Für langfristige Investitionen

Die Welt rund ums Applikationsportfolio

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von Andrea Sommer, MSc Biostatistik, Beraterin bei Indema und Andreas Leonhard, MBA, Partner Geschäftsbereich Public bei Indema

Das Applikationsportfolio kann als eine detaillierte Inventur von allen Softwarepaketen und Cloud-Services mit allen relevanten Metadaten wie Version, technische Installationsdetails oder Verantwortlichkeiten verstanden werden. Der Nutzen des Applikationsportfolios entsteht in dessen Gebrauch als Informationsplattform und Übersicht über die aktiven Anwendungen und deren Metadaten in einem Unternehmen.

Das detaillierte und strukturierte Wissen über das Applikationsportfolio ist einerseits nötig, um langfristige Investitionen zu planen. Aber auch für kurzfristige Handlungsmöglichkeiten ist es relevant, alle Metadaten der Applikationen griffbereit zu haben. So können zum Beispiel plötzlich auftretende Sicherheitslücken in Drittprogrammen schnell behandelt werden. Durch die bekannten Abhängigkeiten ist klar, welche Applikationen und entsprechenden Endgeräte davon betroffen sind und welche Personen mögliche Alternativen testen können.

Doch viele Unternehmen und Verwaltungen scheitern bei der Erstellung und dem sinnvollen Aufrechterhalten eines Applikationsportfolios. Die Pflege ist aufwändig. Der Nutzen, der den Aufwand rechtfertigen würde, ist für viele Beteiligte unbekannt. Stets kommen neue Informationen und Anforderungen dazu, die nachträglich mühsam eingepflegt werden müssen. Das Vorhaben scheint teuer, rein für Strategiefragen ausgelegt zu sein und somit keinen direkten Mehrwert zu bieten.

Wichtige Rolle für Organisation und Strategie

Viele Unternehmen richten die Entwicklung ihrer Informationstechnik an einer formulierten IT-Strategie aus, womit die grundlegende Stossrichtung für die Entwicklung der Applikationslandschaft und IT-Infrastruktur vorgegeben wird. Mittlerweile ist es auch selbstverständlich, dass die öffentlichen Verwaltungen über eine solche IT-Strategie verfügen und ihre Aktivitäten daran ausrichten. Doch das Vorhandensein einer guten IT-Strategie alleine ist noch kein Erfolgsgarant für eine zielorientierte und zukunftsgerichtete Organisationsinformatik. Um die Umsetzung der Strategie gewinnbringend voranzutreiben, sollte diese eng mit dem Projektportfolio wie auch mit dem Ressourcen- und Applikationsportfolio verknüpft sein. So definiert die IT-Strategie unter anderem, wie das Applikationsportfolio in die gewünschte Richtung weiterentwickelt werden soll. Über das Projektportfoliomanagement werden die entsprechenden Projekte priorisiert. Der genutzte Bottom-up-Prozess, bei dem Projektideen oder laufende Projekte nachträglich und oft etwas fadenscheinig an den wichtigen Strategien ausgerichtet werden, ist hingegen kein umfassender und nachhaltiger Ansatz zur Umsetzung einer Strategie.

Integration als Schlüssel

Ein gut integriertes Applikationsportfolio erbringt einen Nutzen als Informationsquelle und Arbeitsunterstützung, das den Aufwand für die Erstellung und Pflege rechtfertigt. Eine gute Integration umfasst sowohl die technische Komponente wie auch die prozessuale. Die prozessuale Seite stellt sicher, dass der Benutzer gerne, effizient, einfach, geregelt und, wo immer möglich, automatisiert die Informationen pflegt und direkten Nutzen ziehen kann von den gepflegten Daten seiner Kollegen.

Im folgenden Abschnitt werden wir die wichtigsten Aspekte für eine gute Integration beleuchten. Die Punkte sind aufgeteilt in technische und prozessuale Aspekte. Die technischen Aspekte dienen als Grundlage für die prozessuale Integration. Oftmals lohnt es sich, nur die technischen Punkte umzusetzen, wenn auch die Idee und der Wille für die prozessuale Einbettung vorhanden ist. Oftmals sind die technischen Möglichkeiten aber nicht bekannt oder werden als sehr aufwändig bezeichnet. Gemäss unseren Erfahrungen lohnen sich die folgenden Schnittstellen jedoch immer.

Zusammenspiel und Abhängigkeit von Strategie-, Projekt- und Ressourcen- / Applikationsportfolio. (Source: Indema)

Technische Integrationsmöglichkeiten

Die Verknüpfung vom Applikationsportfolio zum System Center Configuration Manager (SCCM) ist wertvoll, da darüber die Anzahl von Installationen einer besagten Applikation automatisiert abgerufen werden kann. Doch nicht nur die Anzahl, sondern auch die einzelnen Geräte können damit identifiziert werden. Somit wird auch deutlich, dass das Lizenzmanagement sehr nahe und entsprechend zentralisiert beim Applikationsportfolio liegen sollte. Die Lizenzierungsthematik kann durch automatisierte Unterstützung vereinfacht werden. Unter- oder Überlizenzierungen werden zukünftig nicht mehr vorkommen, wodurch unnötige Kosten wegfallen.

