Dossier Internet-Domains

Der Schweizer Domain-Namen-Markt

Uhr | Aktualisiert
von Wolfram Schmidt

Als Switch 1987 mit den ersten Domain-Namen-Registrierungen begann, ahnte noch niemand, welche rasante ­Entwicklung das Internet nehmen würde. Was hat sich seit dieser Zeit, in den Boom-Jahren des Internets bis hin zur Gegenwart getan? Und wie sehen die Zukunftstrends aus?

Erstmals ins Domain-Name-System (DNS) eingetragen wurde die Top-Level-Domain ".ch" 1987 durch Jon Postel, den Begründer der Internet Assigned Numbers Authority (IANA). Dies geschah auf Antrag von Professor Bernhard Plattner, er war Dozent an der ETH Zürich und Interim-Geschäftsführer von Switch, das fortan den Auftrag für die Verwaltung der Domain-Namen erhielt.

1987 bis 1995: Domain-Name-System und World Wide Web

Während Cern.ch und Switch.ch als die ersten beiden .ch-Domain-Namen überhaupt in die Geschichte eingingen, war das allgemeine Interesse anfangs nur gering – schliesslich befand sich das Internet noch in der Pionierphase. In erster Linie waren es akademische Organisationen und wenige grosse Firmen, die Zugang zum Internet und daher auch Verwendung für Domain-Namen hatten. Eingesetzt wurden diese vorwiegend für E-Mail – damals wie heute der wichtigste Dienst im Internet.

Um einen Domain-Namen beantragen zu können, genügte es, das ausgefüllte Antragsformular per E-Mail, Fax oder Brief einzureichen. Die Registrierung war kostenlos. Die Richtlinien für die Namenswahl hingegen waren nicht so liberal wie heute. So durfte pro Firma oder Organisation nur ein Domain-Name registriert werden, der dem Firmennamen möglichst ähnlich sein sollte. Einzelpersonen waren als Halter generell nicht vorgesehen – man konnte sich damals schlicht nicht vorstellen, was eine Privatperson mit einem solchen Namen anfangen sollte. Das änderte sich allmählich ab 1991, als die erste Website der Welt online ging. Da Timothy Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, Forscher am Cern in Genf war, hiess die URL des ersten Webservers http://info.cern.ch». Tim Berners-Lee verband das Konzept des Hypertexts mit den Technologien des Internets (DNS und TCP/IP) zum Internetdienst WWW. 1993 erschien dann ein neuer Webbrowser namens Mosaic, der neben Text auch Grafiken direkt darstellen konnte. Beide Entwicklungen – das WWW und die ersten grafikfähigen, kostenlosen Webbrowser – verhalfen dem Internet zum Durchbruch im kommerziellen und privaten Bereich. Es begann, sich über den akademischen Nutzerkreis hinaus zu verbreiten, und fand immer mehr Anwender. Auch das Interesse an Domain-Namen und somit die Zahl der Registrierungsanträge nahmen zu. Daher beschloss Switch, die Registrierung von Domain-Namen neu zu organisieren: als separate, kostenpflichtige Dienstleistung. Die Anzahl der Domain-Namen Ende 1995: 1472

1996 bis 2000: Internet-Boom beschert exponentielles Domain-Namen-Wachstum

Mit einer eigenen Website und einem Onlineformular ging die Registrierungsstelle Switch Anfang 1996 an den Start. In einem Dokument wurden die Richtlinien für die Registrierung von Domain-Namen neu formuliert, die Vergabe liberalisiert. Firmen und Private konnten eine beliebige Anzahl von Domain-Namen registrieren und die Beschränkung auf den Firmennamen fiel weg. Es galt das Prinzip «first come, first served»: Wer zuerst den Antrag stellt, bekommt seinen gewünschten Namen. Von nun an trug der Antragsteller beziehungsweise Halter auch die Verantwortung für die korrekte Verwendung des von ihm registrierten Domain-Namens. Diese Grundsätze gelten noch heute. Um den Aufwand von Switch zu decken, wurden neu Eintragungs- und jährliche Abonnementsgebühren erhoben.

