Interview mit Roland Fröhlich, Bucher Municipal

So wurde Bucher Connect zum Master of Swiss Web 2025

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Bucher Connect hat bei Best of Swiss Web 2025 abgeräumt. Roland Fröhlich, Director IoT & Digital Services Platform bei Bucher Municipal, spricht über die Hintergründe und Herausforderungen des Projekts – und darüber, was er rückblickend anders machen würde.

Roland Fröhlich, Director IoT & Digital ­Services Platform, Bucher Municipal. (Source: Jorma Mueller Photography)
Roland Fröhlich, Director IoT & Digital ­Services Platform, Bucher Municipal. (Source: Jorma Mueller Photography)

Gratulation zum Titel Master of Swiss Web 2025. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?

Roland Fröhlich: Die Auszeichnung ist eine grosse Ehre und ein Meilenstein für Bucher Municipal. Sie bestätigt unsere Rolle als Technologieführer in der Branche. Die Anerkennung durch die Expertenjury und das Publikum würdigt sowohl unsere Innovationskraft als auch den konkreten Nutzen, den Bucher Connect mit vernetzten Services und datenbasierter Entscheidungsfindung für Städte und Gemeinden schafft. Die Plattform steht für unser gemeinsames Ziel, saubere und sichere Städte möglichst nachhaltig, produktiv und kosteneffizient zu ermöglichen. Diese Wertschätzung motiviert uns, diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Ihr Projekt ist eine B2B-Plattform fürs Flotten­management von Reinigungs- und Räumungsfahrzeugen. Was hat die Plattform für Städte und Gemeinden zu bieten?

Mit Bucher Connect erhalten Städte und Gemeinden ein digitales Werkzeug zur Optimierung ihrer Reinigungs- und Räumungsflotten. Die Plattform ermöglicht die Echtzeitüberwachung des Fahrzeugzustands, sodass Wartungen proaktiv geplant und die Einsatzbereitschaft maximiert werden kann. Durch die Analyse spezifischer ­Leistungskennzahlen unterstützt Bucher Connect datenbasierte Entscheidungen zur Steigerung der Produktivität. Manuelle Datenerhebung entfällt, da alle relevanten Informationen automatisch protokolliert werden. Zudem erleichtert die Plattform die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Organisationen, da jede Partei – etwa Städte, Reinigungsbetriebe oder Fahrzeughersteller – in Echtzeit auf die für sie relevanten und freigegebenen Informationen zugreifen kann.

Die Jury der Kategorie "Technology" lobte insbesondere die ­umfassende IoT-Integration. Was gehört alles zu dieser IoT-Umgebung dazu?

Unsere IoT-Umgebung umfasst weltweit tausende vernetzte Fahrzeuge. Die Plattform verarbeitet täglich Millionen von Positions- und Leistungsdaten und stellt diese in Echtzeit bereit. Durch Edge-Processing werden die Fahrzeugdaten direkt auf dem Telematik-Gateway vorverarbeitet. So fallen pro Fahrzeug und Monat lediglich fünf bis zehn Megabyte an Übertragungsvolumen an – deutlich weniger als bei vergleichbaren Systemen. Eine leistungsstarke Timeseries-Datenbank ermöglicht performante Analysen über beliebige Zeiträume, auch bei wechselnden Besitzverhältnissen, sowie unter Berücksichtigung der jeweiligen Benutzerrollen und Zugriffsberechtigungen. Grundlage ist eine skalierbare und modulare MACH-Architektur.

Welche Herausforderungen gab es in der Entwicklungsphase?

Während der Entwicklungsphase standen wir vor technologischen und nutzerbezogenen Herausforderungen. Technologisch ging es darum, Millionen von Datenpunkten effizient zu aggregieren und zu strukturieren – unter Berücksichtigung komplexer Organisationsstrukturen, Datenbeziehungen und Zugriffsberechtigungen –, damit performante Echtzeitanalysen möglich werden. Viele unserer Anwender arbeiten zudem sehr praxisnah und sind weniger digital affin. Deshalb war es eine zentrale Herausforderung, eine Benutzeroberfläche zu gestalten, die klar strukturiert, intuitiv bedienbar und auf das Wesentliche beschränkt ist.

Wie sind Sie mit diesen Challenges umgegangen?

Die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern war entscheidend für den Erfolg. Eyekon brachte umfassende Erfahrung im Bereich User Experience ein, während Intelliact für die technische Architektur verantwortlich war. Gemeinsam führten wir Interviews mit Schlüsselkunden und definierten daraus konkrete Use-Cases und Rollenprofile. Auf dieser Basis konnten wir eine gezielte Datenlogik entwickeln und die Plattform so gestalten, dass Nutzer ausschliesslich die für sie relevanten Informationen sehen. Das verbessert Orientierung und Effizienz spürbar. Personalisierte Ansichten je Benutzerrolle sowie gezielte Call-to-Actions führen direkt zu Fahrzeugen mit Handlungsbedarf, etwa bei Fehlermeldungen oder fälligen Wartungen.

