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"Paymit ist für uns geschäftskritisch"

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Die Mobile-Payment-Lösung Paymit hat an den diesjährigen Best of Swiss Apps Awards in Zürich alle anderen Projekte überragt. Andreas Kubli, Leiter des Bereichs Multichannel Management and Digitization bei UBS Switzerland, erklärt im Interview, wie die Zusammenarbeit mit den Partnern verlief.

Andreas Kubli, Leiter Multichannel ­Management und Digitization von UBS Region Schweiz. (Quelle: UBS)
Andreas Kubli, Leiter Multichannel ­Management und Digitization von UBS Region Schweiz. (Quelle: UBS)

Herzliche Gratulation zum Master of Swiss Apps 2015. Was bedeutet der Award der UBS?

Andreas Kubli: Wir freuen uns sehr, dass wir mit Six und der ZKB den Master of Swiss Apps 2015 gewonnen haben. Der Sieg ist eine Bestätigung für die Zusammenarbeit mit den beiden anderen Partnern. Der Award bestätigt auch, dass unsere Strategie, wie wir das mobile Bezahlen in der Schweiz eingeführt haben, die richtige war. Und dies gleich auf mehreren Ebenen: Wir gewannen mit Paymit zwei Goldmedaillen in den Kategorien Business und Swissness. Darüber hinaus zeichnete uns die Jury mit vier Silbermedaillen aus und belohnte uns zusätzlich mit Bronze in der Kategorie User Value und Funktionalität. Dieser Erfolg zeigt, dass wir mit unserer Vision von Paymit, als ein offener mobiler Standard für Bezahldienste, auf dem richtigen Weg sind.

Hinter Paymit stehen mehrere Banken und Finanzinstitute. Wie verlief die Zusammenarbeit?

Im Zentrum der Zusammenarbeit stand Six. Der Finanzdienstleister ist neutral und gehört allen Banken der Schweiz. Six hat es geschafft, die verschiedenen Interessen der Teilhaber miteinander zu verknüpfen. Das integrative Vorgehen ist in der DNA von Six. Auch mit der ZKB haben wir gut zusammengearbeitet. Natürlich ist ein solches Projekt mit Partnern komplexer, als wenn man eine solche Lösung allein umsetzt.

Wie meinen Sie das?

Die Entwicklung von Paymit war ein komplexer Prozess, da verschiedene Parteien an einem Tisch sassen und ihre Vorstellungen, Interessen und Wünsche miteinbrachten. Bei so einem Produkt gibt es viele Entscheide zu fällen. Jeder Entscheid, der mehr als eine Firma betraf, musste mit allen Partnern abgesprochen werden. In den Sitzungen sassen jeweils drei Interessenvertreter am Tisch und diese wiederum mussten an ihre jeweiligen Vorgesetzten rapportieren.

Wie verlief die Zusammenarbeit mit den technischen Partnern Adnovum, Divio, In2Media, Namics, Notch Interactive, Soultank und TI&M?

Die Zusammenarbeit lief gut: Bei der UBS machen wir schon lange nicht mehr alles selbst. Wir arbeiten seit Jahren in einem Ökosystem zusammen mit den besten Spezialisten aus den Bereichen Technik und Design. Hinzu kommen Partner – das können etwa andere Banken sein. Wir sind es daher gewohnt, Arbeiten aufzuteilen. Da jeder sein Spezialwissen einbringen kann, profitieren wir von der Erfahrung und dem Wissen aller Partner. Durch das Ökosystem können wir letztlich bessere Lösungen für unsere Kunden entwickeln.

Wie lange dauerte die Entwicklung von Paymit?

Erste Ideen zu neuartigen mobilen Bezahllösungen entwickelten wir 2014. Im Sommer desselben Jahres trafen wir den Entscheid, Paymit gemeinsam mit Six und der ZKB umzusetzen. Im Mai dieses Jahres gingen wir mit Paymit live. In Anbetracht der Komplexität und der zahlreichen Partner haben wir die App in nur einem Jahr schnell umgesetzt, worauf wir stolz sind.

Wie sieht es derzeit mit der Akzeptanz von Mobile-Payment-­Lösungen aus?

Mit Paymit wollen wir eine Verhaltensänderung erreichen. Wie schwierig ein derartiges Unterfangen ist, sehen wir bei den NFC-Karten. Momentan werden erst knapp 10 Prozent der Bezahlvorgänge im Kassenbereich mit NFC-fähigen Karten getätigt. Trotz Werbekampagnen und obwohl der Vorteil offensichtlich ist.

Ein Grund für die Zurückhaltung ist die Angst, bestohlen zu ­werden. Wie sichern Sie Paymit gegen Missbrauch ab?

Paymit ist, anders als Bargeld, mit einer PIN geschützt. Wird das Handy gestohlen, so kann der Dieb also nicht direkt Überweisungen tätigen. Ausserdem werden die Transaktionen wie normale Zahlungen überwacht. Wir wissen also, wohin das Geld fliesst. Als weitere Sicherheitsmassnahmen bauten wir verschiedene Limiten ein. Diese regeln, wie viel Geld überwiesen und darüber hinaus wie viel entgegengenommen werden kann. Sollte ich etwa als Anwender bedroht werden, bleibt der Schaden gering und der Missbrauch kann von uns nachvollzogen werden.

Welche Bedeutung hat Paymit für die UBS? Ist es aus strategischer Sicht eine geschäftskritische Anwendung oder schlicht ein Marketing-Coup?

