E-Government-Plattform "Agate"

Nationalrat will Linux-Bauern helfen

Uhr | Aktualisiert

Der Nationalrat nimmt die Motion für nichtdiskriminierende E-Gov-Lösungen an. Bauern, die Linux benutzen, sollen damit nicht mehr von der Benutzung der Plattform "Agate" ausgeschlossen sein. Die Motion geht nun weiter an den Ständerat.

(Quelle: Edith Graf Litscher)
(Quelle: Edith Graf Litscher)

Der Nationalrat hat am 3. Mai die Motion "Nichtdiskriminierende E-Government-Lösungen für Schweizer Landwirte" angenommen. Die Motion fordert, dass auch Linux-benutzende Landwirte auf E-Government-Lösungen zugreifen können. Sie wurde bereits im April 2011 von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher eingereicht.

Konkret geht es um die Plattform "Agate", die 2011 in Betrieb genommen wurde. Landwirte müssen über "Agate" unter anderem ihrer Aufzeichnungs- und Registrierungspflicht von Tieren nachkommen, können Direktzahlungen berechnen lassen und Kontrollen koordiniert durchführen. Die Plattform basiert allerdings auf der Anwendung Silverlight von Microsoft, die auf Linux-Rechnern nicht betrieben werden kann.

Annahme der Motion als wichtiges Zeichen

Edith Graf-Litscher, Nationalrätin des Kantons Thurgau und Co-Präsidentin der Parlamentarischen Gruppe, forderte mit der Motion den Bundesrat auf, dass die bestehende "Agate"-Lösung angepasst wird und zukünftige Anschaffungen und Neuentwicklungen von E-Government-Plattformen sowohl Betriebssystem- als auch Browser-unabhängig entwickelt werden.

Im Gespräch mit der Netzwoche erklärte Graf-Litscher, dass sie mit der Antwort des Bundesrates auf die Motion nicht einverstanden ist. Der Bundesrat habe sich damit selbst widersprochen, da die E-Government-Strategie 2012 -2015 explizit einen diskriminierungsfreien Zugang fordere. Die Annahme der Motion sei ein wichtiges Zeichen für den Bund, die eigene Strategie auch gemäss den Richtlinien umzusetzen.

Kleines Thema, grosse Auswirkungen

Auf den ersten Blick sei die Motion ein kleines Thema, führt Graf-Litscher weiter aus. Nach einer eingehenden Analyse habe sie allerdings gesehen, dass an diesem scheinbar kleinen Thema mehr dranhänge. Das sei auch der Grund, warum das Parlament die Motion angenommen habe.

Das Thema der Landwirte, die Linux benutzen, sei ihr direkt von einem Bauern zugetragen worden, der seine Pferde nicht auf "Agate" registrieren konnte, erklärt Graf-Litscher auf Nachfrage. Sie gehe allerdings davon aus, dass es weitere Fälle gäbe. Die parlamentarische Gruppe bleibe am Thema dran und leite die entsprechenden Schritte ein, falls weitere Fälle bekannt werden.

Behandlung im Ständerat

Die Motion wird in einem nächsten Schritt im Ständerat behandelt. Die parlamentarische Gruppe für Digitale Nachhaltigkeit erwartet gemäss Pressemitteilung eine Annahme auch in der zweiten Kammer.

Sollte auch der Ständerat die Motion annehmen, sei der Bundesrat aufgefordert, eine direkte Umsetzung des diskriminierungsfreien Zugriffs zu gewährleisten. Edith Graf-Litscher ist der Meinung, der offene und produktneutrale Zugriff müsse zum generellen E-Government-Standard werden. Die Annahme durch den Nationalrat sende ein klares Signal an die Bundesverwaltung.

Problem Microsoft Silverlight

Ein weiteres Problem ergibt sich zusätzlich durch die Benutzung des Microsoft-Standards Silverlight. Graf-Litscher wies in ihrem Votum in Nationalrat auf die Probleme bezüglich der Benutzung von Silverlight hin: "Unterdessen hat Microsoft das Produkt Silverlight aufs Abstellgleis gestellt. Es wird de facto nicht mehr weiterempfohlen. Der Bund hat also aus Kostengründen eine Technologie gewählt, die der Hersteller bereits wieder für obsolet erklärt. Digitale Nachhaltigkeit sieht anders aus."

Vertreter und Unterstützer der Motion

Die Motion wurde mit 96 zu 57 Stimmen angenommen. SP, Grüne, GLP und FDP nahmen die Motion an, die SVP und die BDP lehnten die Motion mehrheitlich ab. Graf-Litscher weist darauf hin, dass die SVP als Bauernpartei den Fall als Einzelfall bezeichnete, was sie persönlich überrascht habe.

Die parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit wurde im Mai 2009 gegründet. Im Moment gehören der Gruppe nach eigenen Angaben 34 National- und Ständeräte aus dem ganzen Parteienspektrum an. Die Gruppe setzt sich unter anderem für den vermehrten Einsatz von Open-Source-Software, der Garantie von Offenen Standards, den freien Wissenszugriff und Open Government Data ein.