Identifizierung per Spracherkennung

Postfinance sammelt millionenfach Stimmproben

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von Maximilian Schenner und tme

Die Postfinance lagert 1,35 Millionen Stimmproben von Kundinnen und Kunden. Die Stimmen stammen aus der Spracherkennung. Kritiker äussern Bedenken in puncto Datenschutz.

(Source: Malte Helmhold / pixabay.com)
(Source: Malte Helmhold / pixabay.com)

Postfinance setzt für die Identifizierung seiner Kundinnen und Kunden unter anderem auf Spracherkennung. Dafür nimmt die Bank Stimmproben seiner Kundschaft auf und speichert diese. Mehr als 1,35 Millionen Stimmproben umfasst diese Sammlung inzwischen, wie der "Blick" berichtet.

Genau dafür gerät die Bank nun in die Kritik, wie es weiter heisst. So habe die Postfinance nämlich nach der Einführung der Spracherkennung ein "opt out" eingeführt, schreibt der "Blick" unter Berufung auf "Le Matin Dimanche". Wer nicht aufgenommen werden möchte, muss dies also explizit festhalten. Sonst werde bei jedem Servicecenter-Anruf erneut die Stimmabgabe erbeten. 

Hersteller sorgt für Bedenken

Auch das Thema Datendiebstahl sorgt für Bedenken, etwa bei Mia Gujer von der Organisation Digitale Gesellschaft: "Es ist theoretisch möglich, einen Identitätsdiebstahl zu begehen, das Schadenspotenzial ist beträchtlich", zitiert der "Blick". Auch der Hersteller der entsprechenden Software, das israelische Unternehmen Nice, stösst Gujer sauer auf: "Nice hat seine Wurzeln in der militärischen Überwachung." Mit der Software sei bekanntermassen Postpersonal überwacht worden, die Firma habe schon des Öfteren wegen Sicherheitsbedenken für Schlagzeilen gesorgt.

Eine Stimmprobe sei mit einem Fingerabdruck vergleichbar, wird Gujer weiter zitiert. "Damit ist es möglich, eine Person in anderen Zusammenhängen zu überwachen."

Postfinance hält sich bedeckt

Postfinance selbst sei sich der Risiken bewusst, gibt ein Sprecher gegenüber dem "Blick" an. Die Bank habe bislang keine Kenntnisse über einen Missbrauch der Stimmproben, man habe auch alle Vorsichtsmassnahmen getroffen. Der Sprecher betont, dass die Proben ausschliesslich zur Kundenerkennung zum Einsatz kämen. Der Inhalt der Aussagen werde nicht verwertet, nur Charakteristika und Aussprache. Aussagen zum Software-Anbieter kommentierte der Postfinance-Sprecher nicht. 

Auch die Swisscom verwendete die Software zwischen 2016 und 2019 für sein Callcenter, um Stimmen von Anruferinnen und Anrufern zu erkennen. Die Zusammenarbeit wurde aus finanziellen Gründen beendet, die Stimmen seien vernichtet worden.

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