Letztes Tefo im Zürcher World Trade Center

Top-Redner und gebannte Besucher am ausverkauften Tefo

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Mit dem Tefo ist ein Highlight des Schweizer IT-Jahres über die Bühne gegangen. Der ausgebuchte Event bot spannende, informative und teils witzige Referate. Nach der vierten Ausgabe heisst es aber Abschied nehmen vom World Trade Center.

Der Spezialdistributor Studerus hat am 21. November sein Technologie-Forum Tefo veranstaltet. Im Vordergrund standen Anwendungen rund um die Netzwerktechnik. Der Event geriet dadurch zur Lösungs- statt Produkteschau, was auch dem Wunsch von Studerus-Geschäftsführer Frank Studerus entspricht. "Wir wollen mit dem Tefo eine Plattform für den Erfahrungsaustausch bieten", wie er in einem Gespräch zwischen den Vorträgen sagt. Oftmals mangele es Fachhändlern an der Zeit, um sich mit den neuesten Technologien auseinanderzusetzen. Das Tefo könne dann ein Update bieten und für neue Fachhändler den Einstieg in die komplexe Welt der Netzwerke und Funkstandards bedeuten.

Der Event war bereits vor zwei Wochen überbucht. Von den gut 450 Interessenten konnten 400 teilnehmen. Mit einem Besucheranteil von 60 Prozent überwog die Gruppe der Techniker. Mit rund 40 Prozent kamen aber auch viele CIOs von Schweizer Unternehmen, um sich über die Trends in der Netzwerktechnik zu informieren und dabei auch noch ihre eigenen Netzwerke zu pflegen. Sie wurden alle von Frank Studerus und Verkaufsleiter Rolf Borkowetz begrüsst. Die beiden Manager freuten sich nicht nur über das volle Haus, sondern auch über die zahlreichen "Stammgäste", was geschätzt auf ein Viertel der Teilnehmer zutraf, wie eine kurze Umfrage durch Borkowetz ergab.

Faszination 3D-Druck

Die Keynote hatte nichts mit Netzwerktechnik zu tun, zog aber dennoch die Besucher in ihren Bann. Christiane Fimpel und Philipp Binkert vom Dienstleister 3D-Model referierten über die Chancen und Limiten von Produkten und Nahrungsmitteln aus dem Drucker. Die Möglichkeiten des sogenannten Additive Manufacturing, wie der 3D-Druck in der Fachsprache bezeichnet wird, seien breit gefächert. Das Prinzip komme bereits heute in den Bereichen Medizin und Architektur häufig zum Einsatz. Doch auch neue Branchen, wie die Modeindustrie, interessierten sich für die Technik. Hierbei reicht die Palette vom Schmuck über Schuhe bis hin zu Kleidern. Das interessante an der Herstellungstechnik ist, dass sich mit ihr vergleichsweise einfach komplexe Strukturen und Muster herstellen lassen.

Ein paar individuelle Schuhe zum neuen Kleid – kein Problem. Auch der passende Schmuck liesse sich kreieren und gleich herstellen. Kreationen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit niemand sonst vorzeigen kann.

Wer jetzt Frauen Eitelkeit unterstellt, liegt aber falsch. Denn eine treibende Kraft des 3D-Drucks sind männliche Kunden, vorzugsweise aus dem arabischen Raum, die sich die Interieurs ihrer Fahrzeuge gerne nach eigenem Gusto gestalten lassen. Ein Service, den etwa Bentley seiner Kundschaft anbietet. Aber auch abseits der individuellen Fertigung wird das Additive Manufacturing industriell eingesetzt, was dann Production Printing genannt wird. Flugzeugbauer wie Boeing setzen dieses Verfahren ein, um Bauteile für ihre Flugzeuge zu fertigen.

Gleiches gilt für Autobauer. Fimpel und Binkert warfen auch einen Blick in die Zukunft. So ergäbe sich für die Industrie etwa die Möglichkeit Lager für Ersatzteile abzuschaffen und Bauteile im Bedarfsfall nachzuproduzieren. Etwa wenn eine Plastikabdeckung entzwei ging. Dadurch könnten Hersteller Kosten für Lager sparen. Was sie bräuchten, wäre die Information für den Druck. Diese Information kann aber auch mit anderen getauscht werden.

Auf diese Weise würde der 3D-Druck auch für Privatleute interessant. Schliesslich kosten einfache Drucker gut 1000 Franken. Damit lassen sich schon Plastikteile für Regale oder Kaffeebecher herstellen. Ideal für individuelle Geschenke, wie Binkert erklärte, der seinem in den USA lebenden Vater einen Drucker zum Geburtstag schenkte und seither Baupläne über das Web, statt Geschenke mit der Post in die Staaten schickt. Ein Beispiel, das zwar für Lacher sorgte, aber auch verdeutlichte, wohin sich die Gesellschaft durch die noch junge Technik entwickeln könnte.

