Interview mit Claes Lennman, Liip

"Die grösste Stärke der Mobile Web Apps ist der einfache Zugang"

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Am 6. November werden zum siebten Mal die Best of Swiss Apps Awards vergeben. Erstmals werden in der neuen Kategorie «Mobile Web» auch Webapplikationen zugelassen, die nicht nur aus den App-Stores bezogen werden können, sondern direkt im Browser laufen. Jurypräsident Claes Lennman von Liip spricht im Interview über die Herausforderungen für Mobile-Web-Apps, die Einschränkungen durch Smartphone-Hersteller und wem er eine App im Browser schmackhaft machen würde.

Claes Lennman, Business Developer & Product Owner, Liip (Source: zVg)
Claes Lennman, Business Developer & Product Owner, Liip (Source: zVg)

Apps im Browser gibt es schon recht lange. Warum wurde die Kategorie "Mobile Web" erst jetzt eingeführt?

Claes Lennman: Die Kategorie Mobile Web wurde bisher bei Best of Swiss Web juriert. Neu wurde sie zu Best of Swiss Apps transferiert, weil sie da thematisch besser passt. Denn bei vielen Websites und Webanwendungen stammen heute mehr als 50% des Traffics von Smartphones.

Die Entwicklung solcher Apps wurde lange Zeit durch Einschränkungen der Smartphone-Hersteller behindert. Warum dies?

Besonders Apple hat grosses Interesse daran, den App Store als dominierenden Distributionskanal zu behalten, denn sie verfolgen eine vertikale Integrationsstrategie. Apple kontrolliert die ganze Kette von der Hardware über das Betriebssystem bis eben zu den Distributionskanälen, über welche die Anwender Inhalte und Anwendungen auf ihren Geräten beziehen. Damit erhoffen sie sich das beste Anwender-Erlebnis erzielen zu können. Sowohl Apple wie Google verdienen ja auch Geld über den Verkauf von Apps bzw. In-App-Purchases. Google hat aber ein anderes Business Modell als Apple und will eigentlich, dass so viel wie möglich im Web passiert.

Hat sich diesbezüglich etwas getan?

Mit der Zeit sind immer mehr Funktionalitäten, welche früher nur mit native Apps denkbar waren, auch in den Browsern umsetzbar geworden. Wir sind aber nicht so weit, dass wir auf native Apps verzichten können. Das lässt sich aber nicht nur mit dem Willen der Smartphone-Hersteller erklären. Der Browser ist eine Schicht mehr im Technologie-Stack einer Mobilen Web Applikation, und es gibt ja mehrere Browser. Standards, die von allen Browsern unterstützt werden, sind somit auch ein wichtiger Faktor.

Welchen Auftraggebern würden Sie eine Mobile Web App anstelle einer nativen App schmackhaft machen?

Das ist eine schwierige Frage, denn das muss von Fall zu Fall analysiert werden. Native Apps haben Vorteile in Punkto User Experience und Performance und sind nach der Installation ein Teil der persönlichen Welt des Anwenders. Die grösste Stärke der Mobile Web Apps ist der einfache Zugang, denn der Schritt der Installation via App Store oder Google Play fällt aus. Daher würde ich sagen: Wenn es um eine Applikation geht, die die Anwenderin sporadisch nutzen wird und für die eine genügende Usability im Browser erreicht werden kann, sollte man eine Mobile Web App als eine Option betrachten. Es gibt allerdings weitere Faktoren, die in der Wahl der richtigen Technologie mitspielen.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen bei der Entwicklung von Mobile Web Apps?

Aus technischer Sicht sind es wohl die noch jungen oder gar fehlenden Standards und die Kompatibilität der Apps mit den verschiedenen Browsern und deren Versionen. Auf eine gute Performance muss auch viel Wert gelegt werden, weil die App im Vergleich zu nativen Apps steht. Von den Anwendern wird eine gute Bedienbarkeit auf dem Smartphone erwartet. Die User-Experience und Design Paradigmen sind aus der Welt der native App Entwicklung zu übernehmen. Das ist oft eine Herausforderung für Teams, die aus der Welt der Web-Entwicklung kommen.

Werden Mobile Web Apps einst native Apps gänzlich ablösen?

Web Apps haben Desktop Apps noch nicht komplett abgelöst, obwohl sie zeitlich gegenüber den Mobile Web Apps einen Vorsprung haben. Darum würde ich nicht wetten, dass Mobile Web Apps in den nächsten Jahren native Apps gänzlich ablösen werden.

Welche Erwartungen haben Sie an Einsendungen der Kategorie "Mobile Web"?

Abgesehen von handwerklich sehr gut gemachten responsive Websites erhoffen wir uns natürlich, erste Webapplikationen zu beurteilen, welche bereits die neuen technischen Paradigmen nutzen, wie z.B. Progressive Web Apps.

Welche Innovationen haben Schweizer Entwickler von Mobile Web Apps in Petto?

Die grösste Innovation im Bereich Mobile Web ist, wenn es in der Benutzung (Performance, Nachladen, Gestensteuerung etc.) keinen Unterschied zu einer nativen App aus dem Appstore mehr gibt. Wir hoffen an den Best of Swiss Apps dieses Jahres von den Entwicklern überrascht zu werden.

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