Protestbrief an Simonetta Sommaruga

Bund plant Überwachung des Internetverkehrs

Uhr | Aktualisiert

Justizministerin Simonetta Sommaruga plant eine Überwachung des Internetverkehrs von Privatpersonen. Online-Anbieter sollen dies für den Bund übernehmen. Die Branche wehrt sich.

Simonetta Sommaruga (Quelle: Wikipedia)
Simonetta Sommaruga (Quelle: Wikipedia)

Bundesrätin Simonetta Sommaruga will die Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) revidieren: Neu soll es Telecom- und Internetprovidern möglich sein, im Auftrag des Bundes Telefone abzuhören, E-Mails zu lesen und Webadressen zu überprüfen, so der Tagesanzeiger.

Kein Dialog mit ICT Switzerland

Kritiker laufen Sturm gegen die Änderung. ICT Switzerland zum Beispiel hat verkündet, keine Einladung zur Vernehmlassung über die VÜPF-Revision erhalten zu haben. Reichlich komisch, handelt es sich doch dabei immerhin um das Dach der wichtigsten Verbände und Organisationen des schweizerischen Informatik- und Telecomsektors.

"Die Verordnung weitet die Überwachung massiv aus, verliert aber kaum ein Wort zum Datenschutz", sagt Andreas Hugi, Sprecher von ICT Switzerland, im Gespräch mit dem Tagesanzeiger. "Es ist beispielsweise völlig unklar, wann der Staat das Recht hat, bei den Providern die Passwörter von Privaten anzufordern."

Als Reaktion habe die Organisation einen "scharfen Protestbrief" verfasst - gerichtet an Simonetta Sommaruga persönlich.

Verstoss gegen Grundrechte?

FDP-Nationalrat Ruedi Noser weist darauf hin, dass die Verordnung Voraussetzungen für Methoden schaffe, die in der Schweiz gesetzlich gar nicht erlaubt seien. Das Parlament habe solche Massnahmen bereits abgelehnt - mit Bezug auf verfassungsmässige Grundrechte.

Eine ablehnende Haltung sei auch vom Schweizerischen Verband der Telekommunikation (Asut) zu erwarten, so der Tagesanzeiger. Dieser sei zur Vernehmlassung eingeladen und spreche in internen Papieren von fehlenden Gesetzesgrundlagen, einem Ignorieren des Verhältnismässigkeitsprinzips und steigenden Kosten für Provider.

Wenig überraschend sprechen sich auch die Interessengruppe Digitale Gesellschaft, die Piratenpartei Schweiz und die Swiss Internet User Group gegen eine Verschärfung des VÜPF aus.