IoT-Komponenten gelten als potenzielle Einfallstore für Cyber­angriffe. Wie schützen Sie sich dagegen?

Cybersecurity ist für uns ein zentrales Thema. Wir setzen auf eine mehrschichtige Sicherheitsarchitektur: Die Kommunikation ist durch TLS verschlüsselt, ergänzt durch eine bidirektionale Authentifizierung mittels Trusted Platform Module (TPM). Wichtig ist auch, dass keine direkte Verbindung zu den Fahrzeugkomponenten besteht – die Daten werden aus dem CAN-Bus-Stream extrahiert, in einem Log zwischengespeichert und daraus an die Cloud-Plattform übertragen. Zudem verfolgen wir eine Multi-Cloud-Strategie mit einem Cloud-to-Cloud-Datenaustausch, bei dem jeweils unterschiedliche Authentifizierungsdienste zum Einsatz kommen. Damit schaffen wir eine robuste, skalierbare und möglichst sichere IoT-Infrastruktur.

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Wie viel KI steckt in Bucher Connect?

Aktuell kommt in Bucher Connect keine KI im engeren Sinne zum Einsatz. Wir setzen auf klassische Analyse­methoden in Echtzeit und prüfen parallel gezielt den Einsatz von KI in verschiedenen Initiativen. Beispielsweise erkennt das Smartsweep-System mithilfe von Computer Vision Verschmutzungen und steuert das Gebläse automatisch – erste Prototypen sind bereits im Einsatz. Auch arbeiteten wir im Rahmen eines Innosuisse-Projekts mit der EPFL an einer KI-gestützten Einsatzplanung. Das Projekt hat wertvolle Grundlagen für zukünftige Anwendungen geschaffen. Unser Anspruch ist es, KI dort einzusetzen, wo sie echten Mehrwert schafft.

Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, mit Eyekon und Intelliact zusammenzuarbeiten?

Wir wollten eine Plattform, die technologische Leistungsfähigkeit mit exzellenter Usability vereint. Eyekon überzeugte uns mit seinem Fokus auf nutzerzentriertes Design und kreativen Ansätzen für digitale Innovation. Intelliact brachte technisches Know-how, Erfahrung in moderner Systemarchitektur sowie starke Expertise in der Datenmodellierung ein. Die Kombination hat hervorragend gepasst.

Was würden Sie rückblickend anders machen?

Rückblickend hätten wir von Beginn an noch mehr interne Softwareentwicklungsressourcen in das Projekt eingebunden. Aufgrund begrenzter Verfügbarkeit war dies nur teilweise möglich, wodurch nachgelagert ein umfangreicher Know-how-Transfer zwischen externen und internen Entwicklern notwendig wurde. Inzwischen konnten wir unser internes Team weiter ausbauen und entwickeln die Plattform heute weitgehend eigenständig weiter. Intelliact und Eyekon stehen uns dabei weiterhin als erfahrene und verlässliche Partner zur Seite.

Wie geht es mit der Plattform weiter?

Bucher Connect ist weit mehr als eine IoT-Plattform – es ist unser zentrales Kundenportal und digitaler Touchpoint im After-Sales. Bereits heute erhalten unsere Kunden konkrete Handlungsempfehlungen und Reparaturanleitungen direkt über die Plattform. Künftig möchten wir die Customer Journey weiter ausbauen, etwa durch die Möglichkeit, benötigte Ersatzteile direkt in Bucher Connect zu bestellen. Die Plattform wird mit wöchentlichen Deployments kontinuierlich weiterentwickelt. Unser Backlog ist gefüllt mit Ideen, die wir gemeinsam mit unseren Kunden nach und nach umsetzen.

Wo stehen Sie auf dem Weg zur Entwicklung von selbstfahrenden Reinigungsfahrzeugen?

Bereits 2021 hatten wir autonome Kehrmaschinen in Restricted Areas in Singapur getestet. Im vergangenen Jahr stellten wir an der IFAT in München ein teilautonomes Fahrzeug mit intelligenten Fahrerassistenzsystemen vor – ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zum autonomen Fahren. Erste Fahrzeuge mit diesen Assistenzsystemen sind bereits bei Kunden im Einsatz. Die Erfahrungen aus diesen realen Anwendungen liefern wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung. Autonome Reinigungsfahrzeuge sind längst keine Zukunftsvision mehr, sondern rücken Schritt für Schritt in greifbare Nähe.

Was steht einem flächendeckenden Einsatz von solchen auto­nomen Fahrzeugen noch im Weg?

Die grössten Herausforderungen liegen derzeit in der technologischen Reife und der gesetzlichen Regulierung, die den Einsatz autonomer Reinigungsfahrzeuge bislang einschränkt. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass beide Bereiche in den kommenden Jahren entscheidende Fortschritte machen werden.

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