Storage-Trends

"Storage is eating the world"

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook, Twitter oder auch Netflix machen es vor: Mit ­individuell auf die Bedürfnisse abgestimmten Storage- und Netzwerklösungen optimieren sie ihre Rechenzentren. Diesen Vorbildern eifern immer mehr Unternehmen im Silicon Valley nach und wollen die Technologien auch anderen Firmen zur Verfügung stellen. Bei einem Besuch im Silicon Valley gaben Unternehmen Einblick in die neuesten Trends.

(Quelle: Christian Rondeau/Flickr (CC BY 2.0) )
(Quelle: Christian Rondeau/Flickr (CC BY 2.0) )

Im Silicon Valley werden die Trends in der ICT-Szene gesetzt. Ob nun bei Start-ups oder neuen Technologien – die USA sind der Alten Welt meist ein paar Monate voraus. Um einen Einblick in die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Storage und Netzwerke zu bekommen, machte sich eine Gruppe von 15 europäischen ICT-Journalisten auf den Weg ins sonnige Kalifornien.

Dabei waren nicht nur gestandene Storage-Grössen wie Micron oder bekannte Start-ups wie Pure Storage oder Core OS auf der Agenda, sondern auch zahlreiche noch eher unbekannte Jungunternehmen. Die teilnehmenden Journalisten konnten so aus erster Hand erfahren, was das Valley momentan bewegt.

Storage wie bei Facebook, Google und Twitter

In Sachen Storage und Netzwerke setzen Konzerne wie Amazon, Google, Facebook oder auch Twitter die Massstäbe. Dies begründet sich in der Grösse und Komplexität der Infrastrukturen. Um auf ihre enormen Speicher- und Netzwerkanforderungen leistungsfähige Antworten zu finden, entwickelten diese Firmen in Eigenregie neue Storage- und Netzwerktechnologien, die das Beste darstellen, was momentan möglich ist, wie Douglas Murray, CEO des Spezialisten für Hyperscale-Netzwerke Bigswitch, erklärte. Diese Grossunternehmen investierten dabei viele Millionen, wenn nicht sogar Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur, um diese auf ihre anspruchsvollen Bedürfnisse auszurichten.

Und warum sollten sich "normale Firmen" für diese High-End-Infrastrukturen interessieren? Die Antwort der besuchten Jungunternehmen Hedvig, Core OS, Big Switch, Jut oder Basho darauf lautete, dass immer mehr Betriebe mit ihren Ansprüchen an die Infrastruktur in die Gefilde der grossen Player vorstiessen. Dies fängt bei schnell wachsenden Start-ups an und reicht bis zu gestandenen Unternehmen wie Banken und grossen Industriekonzernen.

Für die meisten Unternehmen lohnt es sich aber nicht, diese Technologie selbst zu entwickeln. Diese Marktlücke haben die genannten und auch noch viele andere Firmen erkannt. Denn bisher bietet keiner der ICT-Grössen seine Infrastrukturtechnik auch als Service oder Produkt frei zugänglich auf dem Markt an. Daher bewerben die neuen Player ihre Produkte als Infrastrukturtechnik, wie sie auch bei Google und Co. vorzufinden ist.

Das Wissen über diese Technologien kommt auch nicht von irgendwo. Denn in den Biografien von Führungspersonen dieser jungen Storage-Anbieter finden sich zahlreiche Verbindungen zu den grossen Playern. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Dave McCrory, CTO von Basho Technologies, war zuvor in leitenden Funktionen bei VMware und Dell tätig, und Hedvig-Gründer Avinash Lakshman war einer der ersten Ingenieure bei Facebook und arbeitete lange Jahre bei Amazon.

Hedgefonds beflügeln Entwicklung

Die Entwicklungen im Storage- und Netzwerkbereich werden am stärksten von Hedgefonds und High Performance Tradern vorangetrieben. Dies war sowohl vonseiten des Enterprise-Storage-Anbieters Avere also auch vom HPC-Spezialisten DDN oder dem Halbleiterhersteller Micron zu hören. Mit ihren Ansprüchen an die Netzwerkinfrastrukturen reichen sie bereits an die grossen ICT-Unternehmen heran. Besonders Hedgefonds wollten laut DDN-CEO und Mitgründer Alex Bouzari am liebsten schon heute die 50-fache Leistung des technisch Möglichen zur Verfügung haben.

Die Ansprüche der Hedgefonds erscheinen auf den ersten Blick sehr speziell. Aber durch die Datenexplosion und den zunehmenden Einsatz von mobilen Technologien entwickeln immer mehr Unternehmen ähnlich hohe Ansprüche an ihre Netzwerke und Speicher. Als Beispiele hierfür nannte Bouzari das Gesundheitswesen, die Biowissenschaften sowie auch die Öl- und Gasindustrie.

Software ist fast alles

Bei der Lösung der Storage- und Netzwerkanforderungen spielt Software eine immer zentralere Rolle. Fast die Hälfte aller besuchten Unternehmen waren reine Software­anbieter. Im Detail waren dies Basho, Bigswitch, Catalogic, Hedwig, Jut oder auch Nuage Network. Aber auch Hardwarespezialisten wie Micron, DDN und Avere betonten, dass sie inzwischen mehr Ressourcen in die Entwicklung von Software als in Hardware steckten.

