Digital Maturity und Transformation Report 2016

Grosse Unternehmen holen bei Digitalisierung auf

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Die zweite Auflage des "Digital Maturity & Transformation Report 2016" zeigt: Grosse Unternehmen haben gegenüber dem Vorjahr deutlich aufgeholt. Das Management interessiert sich stärker für die digitale Transformation.

Die Digitalisierung der Geschäftswelt schreitet mit grossen Schritten voran, die regelmässige Überprüfung des eigenen Geschäftsmodells ist daher eine Notwendigkeit. Nichtsdestotrotz ist noch nicht allen Unternehmen klar, was es wirklich braucht, um im neuen digitalen Wettbewerb zu bestehen.

Auch bezüglich der unternehmenseigenen digitalen Reife bestehen unterschiedliche Auffassungen. Bei dieser Problematik setzen das von der Universität St. Gallen (IWI-HSG), dem Strategieberatungsunternehmen Crosswalk und Best of Swiss Web entwickelte Digital Maturity Model und der darauf basierende Digital Maturity Check, eine Onlinebefragung, an.

Die Instrumente ermöglichen Aussagen zur digitalen Reife eines Unternehmens und zeigen auf, wo Handlungsbedarf besteht. Bereits zum zweiten Mal haben die Universität St. Gallen und Crosswalk Unternehmen verschiedener Branchen eingeladen, an der Untersuchung teilzunehmen. Mit knapp 550 Personen konnten sie die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln – das Interesse an einer Standortbestimmung rund um das Thema Digitalisierung nahm nochmals zu.

Die wichtigsten Ergebnisse

Nun liegen die Ergebnisse vor, zusammengefasst im Digital Maturity & Transformation Report 2016. Er zeigt, dass grosse Unternehmen bei der Digitalisierung aufholen. Während 2015 Firmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden die höchsten Reifegrade erreichten, weisen nun grosse Unternehmen durchschnittlich die besten Werte auf.

Die digitale Transformation ist gemäss den Studienautoren definitiv im Bewusstsein des Managements angekommen. Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer sind auf Geschäftsleitungs- oder Abteilungsleiterstufe tätig.

Die Studie zeigt auch jene Branchen auf, die am weitesten digitalisiert sind. Den Ergebnissen zufolge sind Unternehmen aus der Kommunikations- und Informationsbranche am besten gerüstet. Die Schweizer Industrie habe hingegen weiterhin Aufholbedarf. Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie erreichten wie im Vorjahr niedrige Reifegrade.

Wenig Aufmerksamkeit für Prozessdigitalisierung und Customer Experience

Die Themen Prozessdigitalisierung und Customer Experience erhalten noch wenig Aufmerksamkeit: Die Reifegrade bei diesen Themen sind die niedrigsten der gesamten Untersuchung.

Digital reife Unternehmen beurteilen die Erreichung wirtschaftlicher Ziele positiv. Sie zeigten sich bei der Einschätzung des Erfolgs der digitalen Transformation deutlich positiver als Umfrageteilnehmer von digital wenig reifen Firmen.

Die zweite Auflage des Reports mit Informationen zum Modell, den Resultaten der Befragung inklusive branchenspezifischen Auswertungen und Handlungsempfehlungen kann kostenlos bestellt werden.

Swiss Digital Transformation Award: Wer gewinnt nach den SBB?

Ebenfalls zum zweiten Mal wird am 7. April 2016 im Rahmen der Award-Gala von Best of Swiss Web der Swiss Digital Transformation Award verliehen. Der Preis geht an Unternehmen oder Organisationen, die ihre digitale Reife besonders verbessern konnten. Die Jury stützt sich bei der Vergabe der Auszeichnung unter anderem auf das Digital Maturity Model. Erste Gewinnerin im Jahr 2015 waren die SBB.

Zwischen November 2015 und Januar 2016 füllten rund 400 Unternehmen und Organisationen den umfangreichen Fragebogen "Digital Maturity Check" des IWI der Universität St. Gallen aus. Diese Selbstdeklaration war gleichzeitig die Qualifikationsvoraussetzung für die Teilnahme am Swiss Digital Transformation Award.

In einem mehrstufigen qualitativen Beurteilungsprozess der Fachjury haben es schliesslich folgende neun Unternehmen auf die Shortlist geschafft: Alpha Sprachwelt, Axa Winterthur, Interio, Medela, Post CH, Sanitas, Swiss Life, Victorinox, Wincasa.

