Swisscom Business Award 2010

Ein Handy mit Kamera und eine gute Idee

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Urech und Filip Zirin

Mit ihrem Business Award zeichnet Swisscom ICT-Leistungen aus, die Mehrwerte schaffen. 2010 konnte Pestalozzi Haustechnik diesem Anspruch gerecht werden - mit einem Konzept, das eine Materialbestellung direkt via Handy erlaubt.

Rafael Gomez, Leiter Informatik und Administration bei Pestalozzi
Rafael Gomez, Leiter Informatik und Administration bei Pestalozzi

Im Verwaltungsgebäude der Pestalozzi-Gruppe steht die Auszeichnung gut sichtbar an der Rezeption. Der Swisscom Business Award wurde 2010 erstmals an Unternehmen verliehen, die mit besonders spannenden Ideen auffallen. Prämiert wurden die Kategorien „Mobilstes Unternehmen“, „Wirkungsvollste Zusammenarbeit“ und „Erhöhung Kundenbindung und -service“. In letzterer Kategorie hat die Pestalozzi + Co AG gewonnen.

Die Lösung „Haustech Mobile“ überzeugte durch ihre Schnelligkeit und Einfachheit – und nicht zuletzt dadurch, dass sie kostenfrei ist. „Das System bringt den Kunden eine Zeitersparnis von bis zu 50 Minuten pro Bestellung“, so Jury-Mitglied Rudolf Bochsler von AZ Direct.

Die Idee klingt im Nachhinein so einleuchtend wie einfach: Um ein Produkt zu bestellen, erfasst der Kunde dessen Barcode mit einer Handy-Kamera. Eine Applikation verarbeitet den Code und führt die Bestellung aus. Diese wird direkt an Pestalozzi geschickt. Doch gute Ideen können nur durch eine gute Umsetzung und Planung gedeihen.

Tiefer Einstieg und die zündende Idee

Der Handlungsbedarf hat sich für Pestalozzi aus den Marktbedingungen ergeben: Der Haustechnik-Markt ist sehr transparent und die Margen sind klein. Eine Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz ist nur über die Dienstleistungen möglich.

„Es wurde uns schnell klar, dass wir für KMUs eine deutliche Effizienzsteigerung innerhalb des Geschäftsprozesses finden müssen“, so Rafael Gomez, Leiter Informatik und Administration. Nach einer Evaluierung der Kundenbedürfnisse und Konkurrenzangebote war klar: Die Dienstleistung muss kostenlos und sehr leicht zu handhaben sein.

Vorwiegend hat die Haustechnik-Sparte mit Baufirmen zu tun, die kleine Handlanger führen müssen, um die am meisten benötigten Bauteile immer griffbereit zu haben. „Viele kleine Unternehmen haben aber nicht die Mittel und das Interesse, ein ERP-System oder eine Lagerhaltungssoftware zu betreiben. Ausserdem zeichnet sich dieses Gewerbe nicht durch sein Interesse an Informatik aus“, so Gomez.

Eines Tages fiel einem Mitarbeiter an einer Bushaltestelle ein Beetagg auf. Beetaggs sind wabenförmige Barcodes, die im Marketing, Ticketing und Tourismus genutzt werden. Solche Taggs transportieren fast beliebige Informationen. Via Kamera eines Mobiltelefons ausgelesen, können sie von einer App übersetzt und weiter verarbeitet werden.

Damit war laut Gomez die zündende Idee geboren. In Zusammenarbeit mit der Firma Connvision, die Beetaggs und Software für mobile Geräte herstellt, wurde das Produktsortiment in einen Beetagg-Katalog überführt und eine App auf der Basis von Windows Mobile erstellt.

Mit dieser App werden die Taggs gescannt und das jeweilige Produkt identifiziert. Dann fragt die App nach der Anzahl Stück, die bestellt werden sollen. Abschliessend wird der Warenkorb mit nur einem Tastendruck in das ERP-System von Pestalozzi eingefügt. Das Handy, inklusive App, wird kostenlos von Pestalozzi zur Verfügung gestellt.

Ausserdem übernimmt das Unternehmen auf Wunsch auch die komplette Beschriftung des Warenlagers. Vor dem Einsatz der App musste bei einigen Kunden zuerst das Warenlager systematisiert werden. Nach erfolgreichen Versuchen mit ausgewählten Stammkunden verliess die neue Dienstleistung die Testphase.

Projekt gelungen – Start für Phase 2

„Haustech Mobile“ hat durchschlagenden Erfolg. Bereits 50 Kunden nutzen die Dienstleistung. Für sie verzeichnete Pestalozzi eine Umsatzsteigerung von 3,8 auf 5,1 Millionen Franken innerhalb eines Jahres. Mit dem zusätzlichen Bruttogewinn konnte das ganze Projekt schon im ersten Jahr vollständig amortisiert werden.

Ein Umfrage bei diesen Kunden ergab: Viele, die bisher bei verschiedenen Unternehmen bestellten, entschieden sich, nur noch bei Pestalozzi zu kaufen. Grund: es sei wesentlich einfacher. Mit der vermehrten Nutzung tauchten schon bald weiterführende Ideen für die Entwicklung von „Haustech Mobile“ auf.

„Dabei half uns ein Kunde auf die Sprünge“, so Gomez „Er kam auf die Idee, seine Inventur mithilfe der Applikation zu machen. Dabei schickte er den Warenkorb ab und benachrichtigte uns, es handle sich nicht um eine Bestellung. Wir sollten ihm einfach den Ausdruck schicken.“

Laut Gomez böte sich auch die Möglichkeit an, direkt von der Baustelle aus zu bestellen. Hier stellt sich aber noch die Frage, wie der Katalog aussehen soll, denn 24’000 Produkte sind nicht einfach in ein mit dem Handy zu bewältigendes Format zu bringen. Ein weiterer Entwicklungsschritt ist die Portierung der Anwendung auf andere Smartphone-Betriebssysteme. Alle diese Erweiterungen zusammen werden intern als Phase 2 bezeichnet und sind nun in Planung.

Die IT-Abteilung, die aus sieben Mitarbeitern und zwei Lehrlingen besteht, ist - wie ihr Chef - stolz auf die Lösung: „Während Informatik in der Regel nur dann ein Thema ist, wenn sie nicht funktioniert oder Einsparungen gemacht werden müssen, konnten wir dieses Mal einen Businessvorteil für das Unternehmen verwirklichen.“