Das Internet verbreitete sich rasant weiter und wurde immer wichtiger für die Wirtschaft. Zunächst Medium für Information und Werbung wurde es jetzt zunehmend eingesetzt, um mit Kunden kommunizieren und vor allem, um Geschäfte direkt via Internet abwickeln zu können. Entsprechend Bedeutung gewann der eigene Domain-Name. Und wer selbst noch nicht bereit war für eine Präsenz im Internet, für den galt es zumindest zu verhindern, dass andere den gewünschten Namen benutzten.

Die Anzahl der Domain-Namen wuchs exponentiell. Im Jahre 1999 wurde eine Registrierungsapplikation mit automatisierten Prozessen entwickelt und aufgeschaltet, die ein weiteres Wachstum bewältigen konnte. Jeder Benutzer erhielt eine User-ID samt Passwort, die es ihm erlaubte, gewisse Verwaltungsauf­gaben online selbst zu erledigen. Um den zunehmenden Sicherheitsanforderungen genügen zu können, musste der Halter eines Domain-Namens bestimmte Aktionen per E-Mail oder Fax bestätigen. Und endlich waren auch die Daten der Domain-Namen und der Kunden in einer richtigen Datenbank gespeichert. Bis dato hatte man alle Domain-Namen-Einträge in einem nichtstrukturierten File abgelegt, der sogenannten «Whois-Database».
Die Anzahl der Domain-Namen Ende 2000: 342347

2001 bis 2010: Stetiges Wachstum und Regulierung

Die folgenden Jahre waren geprägt von Anpassungen an veränderte Rechtsgrund­lagen für die Registrierungstätigkeit sowie von der Erweiterung der Dienstleistungen. Es ist eine häufig gestellte Frage, warum gerade Switch die Domain-Namen in der Schweiz registriert. Alles hatte mit der Delegation durch Jon Postel beziehungsweise IANA (Internet Assigned Numbers Authority) begonnen – darüber hinaus war die Vergabe nicht geregelt. Im Jahre 2002 erklärte das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Registrierung von Domain-Namen zur Bundesaufgabe. In der entsprechenden Verordnung und den dazugehörigen Vorschriften übernahm das Bakom weitgehend die bisherige Praxis von Switch, da sich diese bewährt hatte. Mit einem Vertrag wurde die Registrierungstätigkeit an Switch delegiert. Seit Ende 2003 haben Grosskunden und Internet-Service-Provider die Möglichkeit, Partner von Switch zu werden. Ein Partner kann für seine Kunden Domain-Namen registrieren und verwalten, ohne dass Switch dem Kunden gegenüber in Erscheinung tritt. Grosse Aufmerksamkeit in den Medien erregte im März 2004 die Einführung von IDNs, Internationalized Domain Names. Das sind Domain-Namen, die Nicht-ASCII-Zeichen wie zum Beispiel Umlaute und Akzente enthalten. Solche Zeichen waren bis dahin aus technischen Gründen nicht zulässig.

Durch die enorme wirtschaftliche Bedeutung, die Domain-Namen inzwischen erlangt hatten, kam es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen um das Recht auf bestimmte Namen. Dies führte 2004 zur Einführung eines Streitbeilegungsdienstes, der es ermöglicht, Streitigkeiten um Domain-Namen aussergerichtlich zu lösen. Der Dienst wird bis heute von der WIPO (World Intellectual Property Organization) in Genf betrieben.

Als eine weitere Neuerung im deutschsprachigen Raum führte Switch Ende 2007 Domain-Namen mit höchster Sicherheit ein. Das neue Produkt Switchguard bietet dem Halter eines Domain-Namens seither grösstmöglichen Schutz vor unbeabsichtigten Mutationen: durch Zuzug von bis zu fünf Vertrauenspersonen und eine zusätzliche Überprüfung nach dem Vier- oder Mehr-Augen-Prinzip. Änderungen an einem Switchguard-Domain-Namen sind nur möglich, wenn mindestens die Hälfte der vorher bestimmten Vertrauenspersonen zustimmt.