Die Kommentare der Jury zu den Nominierungen 2016:

Alpha Sprachwelt

Bildung und Weiterbildung gehören zu den wichtigsten Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz. Innovative Unternehmen wie die Alpha Sprachwelt nehmen somit eine wichtige Rolle in der Modernisierung des Bildungswesens ein. Mit der Digitalisierung der Kernprozesse mithilfe einer innovativen Branchenlösung hat die Alpha Sprachwelt aufgezeigt, wie man auch als kleines Unternehmen von der digitalen Transformation profitiert.

Axa Winterthur

Die digitale Transformation ist bei der Axa Winterthur voll angerollt und wird mit vielen verschiedenen Massnahmen vorangetrieben. So etwa im Bereich der Organisationsentwicklung (etwa mit einem Ressort für Transformation und Market Management) oder der Produktinnovation (Drive Recorder, Connected Home, Hackathons, Kooperation mit Start-ups etc.). Dies und insbesondere das erlangte Commitment beim Senior Management sowie die breite Abstützung des Programms in der Organisation wurden von der Jury positiv gewürdigt.

Interio

Auch der Möbelhandel wird immer digitaler. Interio setzt seit einiger Zeit konsequent auf digitales Marketing: Guter Content, performante Kampagnen und zahlreiche Features auf der Website unterstützen den Webshop. Das Top-Management trägt und unterstützt die entsprechenden Initiativen – verstärkt werden Mittel vom klassischen Marketing in den Digitalbereich verlagert. Social Media und diverse Touchpoints werden aktiv bewirtschaftet und als Dialoginstrument genutzt. Für die Jury ist Interio ein gutes Beispiel für einen online-aktiven Multi-Channel.

Medela

Im Rahmen der digitalen Transformation baut Medela ihre Beziehungen zu den Zielgruppen stetig aus. So werden einerseits mit einem kanalübergreifenden Konzept neue Kundinnen angesprochen, andererseits wird die Kontaktdauer mit Kundinnen intensiviert und verlängert.

Post CH

Die Schweizer Post hat im Bereich digitale Transformation signifikante Fortschritte gemacht. Das bezieht sich nicht nur auf neue innovative Lösungen an den verschiedensten Schnittstellen zum Endkunden, wie etwa das neue Bezahlsystem Twint, das neue Onlineportal oder die autonom fahrenden Postauto-Shuttles, sondern auch konzernintern wird kräftig digitalisiert.

Sanitas

Sanitas überzeugt "digital" mit ihrem von VR und GL geführten, weitsichtigen und sehr gut strukturierten Vorgehen. Darüber hinaus setzt Sanitas mit Analytics einerseits und Two-Speed-IT (bzw. agile IT) andererseits auf das für die Zukunft wichtige Pferd hinsichtlich Big Data und Fast Implementation.

Swiss Life

Die digitale Transformation der Swiss Life besticht namentlich durch eine hohe Stringenz in den Dimensionen Strategie und Transformationsmanagement, aber auch bei Kultur und Expertise. Als eines der ganz wenigen untersuchten Unternehmen führt Swiss Life das Thema Digitalisierung in den übergeordneten, vom Verwaltungsrat verabschiedeten strategischen Zielen (Stichwort "Swiss Life Strategie 2018").

Victorinox

Die Transformation von Victorinox hin zu einem Multi-Channel-Retailer ist eine sehr spannende Entwicklung – die Eingabe gehört daher auf die diesjährige Shortlist. Gerade weil das Unternehmen mit seinem Brand und seiner Produkthistorie eigentlich prädestiniert wäre, "Digitalisierung zum Anfassen" zu leben, könnte daraus mittelfristig sogar eine veritable Erfolgsgeschichte vom Umgang mit Widrigkeiten, situativer Gewandtheit und Hochhalten von Markenwerten werden.

Wincasa

Bei Wincasa ist in Bezug auf die strategische Reife eine grosse Weiterentwicklung erkennbar. Dabei ist das klare Bekenntnis der Führung zum digitalen Wandel einer der Schlüsselfaktoren. Die bisher in den Bereichen Prozessoptimierung und -digitalisierung erfolgreich realisierten Cases sind aus Sicht der Jury ein wichtiger Proof of Concept. Auch in Bezug auf IT-Alignment ist die Wincasa auf einem sehr guten Weg.

Die Jury des Swiss Digital Transformation Award besteht aus folgenden Mitgliedern:

  • Bramwell Kaltenrieder, Crosswalk (Jurypräsident)
  • Martin Armand, Infocentric Research
  • Sabine Berghaus, Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen
  • Beat Bühlmann, Yourposition
  • Patrick Comboeuf, Swiss Life
  • Dr. Tim Dührkoop, Namics
  • Dr. Florian Hamel, Axa Winterthur
  • Andreas Eggimann, Post Schweiz
  • Milos Radovic, Swisscom (Schweiz)
  • Stephan Odermatt, UBS
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