Digitalisierung in der Logistik

Das sind die wichtigsten Logistik-Trends in der Schweiz

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von Daniel Langner, Marius Staub, Institut für Supply Chain Management, Universität St. Gallen

In Logistik und Supply-Chain-Management gibt es viele Trends mit unterschiedlichen Dringlichkeiten. Die Logistikmarktstudie zeigt die aktuell zentralen Entwicklungen in der Branche und gibt Handlungsempfehlungen. Gemäss Trendradar sind digitale Plattformen, IoT und Big Data derzeit am wichtigsten.

Für die strukturierte Auseinandersetzung mit Entwicklungen im Unternehmensumfeld stellen Trendradare ein etabliertes Tool dar. Sie erlauben eine kontinuierliche Betrachtung der Marktentwicklung und ordnen diese gemäss verschiedener Kriterien ein. Um die kurz- und mittelfristig zentralen Trends in Logistik und Supply Chain Management zu untersuchen, entwickelte das Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen im Auftrag des Fachverbands GS1 Switzerland im Rahmen der Trendstudie Logistikmarkt Schweiz ein Trendradar. Im Gegensatz zu den meisten "herkömmlichen" Radaren ist dieses Trendradar dreidimensional. Neben der Relevanz und den zu erwartenden Auswirkungen ist zusätzlich die Geschwindigkeit adressiert, mit der Trends an Relevanz gewinnen.

(Source: LMS 2021)

Die Arbeiten zu den Trends in Logistik und Supply Chain Management sind methodisch breit abgestützt. Als Basis dienen Primärerhebungen mit rund 160 Schweizer Supply-Chain-Experten, Expertenworkshops, Datenbankrecherchen und Experteninterviews, allesamt mit Vertreterinnen und Vertretern renommierter Schweizer Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Dabei haben sich folgenden drei Trends als die wichtigsten unserer Zeit herauskristallisiert, die sich zusätzlich rasant weiterentwickeln und weiter an Relevanz gewinnen.

Trend 1: Digitale Plattformen

Haben Sie sich auch schon gefragt, wie Technologieunternehmen wie Uber oder Airbnb solche unglaublichen Erfolge verzeichnen können? Einer der Gründe liegt in deren plattformbasierten Geschäftsmodellen. Eine digitale Plattform kann als Intermediär in einem zweiseitigen oder mehrseitigen interorganisationalen Markt definiert werden. Sie verknüpft zwei oder mehrere unterschiedliche Gruppen von Akteuren und stellt eine offene, beschränkte oder geschlossene Infrastruktur zur Verfügung.

Digitale Plattformen dienen als Basis zum Aufbau von digitalen Ökosystemen und verbinden Akteure in der Supply Chain, wodurch die Kollaboration vereinfacht und über das gesamte Ökosystem ausgebaut werden kann. Dadurch werden Transaktionskosten gesenkt, die Abwicklungsgeschwindigkeit gesteigert und gleichzeitig Transparenz geschaffen. All diese Vorteile erreichen nun auch die Logistik und die Supply Chain. Immer mehr Player wie Sennder oder Forto etablieren sich am Markt.

Rund um den Einsatz digitaler Plattformen treten aber auch Herausforderungen auf. So verstärkt die hohe Transparenz den Preisdruck unter den Wettbewerbern und steigert gleichzeitig die Anforderungen an Sicherheit. Gerade in der Logistik tragen Plattformen zu einer grösseren Vergleichbarkeit von Angeboten bei. Dieser erhöhte Druck ist folglich ein weiteres Anzeichen, wie wichtig es in der heutigen Zeit ist, sich mit dem Potenzial digitaler Plattformen auseinanderzusetzen – denn die Konkurrenz schläft nicht. Im Schweizer Markt sind bereits anschauliche Start-ups vertreten. Eines davon ist eFreight, das mit seiner digitalen Logistikplattform, basierend auf einem Kommunikations- und Transaktions-Hub, eine sichere und papierlose Abwicklung und Überwachung von Transporten auf allen Verkehrsträgern anbietet.

