Open-Data-Konferenz 2017

SBB präsentieren Open-Data-Projekte in Luzern

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Opendata.ch hat nach Luzern zur Open-Data-Konferenz geladen. Die SBB zeigten auf, was passieren kann, wenn ein Unternehmen Daten für die Community öffnet. Die Innovationskraft der Entwickler beeindruckte.

Rahel Ryf von den SBB.
Rahel Ryf von den SBB.

Der Verein Opendata.ch hat die Open-Data-Konferenz 2017 an der Hochschule Luzern veranstaltet. Sie warf die Frage auf, wie stark Open Data in der Schweiz verbreitet ist. Am Nachmittag gab es fünf Workshops, die parallel liefen. Sie drehten sich um offene Daten für Smart Citys, Wissenschaft, Ernährung, Infrastruktur und das Tourismus- und Transportwesen. Die Redaktion besuchte letzteren.

SBB setzen auf Digitalisierung

Fahrplan-Angaben und Echtzeit-Informationen zum öffentlichen Verkehr (öV) in der Schweiz sind seit 1. Dezember 2016 auf opentransportdata.swiss verfügbar. Das Bundesamt für Verkehr beauftragte die SBB, die Open-Data-Plattform aufzubauen und für den gesamten Schweizer öV zu betreiben. Partner sind unter anderem Liip und Begasoft. In Luzern referierte am Morgen Rahel Ryf von den SBB. Sie ist für die Fachstelle Open-Data-Plattform ÖV Schweiz verantwortlich.

"Die Zukunft des öV ist ungewiss", sagte Ryf. Sie spielte damit auf selbstfahrende Autos und die aufstrebende Sharing Economy an. Es werde in Zukunft mehr Möglichkeiten geben, um von A nach B zu reisen. Gleichzeitig würden sich Kaufentscheide in digitale Kanäle verlagern. Das sei für die SBB eine Chance. Die Digitalisierung schaffe Transparenz – und die SBB komme so näher an Kunden ran.

Ohne Umdenken geht es nicht

Die SBB gaben ihre Transportdaten lange nicht frei. Das hinderte die Open-Data-Community allerdings nicht daran, die Daten auf inoffiziellen Wegen von der SBB-Website abzugreifen. Es habe Hacks und viele "API-Abfragen ohne klare Rechtsgrundlage" gegeben, sagte Ryf. Das habe den SBB gezeigt, dass es offenbar eine grosse Nachfrage nach offenen Transportdaten gibt. Das Unternehmen reagierte und gab einen Teil der Daten frei – auch auf Druck des Bundes.

"Mittlerweile arbeiten wir eng mit der Open-Data-Community zusammen", sagte Ryf. Das sei nur möglich, weil bei den SBB ein Umdenken stattgefunden habe. Offene Daten würden nicht mehr als Gefahr, sondern als Chance betrachtet. Auch die Reisenden würden davon profitieren. Das Ziel sei es, neue Anwendungen für Kunden zu schaffen und von der Innovationskraft der Community zu profitieren.

Daten erst kategorisieren, dann veröffentlichen

Die SBB stellten "Fahrplandaten angereichert mit Echtzeitdaten" zur Verfügung. Etwa Daten zu den Ankunfts- und Abfahrtszeiten für das ÖV-Streckennetz der Schweiz, inklusive Verspätungen, Gleisänderungen oder Fahrwegänderungen. Die Bahn unterscheidet dabei folgende Datenkategorien:

  • Kundendaten oder sicherheitsrelevante Daten: Sie werden laut SBB "grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben" - das sei das oberste Gebot einer Konzernweisung.

  • Daten für Dritte zur eigenen Wertschöpfung: Sind gemäss SBB aufbereitet, angereichert und belastbar und nur gegen Entgelt und mit bestimmten Nutzungsbedingungen erhältlich.

  • Daten zur ÖV-Förderung: Sie sind maschinenlesbar und kostenlos, etwa für Crowdsourcing oder Co-Creation. Die Daten, die die SBB veröffentlichten, sind von dieser Kategorie.

Open-Data-Projekte mit SBB-Daten

Werden die Daten auch genutzt? Ryf nannte gleich mehrere Beispiele:

  • Traindelaybot: Ein Chatbot, der Verspätungen von Zügen auf Skype oder Facebook melden kann.

  • Swiss Transit: Eine iPhone-App, die den SBB-Fahrplan offline verfügbar macht.

  • Search.ch: Abfrage des SBB-Fahrplans auf timetable.search.ch.

  • Viadi: Touch-Fahrplan von Ubique, den die SBB in ihre offizielle App integrierten.

  • Time for Coffee: Fahrplan-App für Android und iOS mit Echtzeit-Daten.

  • Puenktlichkeit.ch: Website, die anzeigt, wie (un)pünktlich die Züge der SBB sind.

  • Welcome: Anwendung von IT & Design Solutions, die es ermöglicht, Daten der SBB auf Digital-Signage-Bildschirmen anzuzeigen.

  • Chill: Proof-of-Konzept für einen SBB-Fahrplan, der in 24 Stunden entwickelt wurde.

  • Rome2Rio: Fahrplan mit internationalen Verbindungen, auch mit SBB-Daten. Hat monatlich über 10 Millionen Besucher.

  • Diverse Studienarbeiten: Etwa von Benedikt Hitz-Gamper, der ein Ankunftsmonitoring für den Bahnhof Bern entwickelte. Oder eine Arbeit von Benjamin Ernst, der einen persönlichen Abfahrtsanzeiger bastelte.

  • Bing.com: Auch Microsoft nutzt für seine Suchmaschine die Daten der SBB.

  • Swiss Railways Network: Website von Vasile Coțovanu, die das Schienennetz der SBB auf Google Maps visualisiert.

  • Fairtiq: App von Schucan Management, die die gefahrene Strecke erkennt und automatisch den Betrag abbucht. Das funktioniert für Frimobil (Region Fribourg), Passepartout (Region Luzern), Libero (Region Bern, Biel und Solothurn), Tarifverbund Zug (Kanton Zug), STI (Region Thun), Engadin Mobil (Region Oberengadin), Ostwind (Ostschweiz) und Liemobil (Liechtenstein).

SBB werden weitere Daten veröffentlichen

Die Vielfalt der Anwendungen beeindruckte. Die SBB seien von der Innovationskraft der Community begeistert, sagte Ryf. Die Schweiz habe mit opentransportdata.swiss weltweit eines der modernsten Open-Data-Portale für den öffentlichen Verkehr. Die Website könne viele Millionen Abfragen pro Tag beantworten.

Am Event war auch Christian Trachsel anwesend. Der Open-Data-Verantwortliche der SBB verriet, dass das Unternehmen bald weitere Daten veröffentlichen wolle. Etwa einen Datensatz, der aufzeige, welche Gemeinden (Postleitzahlen) in der Schweiz am meisten Generalabonnements und Halbtax-Abos kaufen. "Ich arbeite daran, weitere Daten bei den SBB zu befreien", sagte Trachsel, der sich mit einem Augenzwinkern als "Messias der Open-Data-Geschichte bei den SBB" vorstellte.

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