Erweiterung des Domain-Name-Systems als technische Sicherheitsmassnahme

Als eine der ersten Registrierungsstellen führte Switch 2010 DNSSEC ein. DNSSEC ist eine Erweiterung des Domain-Namen-Systems, die die Manipulation von DNS-Abfragen verhindert. Durch technische Massnahmen kann der anfragende Internetbrowser erkennen, ob die Antwort auf die Anfrage nach einer Internetadresse im DNS tatsächlich von jenem Server kommt, der bei Switch als zuständig eingetragen ist. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Antwort beim «Transport» über das Internet nicht verändert wurde. Vereinfacht gesagt: DNSSEC ist eine Art Versicherung, die dem Internetbenutzer garantiert, dass nur diejenige Website angezeigt wird, die er aufrufen will. Diese Garantie wird mittels kryptografischer Unterschriften gewährleistet.
Die Anzahl der Domain-Namen Ende September 2010: 1487223

Der persönliche Internetauftritt ist und bleibt wichtig

Die Wachstumsrate von .ch-Domain-Namen liegt mittlerweile bei zirka zehn Prozent pro Jahr, obwohl die meisten Unternehmen längst einen eigenen Domain-Namen registriert haben und soziale Netzwerke wie «Facebook» und «Xing» jeder Privatperson die Möglichkeit geben, sich kostenlos online zu präsentieren. Das zeigt, dass der eigene Internetauftritt immer noch von grosser Bedeutung ist, da er unabhängig von den Anbietern von sozialen Netzwerken ist und alle Inhalte darauf vom Eigentümer kontrolliert werden können. Den Kunden ist offensichtlich wichtig, dass sich der eigene Internetauftritt in einer sicheren und werbefreien Umgebung befindet und nach dem Geschmack des Eigentümers jederzeit im gewünschten Design gestaltet und mit allen benötigten Funktionalitäten ausgestattet werden kann.

Mit zunehmender Bedeutung des Internets für alle Dinge im Alltag werden Domain-Namen auch für Unternehmen immer wichtiger und wertvoller. Um sich vor Missbrauch, Markenrechtsverletzungen und Fälschungen des eigenen Namens im Internet zu schützen, registrieren viele Firmen zusätzlich auch «Vertipper-Domains» oder ähnlich lautende Domain-Namen.

Ein weiterer Trend: Domain-Namen, die nur vorübergehend für ein spezifisches Projekt oder eine Idee genutzt werden. Dadurch, dass das Erstellen einer Website einfacher und kostengünstiger geworden ist, lohnt es sich, auch nur für ein halbes Jahr eine Internetpräsenz aufzuschalten. Auf ein Jahr begrenzt genutzte Domain-Namen machen inzwischen bereits zwanzig Prozent aller Neuregistrierungen aus. Interessant ist auch, dass die Anzahl der Neuregistrierungen nicht mit dem Wirtschaftswachstum korreliert – auch in Krisenzeiten nimmt die Domain-Namen-Registrierung nicht ab. Hintergrund ist wahrscheinlich, dass das Medium Internet ein günstiger Vertriebs- und Marketingkanal ist, um die Kunden zu erreichen.

Bewerbungen um neue Top-Level-Domains häufen sich

Da bei den etablierten Top-Level-Domains wie .com, .net und bei den länderspezifischen Domains .de und .ch, bereits sehr viele Domain-Namen vergeben sind, versuchen verschiedene Initiativen, regionale oder spezifische Top-Level-Domains wie .zurich oder .auto neu einzuführen. Die zuständige Vergabestelle ICANN (The Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) hat schon hunderte von Bewerbungen dazu erhalten. 2011 wird voraussichtlich darüber entschieden, wie und wann solche Top-Level-Domains zugelassen werden.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Domain-Namen in den nächsten zehn Jahren weiterhin stetig steigen wird. Weltweit sind es heute bereits weit über 200 Millionen.

Tags