Schweizerische Nationalbank

ICT-Branche äussert sich zum SNB-Entscheid

Uhr | Aktualisiert

Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, den Euro-Mindestkurs zum Franken aufzuheben, hat zu sehr unterschiedlichen Reaktionen geführt. Welche Auswirkungen hat dieser Entscheid auf die ICT-Branche?

Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank, den Euro-Mindestkurs zum Franken aufzuheben, hat am Donnerstag in der Wirtschaft zu einer Art Schockzustand geführt. Die Netzwoche wollte von einigen Branchenkennern wissen, wie sie die Auswirkungen des Entscheids auf die ICT-Branche einschätzen.

Ruedi Noser, Unternehmer, Präsident von ICT Switzerland und Zürcher Nationalrat (FDP), kann zwar den Entscheid der SNB nachvollziehen, sieht aber für die ICT-Branche eher schwarz. Der Strategiewechsel mitten in der Krise zeige bereits klar die Grenzen auf, die der Schweiz in der globalisierten Welt gesetzt seien, so Noser. "Die SNB musste die Reissleinen ziehen, da sie vermutlich die letzten Tage immer wieder Euro kaufen musste."

"Dramatische Verschlechterung der Rahmenbedingungen"

Bleibe der Kurs bei 1:1, werde sich der Druck auslagern und Near- oder Offshoring dramatisch zunehmen, so Noser weiter. "Die Rahmenbedingungen für die IT-Dienstleistungen haben sich dramatisch verschlechtert und die Konkurrenzfähigkeit, mit Schweizer Löhnen konzernweit Dienstleistungen zu erbringen, ist gesunken." Daher bestehe die Gefahr, dass weitere Stellen ins Ausland abwandern beziehungsweise in der Schweiz Stellen gestrichen werden müssten. Die Frage, ob sich Schweizer Unternehmen nicht auf den Schritt vorbereiten konnten, verneint Noser. "Auf einen Kurs von 1.15 (statt 1.20, Red.) konnte man sich einstellen. Auf einen Schock von 1:1 kann man sich nicht einstellen."

Franz Grüter, CEO des Rechenzentrumsdienstleisters Green.ch und Kantonalpräsident der SVP Luzern, verteidigt die Strategie der Nationalbank, betont aber auch, dass es wichtig sei, die guten Rahmenbedingungen nicht zusätzlich zu verschlechtern: "Ich verstehe den Aufschrei der exportorientierten Branchen, die Märkte haben heftig reagiert und das Umfeld ist plötzlich noch viel anspruchsvoller geworden. Der Entscheid ist für mich jedoch aus Sicht der SNB nachvollziehbar." Längerfristig müsse eine Währung unabhängig funktionieren können. Eingriffe sollten die Ausnahme bleiben, so Grüter.

Standortvorteile erhalten

Weiter betont Grüter, dass Schweizer Rechenzentren noch nie ein Aushängeschild für Speicherplatz zu Dumpingpreisen gewesen sei. "Unternehmen suchen Stabilität, Sicherheit und qualifiziertes Fachpersonal, wenn sie sich für den Datenstandort Schweiz interessieren. Nun ist es umso wichtiger, dass unsere guten Rahmenbedingungen nicht zusätzlich verschlechtert werden, beispielsweise durch weitere Lockerungen des Datenschutzes, wie das BÜPF." Folglich dürften keine weiteren Standortvorteile geopfert werden, die die Marktposition im Ausland schwächen. Grüter wird kurzfristig keine unternehmerischen Massnahmen treffen. "Aber wir werden die Auswirkungen des starken Frankens verfolgen."

Jean-Marc Hensch, Geschäftsführer von Swico, hält den Entscheid der Nationalbank für unausweichlich. "Ein kleines Land wie die Schweiz kann sich nicht auf Dauer gegen globale Marktentwicklungen stemmen auch nicht unsere Nationalbank. Dass es drei Jahre lang ging, grenzt schon an ein Wunder und kostete auch entsprechend", kommentiert Hensch. Die Ankündigung habe ihn, wie alle anderen, überrascht. "Dies muss jedoch auch so sein, um Spekulationen und Vorwegnahmen zu verhindern. Das hat natürlich zur Folge, dass es kurzfristig schockwellenartige Auswirkungen gibt, aber es geht nicht anders."

Kein existientielles Problem

Für die Schweizer IT-Branche im Inland sieht Hensch "kein existenzielles Problem", aber es sei klar, dass eine Abkühlung der Konjunktur durch diese Massnahme negativ auf den Umsatz drücken könne. "Für unsere stark exportorientierten Firmen, insbesondere Softwareschmieden, ist es ein weiterer Klotz am Bein, um auf dem internationalen Markt zu bestehen."

Es sei aber auch in internationalen Firmen ein Problem, wenn die Schweizer Tochtergesellschaft an internationale Projekte kommen wolle, wo sie intern nun noch teurer werde, so Hensch weiter. Schweizer Firmen würden jetzt sicher ihre Nearshoring- und Offshoring-Engagements verstärken. "Dies war jedoch schon im Sog der Masseneinwanderungsinitiative zu spüren und wird nochmals akzentuiert. Umso wichtiger ist, dass die öffentliche Hand ihren Beitrag leistet und ihre Regulierungswut etwas stärker eindämmt, die ja ebenfalls unsere Wettbewerbsposition gegenüber dem Ausland beschädigt."

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