Nachgefragt

Was die Baloise mit einem Sprechroboter im Kundendienst erreichen will

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Bei Baloise nimmt im Kundenservice seit einigen Wochen ein digitaler Sprachassistent das Telefon ab – zumindest bei bestimmten Anliegen. Welche Vorteile das bringt und was die Herausforderungen bei der Implementierung waren, erklärt Beate Hofferbert-Junge, Bereichsleitung Kundenservice Nichtleben.

Beate Hofferbert-Junge, Bereichsleitung Kundenservice Nichtleben, Baloise. (Source: zVg)
Beate Hofferbert-Junge, Bereichsleitung Kundenservice Nichtleben, Baloise. (Source: zVg)

Was ist das bisherige Fazit zum digitalen Sprachassistenten?

Beate Hofferbert-Junge: Wir ziehen ein positives Fazit zum Einsatz des Sprachassistenten. Dank des Sprachassistenten gelangt der Kunde direkt zum richtigen Ansprechpartner und umgeht damit manuelle Weiterleitungen als auch die damit verbundenen Wartezeiten. So können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die inhaltliche Auskunftserteilung konzentrieren und müssen weniger weiterverbinden. Gleichzeitig wird dem Mitarbeiter das Anliegen der Kundin angezeigt, sodass er sich bereits darauf vorbereiten und gezielt weiterhelfen kann.

Weshalb wollte Baloise im Kundenservice automatisieren?

Die telefonischen Services der Baloise sind auf drei Stufen über eine Tastenwahl selektierbar, was gut etabliert ist, jedoch gewisse Limitierungen mit sich bringt. Zudem haben wir eine hohe Quote für den Service "Alles Weitere", der für gewöhnlich eine manuelle Weiterleitung verursacht, da der Kunde nicht die gewünschte Option gefunden hat. Ausserdem wollten wir Kundenanliegen durch die Sprachaufzeichnungen besser kennenlernen. Dies ermöglichte uns eine gezielte Zuteilung des Anrufs an die jeweiligen Experten, um neue Kundenbedürfnisse systematisch zu erkennen.

Was waren die grössten Herausforderungen beim Implementieren?

Der Sprachassistent musste mit ausreichend Fällen trainiert werden, um das Anliegen korrekt zu erkennen. Hierzu waren rund 30'000 Anrufe nötig. Weiter mussten wir erst an Akzeptanz der Kunden gewinnen, dem Sprachassistenten ihr Anliegen mitzuteilen. Anfangs verzeichneten wir eine hohe Auflege-Quote. Inzwischen sind die Kunden davon überzeugt und nutzen das Tool aktiv.

Wann geht ein Anruf zuerst an den Sprachassistenten?

Wir haben bislang nur zwei Services definiert, bei denen der Sprachassistent als Erstes zum Einsatz kommt. Die Auswahl "Alles Weitere" und "Fahrzeugversicherung – alles Weitere" wird automatisch vom Sprachassistenten beantwortet.

Inwiefern bemerken die Anrufenden, dass sie gerade von einem Sprachroboter bedient werden?

Die neutrale Ansage von einer registrierten Stimme bittet den Kunden, sein Anliegen aufzusprechen.

Welche konkreten Auswirkungen hatte die Lösung bisher?

Es landen gut 1000 Anrufe pro Monat weniger beim Kundenservice Nichtleben – also beim Service für Sach-, Motorfahrzeug- und Gebäudeversicherung. 85 Prozent der Anrufe werden direkt an die Experten weitergeleitet, sprich der Kunde wird weniger weiterverbunden und muss nicht zusätzlich warten.

Gab es bisher negative Reaktionen auf den Sprachassistenten?

Beschwerden haben wir im Zusammenhang mit dem Sprachassistenten so gut wie keine, was zeigt, dass unsere Kunden gut mit der Technik umgehen können, aber auch dass die Erwartung an die Funktionsweise getroffen wird.

Wie geht es bei Baloise weiter mit dem Sprachassistenten?

Wir wollen bezüglich Kundenanliegen dazulernen und diese anonymisierten Daten nutzen, um das Kundenerlebnis und gleichzeitig unsere Effizienz zu steigern sowie die Kundenservice-Mitarbeitenden von Routinearbeiten zu entlasten, damit sie sich auf die inhaltlichen Gespräche konzentrieren können. Zukünftig ist dabei auch eine Automatisierung von Prozessen mit "Selfservice"-Optionen nicht ausgeschlossen, um dem Kunden bei starker telefonischer Belastung des Kundenservice schneller die Möglichkeit zur Bearbeitung seines Anliegens anzubieten.

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