Paymit ist für uns geschäftskritisch. Wir haben 60 Millionen digitale Kundenkontakte pro Jahr, viele davon sind Bezahlvorgänge. Das ist ein riesiges Potenzial. Selbstverständlich hat es auch einen Marketingeffekt bei Nichtkunden, die Paymit nutzen und die in diesem Moment UBS erleben. Das Produkterlebnis wirkt beim Endkunden eindrücklicher als ein Plakat.

Was heisst das für Ihre weitere Strategie? Welche Ziele verfolgen Sie mit Paymit?

Wir wollen das Nutzungsverhalten der Endkunden verändern. Heute sieht es so aus: Wenn eine Gruppe mit dem Zug verreist, kauft einer das Billet für alle. Danach sammelt der Käufer das Geld bei seinen Kollegen ein oder lässt es sich gar überweisen. Bisher war das Problem, dass nicht jeder in der Gruppe das Bargeld passend bereit hatte. Einige haben nur grosse Noten, andere zahlen den Betrag mit vielen kleinen Münzen oder erstmal gar nicht, weil sie nur eine Karte dabeihaben. Das ist eine unbefriedigende Situation für denjenigen, der das Geld vorgeschossen hat. Mit Paymit kann nun diese Person das Geld auf einfache Weise einfordern und einkassieren. Wenn die Menschen diese einfache Lösung schätzen, dann ändern sie ihr Verhalten und wechseln für P2P-Zahlungen vom Bargeld auf digitale Lösungen. Der Erfolg von Paymit wird aber, wie bei allen neuen Bezahllösungen, von seiner Verbreitung abhängen. Der Netzwerkeffekt ist wichtig: Erst wenn viele mitmachen, bringt es den Kunden etwas. Mit unserer Lösung haben wir bereits ein grosses Netzwerk. Mit über 140 000 Downloads ist Paymit die mit Abstand am weitesten verbreitete Mobile-Payment-App der Schweiz. Das Netzwerkproblem war auch Grund für unseren Entscheid, das System von Anfang an allen Schweizer Banken zugänglich zu machen.

Wo sehen Sie die Vorteile gegenüber anderen Bezahllösungen wie Twint, Mobino oder den internationalen Angeboten von Apple und Google?

Wir haben ein finanziell nachhaltiges Modell. Unsere App vereint zudem mehrere Vorteile. Paymit ist eine lokale Lösung, hinter der grosse Schweizer Banken stehen. Das ist von Vorteil sowohl für den Handel wie für die Kunden. Wir glauben an offene Systeme und Standards. Darum würde es uns freuen, wenn eines Tages auch Postfinance mitmachen und Twint in Paymit einbringen würde.

Was sind die nächsten Entwicklungsschritte von Paymit?

Wir haben eine Roadmap für Paymit und werden diese Schritt für Schritt umsetzen. Das nächste Feature, das wir lancieren, ist Peer-to-Donation (P2D). Das erleichtert die Möglichkeit, auf einfache Art und Weise Spenden vorzunehmen. Noch gibt es aber in der Schweiz für spontane Spenden keine gute Lösung. Diese werden wir liefern. Der nächste grosse Schritt folgt 2016: Voraussichtlich im Frühjahr werden Kunden mit Paymit an der Kasse bezahlen können wie auch im Internet und In-App.

Werden wir dann auch mit Blackberrys und Windows-fähigen Smartphones bezahlen können?

Selbstverständlich würden wir Paymit auch gerne für die Plattformen Blackberry und Windows anbieten. Solange die Kundengruppe aber so klein bleibt, steht die Entwicklung von Varianten für Windows und Blackberry nicht an erster Stelle unserer Planung. Oberste Priorität ist, die gros­se Mehrheit zu aktivieren.

Eine Möglichkeit wäre, Paymit-Kunden auch das Bezahlen im Ausland zu ermöglichen. Wie sieht es mit Ihren Expansions­plänen für Paymit aus?

Wenn man ein neues Produkt auf den Markt bringt, dann lanciert man zunächst ein Schweizer Sackmesser mit drei Klingen. Es muss die wichtigsten Funktionen mitbringen und diese müssen sehr gut sein. Übertragen auf den Zahlungsverkehr heisst das, dass wir uns vorerst auf den Schweizer Markt konzentrieren.

Lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft werfen. Welche weiteren Digitalprojekte plant die UBS momentan?

Wir haben eine volle Produktpipeline. Diese machen wir aber nicht publik. Neu und bereits aktiv ist unsere Kooperation mit dem ERP-Anbieter Bexio. Das Softwarehaus bietet eine Lösung für die digitale Buchhaltung für KMUs aus der Cloud an. Die Software ist mit unserem UBS-E-Banking-System verbunden. Buchungsvorgänge werden auf diese Weise automatisch abgerechnet.

Wird die UBS nach dem Zwischenschritt Payment-App nun anfangen, selbst ERP-Systeme zu entwickeln?

Nein, wir werden bis auf Weiteres keine ERP-Systeme bei der UBS entwickeln. Aber wir schauen, dass wir unserem Ökosystem offene Schnittstellen für ERP-Systeme anbieten können. Das wird auch künftig unsere Stossrichtung sein: Wir wollen unseren Partnern hochwertige Schnittstellen zu unseren Systemen anbieten. Dadurch entsteht eine Win-win-Situation: Unsere Partner haben direkt Zugang zu einer grossen Kundenbasis. Wir können andererseits unseren Kunden in kurzer Zeit innovative Produkte anbieten.

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