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Web 3.0 – mehr als Metaverse und ChatGPT

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von Ralph Hutter, Head Ecosystems & ­Partnerships, Finnova

Die Metaverse-Euphorie und der ChatGPT-Hype haben den Blick auf das grosse Ganze vernebelt. Web 3.0, Metaverse und KI werden oft im selben Atemzug genannt, sind aber unterschiedlich einzuordnen. Web 3.0 hat das Potenzial, die Plattform-Geschäftsmodelle zu disruptieren und den Benutzerinnen und Benutzern die Hoheit über ihre Identität und ihre persönlichen Daten zurückzugeben.

Ralph Hutter, Head Ecosystems & ­Partnerships, Finnova. (Source: zVg)
Ralph Hutter, Head Ecosystems & ­Partnerships, Finnova. (Source: zVg)

Web 3.0 – der Name ist Programm. Die Versionierung schliesst die technologische Entwicklung mit ein. Deshalb vereint die nächste Generation Internet unter dem Begriff Web 3.0 auch unterschiedlichste Technologiebausteine wie Blockchain, künstliche Intelligenz, Machine Learning sowie Komponenten für die räumliche Darstellung in primär virtuellen Welten. Eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen WWW-Versionen hilft, die Unterschiede beziehungsweise die Entwicklungsdimensionen besser zu verstehen und gleichzeitig das Web 3.0 als Ganzes einordnen zu können für das, was uns erwarten wird, wohin wir uns bewegen als Gesellschaft, als Unternehmen, als Anwenderin und Anwender, als Beobachter oder Tech-Unternehmen.

Web 1.0 – Generation Upload

Web 1.0 kennen wir vom Start des kommerziellen Internets in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts. In jener Zeit waren es hauptsächlich Unternehmen, die nach und nach Websites mit ihren Firmeninhalten aufbauten. Sie wollten damit an die Öffentlichkeit treten und ihre Bekanntheit erhöhen. Benutzerinnen und Benutzer suchten im World Wide Web typischerweise nach bestimmten Inhalten, die sie vorerst nur lasen. Es war nicht üblich, sich mit realem Namen oder sogar echtem Profilfoto im Internet zu bewegen, geschweige denn persönliche Daten in Onlineprofilen öffentlich zu hinterlegen. Newsportale, E-Mail-Dienste und insbesondere Suchmaschinen standen im Vordergrund der Internetnutzung. Von letzteren gab es nur wenige, teilweise existieren sie heute gar nicht mehr. Erst später luden Benutzerinnen und Benutzer Inhalte auch herunter. So entstand der Begriff «Generation Download».

Web 2.0 – Generation Download

Web 2.0 ist dadurch gekennzeichnet, dass Anfang der 2000er-Jahre bedeutende Plattformen wie Wikipedia, Blogs und soziale Netzwerke aufkamen. Mit deren Verbreitung hat sich die Nutzung des Internets diametral verändert. Es sind nun mehrheitlich private Nutzerinnen und Nutzer, die Inhalte bereitstellen: Fotos, Blogbeiträge, Tweets, Videos oder Audiobeiträge werden verbreitet, hauptsächlich über Social-Media-Plattformen. Die «Generation Upload» bringt sich nun also aktiv ein. Im Gegensatz zu den statischen Websites des frühen Internets ermöglichen Web-2.0-Websites nicht nur die Publikation von Inhalten, sondern auch die Selbstorganisation und die Zusammenarbeit in Communitys und sozialen Netzwerken. 

Ein positiver Effekt ist die Demokratisierung des Wissens. Plattformen wie Wikipedia haben dazu beigetragen, dass Wissen in einer kollaborativen Weise entsteht. Aber nicht nur Wissen, sondern auch die Entwicklung neuer Ideen, Sourcing von Arbeit, Finanzierungen, Lancierung von Kampagnen, Bewertungen von Dienstleistungen oder Softwareentwicklung sind nun gemeinschaftlich und selbstorganisiert. Daraus wiederum haben sich neue Formen von Geschäftsmodellen wie etwa Crowdsourcing, Crowdfunding, Crowdlending oder Crowd-Campaigning entwickelt.

Zugleich hat bei der Erstellung von Inhalten durch die Benutzerinnen und Benutzer des Web 2.0 eine Professionalisierung stattgefunden. Sie ist nicht nur der Qualitätssicherung durch die verantwortlichen Editoren – wie etwa bei Wikipedia – zu verdanken. In den letzten Jahren hat sich eine «Creator Economy» herausgebildet, auch wenn nach wie vor ein Grossteil der Beiträge auf sozialen Medien privat motiviert ist. Zahlreiche Privatpersonen haben es geschafft, mit ihren Beiträgen ein stabiles Einkommen zu erzielen. Sie nutzen digitale Plattformen wie Youtube, Instagram, Snapchat, Twitch, Tiktok, Sub­stack oder Onlyfans, um die von ihnen produzierten Inhalte zu monetarisieren.

