Robert Rudolph, Swissmem

"Die Industrie 4.0 ist eine Riesenchance für die Schweiz"

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Als einer der ersten Verbände hat sich der Schweizer Verband der Maschinen-, Elektro und Metall-Industrie, Swissmem, das Thema Industrie 4.0 auf die Fahnen geschrieben. Federführend dabei ist Robert Rudolph, Mitglied ­der Geschäftsleitung und Leiter des Dossiers Innovationen, Forschung und Technologie bei Swissmem.

Robert Rudolph,Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Dossiers Innovationen, Forschung und Technologie bei Swissmem. (Quelle: Swissmem)
Robert Rudolph,Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Dossiers Innovationen, Forschung und Technologie bei Swissmem. (Quelle: Swissmem)

Wie sind Sie auf das Thema Industrie 4.0 gekommen?

Robert Rudolph: Seit mehr als zwei Jahren verfolge ich das Thema Industrie 4.0 intensiv. Als Leiter des Bereichs Innovation ist es meine Aufgabe, unsere Mitglieder über wichtige Technologiethemen zu informieren. Wenn man an der Hannovermesse und im Branchenumfeld die Ohren offen hält, dann kommt man am Thema eigentlich nicht vorbei, insbesondere da es in Deutschland sehr präsent ist. Industrie 4.0 wird sehr stark durch unseren deutschen Schwesterverband VDMA getragen. Mit diesem tauschen wir uns regelmässig aus. Inzwischen haben auch weitere europäische Länder ähnliche Initiativen gestartet.

Warum ist das Thema für Ihre Mitgliedsunternehmen relevant?

Um international wettbewerbsfähig zu sein, müssen unsere Mitglieder einerseits effizient produzieren und andererseits innovativ sein. Beide Aspekte werden durch das Konzept Industrie 4.0 abgedeckt: Anbieter können innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln und die Anwender ihre Fertigung und Zusammenarbeit mit den Kunden und Zulieferern noch effizienter und flexibler gestalten. Damit finden eigentlich alle unsere Mitglieder Ansatzpunkte in diesem Konzept. Für die Zukunftsfähigkeit der meisten Unternehmen wird diese Initiative deshalb zentral sein.

Auf welcher Ebene sollten Unternehmen Industrie 4.0 diskutieren?

Momentan kommen meist Verantwortliche aus der Produktion oder der Entwicklung zu uns, wenn sie sich über Industrie 4.0 informieren wollen. Angesichts des übergreifenden Ansatzes und der Komplexität im Konzept muss meiner Meinung nach Industrie 4.0 aus strategischer Sicht beurteilt werden. Die Verantwortung dafür sollte in der Geschäftsleitung angesiedelt sein. Und das Thema betrifft keinesfalls nur die grösseren Unternehmen. Gerade für KMUs, die den Löwenanteil unserer Mitglieder ausmachen, ist das Thema zukunftsweisend.

Wie sind Schweizer Unternehmen auf Industrie 4.0 vorbereitet?

Die grösseren Schweizer Unternehmen setzen sich schon länger mit Industrie-4.0-Konzepten auseinander. Bei den KMUs ist das Bild hingegen sehr unterschiedlich. Es gibt einzelne Unternehmen, die sich sehr agil in die Richtung entwickeln. Dabei entwickelten einige Unternehmen Industrie-4.0-Ansätze, ohne den Begriff überhaupt zu kennen. Der Begriff Industrie 4.0 ist daher an sich nicht wichtig. Er soll einen Rahmen bilden, um die Veränderungen in der Industrie zu beschreiben und zu kommunizieren. Zentral ist, dass Schweizer Unternehmen vorbereitet sind und sich für die Zukunft aufstellen.

Und die restlichen KMU?

Eine grosse Zahl von Schweizer KMU haben das Thema noch kaum entdeckt. Es gibt verschiedene Gründe dafür. Sie bewegen sich in einer Nische, in der der Anpassungsdruck nicht so gross ist, sie sehen sich nicht als Innovationsführer oder sie sind beschränkt bei den finanziellen und personellen Ressourcen.

Aber gerade wegen der begrenzten Ressourcen könnten KMU doch besonders stark von Industrie 4.0 profitieren.

Genau so ist es. Wir versuchen einige KMU als Leuchttürme einzusetzen. Sie sollen mit Erfolgsgeschichten zeigen, was bereits jetzt möglich ist. Dies geht von der Anwendung von Effizienzmethoden in der Produktion bis zur Einbeziehung und Abstimmung mit den Kunden und Lieferanten. Im Grunde geht es um die Umgestaltung von Prozessen, welche mit neuen Technologien hervorragend unterstützt werden können. Dies kann in einem globalen Beschaffungsprozess, aber auch in der Auftragsabwicklung eines KMU sein. 

Würden Sie die Veränderungen hin zur Industrie 4.0 daher eher als Chance oder Gefahr sehen?

Ganz eindeutig ist die Industrie 4.0 eine Riesenchance für die Schweizer Industrie. Die jetzige Entwicklung spielt der Schweiz in die Karten, da die Industrie in der Schweiz einen hohen Stellenwert hat. Im internationalen Vergleich hat die Schweiz einen der höchsten Industrieanteile am BIP. Wir müssen diesen Anteil halten. Zusätzlich ist die industrielle Fertigung aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits hoch entwickelt. Dadurch starten wir von einem sehr hohen Niveau in die vierte Revolution, die Welt der cyber-physischen Systeme und können damit ein stärkeres Momentum für die künftigen Veränderungen entwickeln. Allein durch unsere hohe Produktivität, die Innovationsfähigkeit und die hervorragende Fachkräfteausbildung haben wir gegenüber den Mitbewerbern aus Asien oder den USA einen Vorteil. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Unternehmen in den Schweiz bei Industrie 4.0 von Anfang an vorn mit dabei sind. Um dies sicherzustellen, engagieren wir uns aktiv als Verband.

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