen, im Alltag nutzen." Dass Microsofts Twitter-Bot rassistische Tweets rausgehauen habe, sei zum Beispiel nicht verwunderlich. Schliesslich gebe es viele rassistische Menschen, und KIs würden bloss die Fehler und Voreingenommenheiten der Menschen abbilden.
Maschinen hätten das Potenzial, die Menschen smarter zu machen. Das sehe man etwa im Gesundheitswesen, in dem KIs Ärzte unterstützen können. Zudem seien Menschen, die auf Maschinen zurückgreifen, effizienter als Menschen ohne Maschinen. Das sei logisch, sagte Kasparov. Maschinen könnten im Gegensatz zu den Menschen hervorragend Wahrscheinlichkeiten berechnen. Der Mensch trumpfe dafür mit Kreativität auf, die KIs noch nicht bieten können.
Gemeinsam geht es besser
Am Ende seines Referats präsentierte Kasparov folgendes Fazit:
Technologien, die wir heute als intelligent betiteln, waren zu Beginn schlecht, dann plötzlich nützlich, und am Ende zum Teil sogar disruptiv.
Menschen und Maschinen können Prozesse effizienter machen, wenn sie eng zusammenarbeiten.
Maschinen werden grosse Probleme lösen können. Es sind aber immer noch die Menschen, die die richtigen Fragen stellen und definieren müssen, was Erfolg ist.
Es wird immer einfacher, smarte Tools zu nutzen. Darum wird es in Zukunft auch immer weniger Ausbildungen und Umschulungen brauchen.
"Maschinen werden uns nicht ersetzen", schloss Kasparov. "Sie werden uns voranbringen!" ("We aren't being replaced. We're being promoted!")
Die WeAreDevelopers-Konferenz dauert noch bis Freitag, 7. Juni. Mehr zum Thema KIs lesen Sie hier.

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