Fimpel glaubt, dass Menschen dank der neuen Drucker und dem Austausch von Plänen über das Internet zunehmend autark werden. In ihrem Zukunftsszenario ist es möglich, dass Menschen, die es seit Jahrtausenden in die Städte zum Warenaustausch zog, wieder wegziehen werden. Eine dezentralisierte Gesellschaft dank 3D-Druck. Abgerundet wurde das Referat durch Manfred Schmid von Inspire, einem Dienstleister, der im Auftrag der ETH Additive Manufacturing durchführt. Er holte die Zuschauer in die Realität zurück und dozierte über heute bestehende Verfahren, Normierungen und die Grenzen des Additive Manufacturing. Trotz der Ernüchterung am Ende des Vortrags spendeten die Besucher tosenden Applaus. Ein Beleg dafür, wie sehr das Thema momentan die Menschen begeistert. Auch in den Pausen war der Stand der Jungunternehmen von 3D-Model belagert von fragenden Besuchern.

Cloud, Sicherheit und Gedächtnistraining

Die anschliessenden Tracks fokussierten dann wieder auf die Netzwerktechnik. Von IPv6 über Gebäudevernetzung bis hin zur Cloud gab es einiges zu erfahren. Besonders beliebt waren die Vorträge zum Thema Sicherheit. In einem Land in dem über 90 Prozent der Unternehmen KMUs sind, bot das Referat "Industrie-Spionage bei KMU" eine gewisse Brisanz. Ausserdem wurde mit einem Life-Hacking den Zuschauern vor Augen geführt, wie einfach es sein kann, ausspioniert zu werden.

Doch auch andere Themen wie die Cloud boten Stoff für spannende Vorträge. Wie etwa das Referat von Stephan Tanner, CTO beim Dienstleister MTF, der über die Chancen und Stolperfallen beim Cloud Computing sprach. So sei es etwa für Kunden wichtig, vor Vertragsabschluss zu evaluieren, welche Daten überhaupt in die Cloud sollen oder dürfen. Ausserdem betonte er, das Kleingedruckte genau zu lesen. Denn sollte es zu einem Providerwechsel kommen, könne das böse Erwachen erfolgen. Dann stellen sich Fragen wie: Wo liegen meine Daten genau? Oder: Wie kann ich meine Daten zu einem anderen Anbieter migrieren?

Beim Thema Cloud und Datenschutz sieht er den Gesetzgeber in der Pflicht: "Die Politik ist hier enorm gefordert und ich glaube derzeit überfordert", fasste er die Situation aus seiner Sicht zusammen.

Zurückhaltend gab sich Tanner auch beim Thema Kosteneinsparung: "Es ist falsch zu sagen, die Cloud wäre billiger." Wichtig sei daher, dass sich Unternehmen, die sich mit dem Thema Cloud beschäftigen ein detailiertes Pflichtenheft erstellen, um auch tatsächlich von den Vorteilen der Cloud profitieren zu können. Für Dienstleister sei zudem wichtig, den Kunden auch messbare Qualitätsmerkmale zu bieten. Auf diese Weise könne ein Anwender auch die Vorteile der Cloud nachvollziehen. Für den Anbieter hingegen ergeben sich neue Chancen, den Service zu verbessern. Er könnte etwa Lastspitzen vom SAP aufzeichnen und dem Kunden Möglichkeiten aufzeigen, diese zu vermeiden.

Neue Produkte angekündigt

Zum Abschluss an Tanners Vortrag ging Frank Studerus auf neue WLAN-Produkte ein, mit denen eine stabile und breite Verbindung zur Cloud hergestellt werden kann. Hierzu zählt der VDSL-Port SBG 3500, der zusätzlich auch einen Fibre-Port mitbringt. Das Gerät soll Anfang kommenden Jahres auf den Markt kommen. Eine andere Möglichkeit für den Datenaustausch bietet der SBG 3600, der zusätzlich über einen SIM-Karten-Slot und LTE-Empfang verfügt.

Bei soviel Information wurde es Zeit für den Lunch, bei dem die Teilnehmer über die Referate diskutierten. Um danach nicht einzunicken, lockerte Gedächtnistrainer André Huber mit Leibesübungen und Witz den Nachmittag auf, bevor es wieder mit technischen Themen wie Passwörter, BYOD und LTE weiter ging.

Erstmals fand eine Podiumsdiskussion zum Thema IT-Sicherheit statt, an der auch ein Vertreter der Kantonspolizei teilnahm. Für Frank Studerus ein Highlight, über das er sich besonders freute.

Tefo zieht um

Nächstes Jahr muss das Tefo übrigens umziehen, sagte Frank Studerus. Das World Trade Center werde im März nächsten Jahres seine Tore als Konferenzort schliessen. Wo das Tefo dann stattfinden wird weiss Frank Studerus noch nicht. Aber die Räumlichkeiten sollten ähnlich sein. Denn trotz des Besucheransturms will er den Event nicht in grössere Dimensionen überführen. Sein Team und er könnten 400 Besuchern eine gute Event-Qualität bieten. Das sei wichtiger.

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