Die Anbindung des IT-Service-Katalogs an dieses Gespann von "Applikationsportfolio – Lizenzmanagement – SCCM" ist ebenfalls evident. Funktioniert die Vernetzung, sind alle Systeme immer auf dem gleichen Informationsstand. Möchte ein Benutzer eine neue Applikation über den Selfservice-Shop im Service-Katalog installieren, kann in Echtzeit das Lizenzvolumen überprüft, dem Lizenzmodell und -volumen angepasste Berechtigungsschritte aufgerufen, Abhängigkeiten und Inkonsistenzen zu anderen Applikationen überprüft und, falls nötig, eine automatische Benachrichtigung an die Applikationsverantwortlichen versandt werden.

Dies führt uns zur nächsten technischen Integration, nämlich des Active Directory (AD). Normalerweise werden für jede Applikation entsprechende verantwortliche Personen, Test-User und supportleistende Stellen definiert. Viel zu oft treten Mitarbeitende aus, ohne alle Verantwortlichkeiten, die sie innehatten, an entsprechende Nachfolger zu übertragen. Sind jedoch die Systeme miteinander verknüpft, können automatisierte Meldungen darauf aufmerksam machen, dass Verantwortungsbereiche zu übergeben sind. So wird die Pflege einfach, und alten und inkonsistenten Daten wird vorgebeugt. Durch die Integration in den Joiner-/Leaver-Prozess ist eine Anzeige der aktuellen Verantwortlichkeiten jederzeit möglich. Veraltete Listen und Informationen, die einzeln nachgepflegt werden müssen, gehören damit der Vergangenheit an.

Durch eine weitere Verknüpfung zum Ticketing-System kann ein Monitoring der Software aus Nutzerperspektive durchgeführt werden. So kann erhoben werden, welche Nutzer welche Probleme mit einer spezifischen Applikation haben. Diese Probleme können in Zukunft vermieden oder mit einer gezielten Unterstützung verkleinert werden. Ebenfalls kann so die Wirtschaftlichkeit einer Software besser eingestuft werden. Eine Anwendung mit teuren Lizenzen und vielen, zeitaufwändigen Tickets sollte abgelöst werden. Wird eine lizenzpflichtige Anwendung durch eine Open-Source-Software abgelöst, ist dies nur wirtschaftlicher, wenn die Ticketanzahl nicht massiv gesteigert wird.

Ist der ICT-Security-Check nicht sowieso Bestandteil des Applikationsportfolios, ergibt auch diese Einbettung Sinn und spart Arbeitsaufwand. Nur Applikationen, die den ICT-Security-Status geprüft und freigegeben haben, dürfen im Applikationsportfolio, im Lizenzmanagement und im Service-Katalog freigeschaltet sein.

Zusätzlich gibt es sehr viele Daten, die als Informationen in allen Systemen relevant sind. Durch die Schnittstellen und die entsprechenden Regeln, wie und wo die Masterdaten gespeichert und aktualisiert werden, können die Daten an einem Ort gepflegt werden. Wichtig ist, dass dieser Ort und diese Regeln definiert sind, was zu den prozessualen Aspekten rund ums Applikationsportfolio führt.

Prozessuale Vernetzungsaspekte rund ums Applikationsportfolio

Die Prozesse rund ums Applikationsportfolio sollten die oben beschriebenen technischen Strukturen unterstützen und vervollständigen. Nur so kann garantiert werden, dass das Applikationsportfolio als aussagekräftige Anwendungslandschaft zu Arbeitsersparnissen und zu einer besseren Übersicht für Planung, Analyse und Entscheidungen führt. Die Methoden und Möglichkeiten für die Zusammenarbeit sind unzählig. Wichtig ist, dass diese Zusammenarbeit im Vordergrund steht. Rund ums Applikationsportfolio kommen Wissen und Informationen von fachlicher Seite, von Informatikverantwortlichen bezüglich Server, Client und Citrix, vom Lizenzmanagement, von ICT-Spezialisten, von allen Supportlevels, von den Finanzen und noch vielen mehr zusammen. All diese Stellen sollen also in die prozessuale Einbettung einbezogen werden, sodass die technischen Grundlagen über alle Bereiche optimal genutzt werden können.

Das Bedarfsmanagement, oft auch als Projektportfoliomanagement bezeichnet, ist ein wichtiger Geschäftsprozess, der vor und parallel zum Applikationsmanagement stattfinden sollte. Das Applikationsportfolio bietet eine wichtige Grundlage für das Projektportfoliomanagement. Ähnliche Applikationen können bereichsübergreifend genutzt werden, Redundanzen von Applikationen oder Quasi-Redundanzen können verhindert, die Lizenz-, Wartungs- und Supportkosten gesenkt werden.

Unter den beschriebenen Umständen ist ein Applikationsportfolio nicht nur Unterstützung und Informationsquelle für die Entscheidungsträger, es ist auch ein hilfreicher und unterstützender Bestandteil für die effiziente und vernetzte Abwicklung etlicher Arbeitsabläufe, die in jeder Verwaltung vorkommen.

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DPF8_192340