Das Geschäftsmodell ist einfach: Plattformanbieter mit grosser Reichweite helfen Content Creators dabei, entdeckt zu werden. Sie stellen ihnen benutzerfreundliche Content- und Vermarktungstools zur Verfügung. Dank Empfehlungs- und Kuratierungsalgorithmen können Kreative sowie private Künstlerinnen und Künstler eigenhändig ein grosses Publikum aufbauen. Dabei bleiben sie unabhängig: Sie haben keine Verträge mit Fernsehanstalten, Verlagshäusern oder Plattenfirmen, sondern vermarkten ihre Inhalte selbstständig direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten. Auf den ersten Blick eine Revolution oder eine Disruption der traditionellen Medien- und Unterhaltungsindustrie. Auf den zweiten Blick birgt eine Bindung an einen Plattformanbieter auch zahlreiche Nachteile.

Es gibt reichlich Kritikpunkte an den vorherrschenden Plattformgeschäftsmodellen: Hauptproblem der Architektur des Web 2.0 ist die zentrale Datenhaltung. Sämtliche Benutzerdaten, die publizierten Inhalte und – noch wichtiger – die aufgebaute Community befinden sich bei einem Anbieter. Dies erzeugt einen Lock-in-Effekt mit vielen Risiken. Was passiert, wenn der Anbieter in Konkurs geht, wenn er die Algorithmen oder Richtlinien verändert, wenn sich Nutzerinnen und Nutzer einer anderen Plattform zuwenden? Der erstellte Content und die Anzahl Follower können nicht einfach übertragen werden.

«The winner takes it all» 

In der Plattformökonomie haben wenige Player beinahe Monopolstellungen erreicht. Durch ihre dominierende Position bestimmen sie die Bedingungen wie das Pricing und den gesamten Plattformzugang, der jederzeit auch gesperrt werden kann. Unvorteilhafte Lizenzbedingungen führen beispielsweise bei Facebook von Meta dazu, dass Nutzerinnen und Nutzer dem Mutterhaus eine umfassende, gebührenfreie Lizenz für die publizierten Inhalte erteilen müssen. Sie verlieren damit die Kontrolle über die Verwertung der eigenen Inhalte. Und in Bezug auf den Datenschutz haben die Plattformen schliesslich Zugang zu den Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer, einschliesslich persönlicher Informationen und Surfverhalten. 

Web 3.0 – Generation Ownership

Web 3.0 hat das Potenzial, das Internet grundlegend zu verändern und die aktuell bestehenden Unzulänglichkeiten Schritt für Schritt zu beheben. «Generation Ownership» beschreibt die Idee, die Datenhoheit von den grossen Tech-Plattformen wieder an die Benutzerinnen und Benutzer zu übertragen. Gleichzeitig soll die unbefriedigende Situation bezüglich Privatsphäre und Datensicherheit verbessert werden. Zur Vorstellung von Web 3.0 gehören aber nicht nur Technologien zur Dezentralisierung, sondern auch neue Benutzerschnittstellen und der Einsatz künstlicher Intelligenz.

Eine entscheidende Rolle im Web 3.0 spielt die Blockchain: Sie bietet eine dezentrale Datenbank- und Transaktionsinfrastruktur, die es Benutzerinnen und Benutzern ermöglicht, sicher und transparent zu interagieren, ohne auf eine zentrale Instanz angewiesen zu sein. Sie ist die technische Basis für die Verwaltung einer unabhängigen, digitalen Identität. Diese beinhaltet die damit verbundenen Nutzerdaten, die dezentrale Speicherung von digitalen Assets aus Computerspielen, Lizenzen für Musik, aber auch NFTs wie digitale Kunstwerke sowie Zahlungen mit Kryptowährungen.

Das Internet der nächsten Generation wird nicht mehr ausschliesslich über zweidimensionale Schnittstellen wie Browser oder Mobile App bedient. Zunehmend entwickeln sich weitere Schnittstellen wie Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Brillen. Damit lassen sich das Web und die darin laufenden Anwendungen räumlich erleben. Sie werden derzeit unter dem Stichwort Metaverse breit diskutiert. Die Idee der einen gros­sen, universellen, interoperablen 3-D-Welt greift zu kurz. Viel wahrscheinlicher wird das Metaverse allgegenwärtig und nahtlos in unser tägliches Leben integriert und nicht nur durch eine 3-D-Brille in einer virtuellen Welt erlebbar sein. 

