Smarthome

Praxisleitfaden – vernetzt leben im digitalisierten, intelligenten Zuhause

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von Hans Schuppli, Mitglied der Asut-Fachgruppe Communication Infrastructures, Geschäftsführer und Inhaber von Avicor Services AG in Baar

Steigende Bedürfnisse nach Komfort, Energieeffizienz, Sicherheit, Erweiterbarkeit und Steuerung per Smartphone können mit den herkömmlichen Installationstechniken nicht mehr gelöst werden. Alles, was im Haus mit Entertainment, ­Kommunikation oder Haussteuerung zu tun hat, wächst zusammen. Smartphones und Tablets werden neben den Schaltern zunehmend zum umfassenden Schaltpult in Wohnung und Gebäude.

Hans Schuppli, Mitglied der Asut-Fachgruppe Communication Infrastructures, Geschäftsführer und Inhaber von Avicor Services AG in Baar
Hans Schuppli, Mitglied der Asut-Fachgruppe Communication Infrastructures, Geschäftsführer und Inhaber von Avicor Services AG in Baar

Die Lösung heisst Smarthome. Die Bedeutung von Smart­home mit umfassender Vernetzung aller elektrischen Systeme im Haus und Zugang zu Internetdiensten von jedem Ort und zu jeder Zeit nimmt stetig zu. In den letzten fünf Jahren hat sich das umgesetzte Smarthome-Volumen in der Schweiz in etwa verdoppelt.

Die Frage stellt sich, wo sich Interessierte einen Überblick über die sich stetig vergrössernde Anzahl an Produkten und Technologien beschaffen können. Der Asut-Praxisleitfaden «Smarthome», der Ende 2018 veröffentlicht wird, stellt dafür eine allgemeine unverbindliche Empfehlung dar.

Hilfsmittel für den Praktiker

Der Praxisleitfaden ist ein Grundlagendokument und Hilfsmittel für alle am Thema «Smarthome» Interessierten. Im Praxisleitfaden werden die wichtigen Fragen beantwortet, die sich bezüglich der Anforderungen an die Kommunikationsinfrastrukturen – unter Berücksichtigung der wichtigen Aspekte wie Funktionalität, Komfort, Energieeffizienz und Sicherheit – stellen.

Der Leitfaden soll Bauherren, Eigentümern, Architekten und dem Elektrofachpersonal bereits während der Planungsphase als Entscheidungshilfe bei der Wahl der passenden ICT-Infrastruktur für ein zukunftsgerichtetes intelligentes und vernetztes Eigenheim dienen. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Praxisleitfadens liegen auf folgenden Themen:

Kommunikationsinfrastruktur des Smarthomes

Für die Steuerung des Smarthomes sind folgende Ebenen der Kommunikationsinfrastruktur zu berücksichtigen:

  • Die Vernetzung erfolgt über Kabel (sternförmiges Home Cabling, min. Cat. 6), (Mobil-)Funk (z. B. 5G, LoraWAN, Wi-Fi/WLAN) oder Powerline (über 230V-Netz).

  • IP-Netzwerk für World Wide Web, Cloud, Telefonie, Gesundheitsservices, Entertainment, Sicherheits­services, Smart Metering.

  • Bussystem zur Kommunikation zwischen Aktoren und Sensoren.

Es gibt eine grosse, wachsende Anzahl von Bussystemen. Man unterscheidet dabei zwischen:

  • Offenen Systemen: Diese basieren auf einem internationalen Standard und erlauben verschiedensten Produkten unterschiedlicher Hersteller, miteinander zu kommunizieren. Jeder Hersteller hält sich an den definierten Standard, beispielsweise KNX, LON, CAN, Enocean oder Zigbee.

  • Proprietären Systemen: Damit sind herstellerspezifische Bussysteme typischerweise eines einzigen Herstellers gemeint, etwa Freeathome/ABB, Innoxel/Zidatech, Loxone, Twiline/Wahli, Myhome/Legrand, Digitalstrom, Esmart etc.

Heute wird im Neubaubereich die Kommunikation und Vernetzung meist über Kabel sichergestellt. Im Umbau­bereich kommen hingegen meistens Funk- und Powerline-Technologien zur Anwendung. Durch die rasante Zu­nahme von miteinander vernetzten Dingen, Systemen, Geräten und Sensoren ist damit zu rechnen, dass künftig in beiden Bereichen vermehrt drahtlose Lösungen (5G, Lora-WAN etc.) für die Kommunikation zum Einsatz ­kommen.

Projektorganisation

Während der Projekt- und der Betriebsphase sind verschieden Fachverantwortliche für die unterschiedlichen Arbeiten zuständig. Nach erfolgter Abnahme wird das Werk dem Betreiber übergeben. In der Nutzungsphase übernimmt der Bewohner des Smarthomes die Rolle des Betreibers. Im Falle einer Systemerweiterung oder beim Auftreten von Problemen, die der Betreiber nicht selbst erledigen kann, wendet er sich an den zuständigen Supporter.