Daran wird ersichtlich, dass die Hardware nicht mehr das entscheidende Kriterium für die Leistung eines Netzwerks ist. Mit den Worten: "Software macht den Unterschied", brachte es Murray von Bigswitch auf den Punkt. Der Vorteil von Software sei, dass sie unabhängig vom Hardwareanbieter eingesetzt werden könne. Sie biete ein hohes Mass an Flexibilität und bisheriges "Rip and Replace" könne vermieden werden, sagte er weiter.

Durch eine Software auf der Steuerungsebene könnten problemlos Produkte unterschiedlicher Hersteller verwendet werden. Murray nannte hier etwa Google. Das Unternehmen lege eine zentralisierte Steuereinheit über seine Switches, wodurch diese zu einem einzigen grossen Switch verschmelzen. Damit könne Google auch heterogene Infrastrukturen betreiben.

Lakshman von Hedvig, das sich auf Software-Defined Storage spezialisierte, bezeichnete den physischen Storage als den entscheidenden Flaschenhals für flexible Infrastrukturen. Das Business verlange, dass Speicher in wenigen Minuten bereitgestellt werden können, sagte er. Heutzutage sei es aber noch ein langer Prozess, der mit viel manuellem Aufwand verbunden sei. Wenn etwa neue Racks bestellt und installiert werden müssten, vergingen Wochen und teilweise Monate. Als Lösung sehe er daher die Trennung von Hard- und Software. Nur so könne eine flexible heterogene Serverinfrastruktur betrieben werden.

Steve McCaine, Gründer und CEO von Jut, brachte die Bedeutung von Software mit dem Zitat von Marc Andreessen: "Software is eating the World" auf den Punkt. Während seiner Zeit bei Riverbed habe er gesehen, dass besonders auf der Performance-Seite von Netzwerken mit Software noch viel optimiert werden könne. Er ist auch der Meinung, dass sich alle Unternehmen zu Software- und Datenunternehmen weiterentwickeln werden. Denn Software generiere Daten und sie kümmere sich im gleichen Atemzug darum. Durch die vielen verschiedenen Softwarelösungen entstünden aber Datensilos, in denen Daten getrennt voneinander ungenutzt lagern würden. Mit Software könne hier noch viel verbessert werden, sagte McCaine weiter.

Mobilität treibt die Entwicklungen

Die grösste Herausforderung für die Netzwerke bildet der vermehrte Einsatz von Mobile-Technologien. Dies lasse sich am Beispiel eines Reisenden veranschaulichen, der im Ausland ins Internet will. Diese Datenströme ohne gros­se Zeitverzögerung zu garantieren, sei eine grosse Herausforderung, sagte Bouzari. Das Problem sei dabei nicht das Datenvolumen, sondern die Vielzahl der Anfragen, die bewältigt werden müssten, ohne die User-Experience zu beeinträchtigen. Denn der Nutzer wolle von allen Vorgängen im Hintergrund nichts mitbekommen, sondern nur seine Anfragen bearbeitet wissen.

Daher habe Micron sein Verständnis von gespeicherten Daten grundlegend überdacht. In den letzten 60 Jahren sei Speicher als "Data at Rest" angesehen worden, sagte Darren Thomas, VP Micron Storage. Flash verändere diese Sichtweise grundlegend und mache Speicher zu "Data in Motion". Daher liege im Flash-Speicher die Zukunft. Die Bewegung von Daten brauche noch sehr lange. Zeit sei jedoch für viele Unternehmen geschäftskritisch. Daher sei Memory-Computing wichtig, um Daten schnell analysieren und verarbeiten zu können. Denn nur ein sehr kleiner Teil aller anfallenden Daten brauche die meiste Rechenleistung.

Rob Peglar, VP Advanced Storage SBU bei Micron, machte daher die Unterscheidung in "heisse" und "kalte" Daten, die ihren Aggregatzustand aber schnell ändern könnten. In diesem Bereich komme dem Datenmanagement mit Software eine bedeutende Rolle zu. Er veranschaulichte dies am Beispiel eines Kunden, der ein Geschäft betritt. In diesem Moment müssten alle hinterlegten Daten aktiviert werden, um ihm in Sekundenschnelle ein massgeschneidertes Angebot auf sein Smartphone schicken zu können. Nicht die Lagerung der Daten sei kritisch, sondern die Bereitstellung sei zentral.

Entkoppelung von der Unternehmensgrösse

Noch zielen die besuchten Firmen mit ihren Technologien und Produkten vor allem auf Grossunternehmen. Die Storage-Technologien von Firmen wie Basho, Avere oder Bigswitch kosten teilweise mehrere hunderttausend Franken und lohnen sich nur bei sehr grossen distribuierten Netzwerken. Dies könnte sich aber bald ändern. Denn auch mittelgrosse Unternehmen, die in mehreren Ländern vertreten sind, kämen zunehmend mit Anfragen auf Basho, Core OS oder Hedvig zu, war vonseiten der Firmen zu hören. Durch die zunehmende Mobilität bei den Geschäftsprozessen und durch das Anwachsen der Datenberge erweitere sich der Kreis der Betriebe laufend, die hocheffiziente Infrastrukturen benötigen.

Die Tour durch das Valley zeigte, dass sich in der Speicherwelt momentan viel bewegt. Neue Anbieter versuchen, mit ihren Technologien noch mehr aus den Netzwerken herauszuholen. Es scheint daher nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis diese Entwicklung auch in Europa und der Schweiz Wellen schlagen wird.

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