Das Web wird zwar weiterhin über traditionelle Computer- und Smartphone-Bildschirme erreichbar sein, es werden jedoch neue Formen der Bedienung dazukommen. Nebst den AR-/VR-Headsets oder Smartglasses werden weitere technisch getriebene Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen, wie Steuerung über Gesten, Stimme, Hirnströme oder auch eigenständige Bots. 

Ein wesentlicher Unterschied wird darin bestehen, dass das Web zunehmend in andere Geräte und Umgebungen integriert wird. Beispiele hierfür sind intelligente Häuser, tragbare Geräte, Autos und sogar Kleidung. Diese Ubiquität des Internets wird eine nahtlose Interaktion zwischen Menschen, Maschinen und Geräten ermöglichen, die das Web in eine Art «Internet der Dinge» verwandelt. Auf der Basis der Blockchain können diese verschiedenen Geräte und Systeme teilweise auch automatisch miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Es ist vorstellbar, dass das Auto seine Versicherung via Smart Contract automatisch selbst bezahlen oder ein persönlicher Bot selbstständig telefonische Reservierungen vornehmen kann.

Spätestens an diesem Punkt kommt die künstliche Intelligenz ins Spiel. Der aktuelle Hype um ChatGPT und weitere generative KI-Lösungen beflügelt die Fantasie. Es zeichnen sich bereits zahlreiche konkrete Einsatzgebiete im Hinblick auf Web 3.0 ab, die ein intuitiveres und gezielter personalisiertes Web-Erlebnis schaffen sollen.

Künstliche Intelligenz und Web 3.0 haben zwar keinen direkten Zusammenhang, aber diese Technologien werden im dezentralen Web zweifelsohne zum Einsatz kommen.

KI-gesteuerte Empfehlungssysteme werden bereits in beliebten Web-2.0-Anwendungen wie Amazon und Netflix genutzt. Im Web 3.0 werden KI-Algorithmen das Herzstück der Web-3.0-Empfehlungssystemen darstellen: Dank ihrer Fähigkeit, grosse Mengen an Benutzerdaten zu analysieren und auf individueller Ebene Vorhersagemodelle zu erstellen, lassen sich Benutzerpräferenzen wirklich «verstehen» und «echte» personalisierte Empfehlungen anbieten.

Blockchain-Entwicklerinnen und -Entwickler integrieren KI- und Machine-Learning-Algorithmen in ihre Lösungen. So entstehen laufend intelligentere dezentralisierte Anwendungen (dApps) und intelligente NFTs. Auf dieser Basis entwickeln sich persönliche Assistenten und Bots, die im Alltag Unterstützung bieten, insbesondere bei langweiligen Routinearbeiten.

Blick zurück auf das ganze Bild

Die Vision ist ein Web ohne zentrale Unternehmen, ein Web, in dem die Menschen ihre Daten selbst unter Kontrolle haben, wo Transaktionen ohne Intermediäre funktionieren, neue Geschäftsmodelle entstehen und sozialer Austausch im geschützten Raum stattfinden kann. Die ganze Welt wird schneller und die Technologie ist der Schrittmacher des Wandels. Angesichts dieser Beschleunigung betrachten wir aktuelle Technologien wie Metaverse, generative KI, NFT, AR oder VR oft nur einzeln und versuchen, sie akribisch zu verorten, zu sortieren und zu interpretieren.

Während wir Web 1.0 und Web 2.0 retrospektiv klar begreifen, will es uns heute nicht gelingen, die zukünftige Tragweite und die möglichen Einsatzgebiete des Web 3.0 abzuschätzen. Dies war schon bei der Entwicklung des Internets oder der Verbreitung der Smartphones der Fall. Einer Sache können wir jedoch gewiss sein: «Das Merkwürdigste an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, dass man unsere Zeit später die gute alte Zeit nennen wird», wie der US-amerikanische Schriftsteller John Steinbeck (1902–1968) sagte. 

Mir persönlich gefällt die Idee, dass die aktuellen Buzzwords einfach nur Worthülsen für eine kollektive Vision sind, eine diffuse Idee eines grösseren Ganzen zugunsten der Menschen. Eine Vision, die wir nie erreichen, weil sie sich laufend verändert. Eine weitere Idee, auf die wir in 20 Jahren staunend zurückschauen – eine Vision einer neuen Generation Internet, von der wir niemals erwartet hätten, dass sie sich so schnell entwickeln könnte.

Die Entwicklung des World Wide Web
 

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