Systemschnittstellen

Mit einem Bussystem werden die einzelnen Anlagenteile, die sogenannten Gewerke wie Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung, Beschattung, Multimedia, Alarmanlage usw., gemeinsam («integral») miteinander verbunden. In der Planung ist abzuklären, ob das vorgesehene Bussystem von allen Gewerken unterstützt wird. Sollte dies nicht möglich sein, kann mittels eines Gateways oder einer passiven Schnittstelle über Relaisausgänge eine Verbindung erstellt werden.

Dieser Beitrag erschien in der Netzwoche Nummer 18/2018. Alle Inhalte des Hefts finden Sie hier.

Wichtige Fragen für die Realisierung

Bedienung

Damit ein Smarthome-System von Benutzern oder den Bewohnern eines Hauses akzeptiert wird, muss es einfach und intuitiv bedient werden können. Benutzerfreundlichkeit ist der wichtigste Aspekt, wenn man über die Bedienung eines Smarthomes diskutiert. Die Bedienung eines Smarthomes ist dann benutzerfreundlich, wenn sich ein Nutzer ohne grosse Erklärungen oder Anleitungen mit der Steuerung und Abfrage seines Smarthome-Systems zurechtfindet. Alle Funktionen müssen einfach gefunden und intuitiv bedient werden können. Für die Bedienung und Steuerung aller wichtigen Funktionen gibt es verschiedene Möglichkeiten, direkt vor Ort oder per Remote-Zugriff von überall auf der Welt (Taster, Schalter, Steuerung über Smart Devices, Cloud etc.).

Kosten und Unterhalt

Die Zusatzkosten, die bei einem Smarthome für die Steuerung von Licht und Storen, sowie Heizung, einfache Visualisierung, inklusive Material und Arbeit, anfallen, betragen, ohne Leuchten, zwischen 1 bis 3 Prozent des Objektpreises ohne Landanteil. Es handelt sich dabei um einen Richtwert – je nach Ausbaustandard und Objekt können die Kosten stark abweichen. Es ist zu beachten, dass mit einer Smarthome-Installation die Funktionen einer herkömmlichen Installation nicht eins zu eins ersetzt wird, sondern dass immer zusätzliche Funktionen enthalten sind. Im Weiteren stellt eine Smarthome-Installation einen Investitionsschutz für die Zukunft jüngerer Generationen dar.

Wie steht es um die Zukunftssicherheit der Systeme?

Die Lebensdauer der Immobilie übersteigt die Lebensdauer eines Smarthome-Systems. Während beispielsweise ein klassischer Lichtschalter oder eine Steckdose auch nach 40 Jahren noch problemlos funktionieren, ist davon auszugehen, dass ein Smarthome-System nach 10 bis 20 Jahren sein Lebensende erreicht hat. Neben dem Ausfall elektronischer Komponenten wird sich auch das technologische Umfeld so stark verändert haben, dass das System veraltet sein wird.

Die Zukunftssicherheit der Smarthome-Systeme ist eine der grössten Herausforderungen. Es gibt viele unterschiedliche Systeme und nur wenige Standards haben sich etabliert. Professionelle Lösungen bieten generell eine höhere Zukunftssicherheit, da sie auf eine lange Lebensdauer ausgelegt sind. Do-it-yourself-Lösungen hingegen sind auf den Lebenszyklus von Heimelektronik ausgelegt (5 Jahre). Kurzfristig höhere Kosten und eine aufwändigere Umsetzung dürften sich langfristig aber sicher aus­zahlen.

Sicherheit

Durch die intelligente Vernetzung von Geräten und Dingen bietet das Smarthome unter anderem mehr Komfort im Alltag, führt zu Einsparungen bei den Energiekosten oder zur Wertsteigerung einer Immobilie. Dadurch sind immer mehr IoT-Geräte über das Internet angeschlossen oder über die Cloud zugänglich. Ausser der physischen Sicherheit sind daher bei der Umsetzung auch die wichtigen Themen wie Zugriffsicherheit, Datensicherheit, Datenschutz und Betriebssicherheit zu berücksichtigen.

Der Leitfaden wurde mit weiteren Tipps und Tricks ergänzt und verweist auf bestehende Fachliteratur. Er wurde von der Fachgruppe Communication Infrastructures der Asut erstellt, in der Experten aus der Kommunikations- und Installationsbranche sowie Vertreter aus Industrie-, Forschung und Hochschulen mitarbeiten. Der Leitfaden wird noch im vierten Quartal 2018 auf der Asut-Website verfügbar sein: www.asut.ch

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