Trend 2: Internet of Things

Das Internet der Dinge, Internet of Things (IoT), ist ein Begriff, der omnipräsent ist. Doch was bedeutet er? Das IoT beschreibt einen Trend zur Vernetzung physischer Gegenstände mit dem Internet und deren Integration in ein digitales Netzwerk, über das diese selbstständig kommunizieren oder Aufgaben vollständig automatisiert übernehmen können.

Wo liegen nun die spezifischen Chancen in der Nutzung dieser Technologie? Die Anwendung des IoT im privaten und industriellen Bereich ermöglicht immense Potenzialausschöpfungen hinsichtlich Energieeffizienz, Zeitersparnis und Nachhaltigkeit. Die Bedeutung einer Verbesserung dieser Grössen ist auch für den Schweizer Markt nicht zu unterschätzen. Ebenso können durch die zunehmende Vernetzung Effizienzpotenziale, Kostensenkungen und schnellere Prozesse wie die Optimierung von Abläufen mittels Indoor-Lokalisierung von Material in Warenhäusern realisiert werden.

Die Nutzung von IoT bringt auch gewissen Herausforderungen mit sich. Eine solche ist die zunehmende Konnektivität, welche die Verwundbarkeit durch potenzielle Hackerangriffe erhöht und ein überarbeitetes Konzept für die IT-Sicherheit ("Cybersecurity") bedingt. Des Weiteren ist eine hohe Verbreitung von IoT-Anwendungen massgeblich abhängig von Infrastrukturparametern, etwa dem flächendeckenden Breitbandinternet-Ausbau. In der Schweiz profitieren die Nutzer gemäss Medienberichten vom weltweit schnellsten Breitbandinternet. Der Implementierung von IoT sind also aus dieser Perspektive keine Grenzen gesetzt. Die Schweizerische Post testet beispielsweise diverse IoT-Applikationen, wie den Einsatz von Sensoren in Briefen und Paketen, um unerlaubtes Öffnen zu erfassen sowie Temperaturen zu überwachen, etwa bei Medikamentenlieferungen.

3. Trend: Big Data

Durch die rasante Ausbreitung der Sensorik, der Anbindung von Objekten und Maschinen an digitale Plattformen und den Einsatz von IoT-fähigen Geräten werden enorme Mengen verschiedenster Daten gesammelt und gespeichert. Zwar ist der Satz "Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts" weit verbreitet. Jedoch sind nicht die Daten selbst wertvoll, sondern vielmehr die aus den Daten gewonnenen Informationen. Es gilt somit, die Daten möglichst gewinnbringend zu nutzen und zu analysieren. Diesbezüglich wird immer wieder von Big Data gesprochen. Der Begriff umfasst den Prozess, grosse Datenmengen zu erfassen, zu speichern, zu durchsuchen, zu verteilen, zu analysieren und zu visualisieren.

In jedem Unternehmen werden im Rahmen digitaler Transformationen massenweise Daten generiert. Analysen grosser Datenmengen schaffen im Bereich der Logistik beispielsweise ein besseres Verständnis aller Transportprozesse zur Ableitung von Optimierungspotenzial und Effizienzsteigerungen. Echtzeit-Analysen erlauben ein dynamisches Gestalten und Managen von Prozessen vor allem für die Transport- und Routenoptimierung, Kapazitätsplanung sowie Bestands- und Lagerungsprozesse. Ebenso ermöglicht die Analyse interner und externer Daten eine vollständige Transparenz in Supply-Chain- und Logistikprozessen in Echtzeit, auch über die Schweizer Grenzen hinweg.

Noch immer gibt es jedoch Unternehmen, die das Potenzial von Big Data nicht nutzen wollen oder aufgrund unzureichender Finanzmittel, fehlender personeller Ressourcen oder fehlendem fachlichem Know-how nicht nutzen können. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen, zu denen in der Schweiz über 99 Prozent aller registrierten Unternehmen gehören, ist Big Data eine Herausforderung. Firmen wie Swisslog bieten ihren Kunden die Möglichkeit, die zunehmende Menge und Diversität von Daten zu nutzen, um Transparenz zu schaffen und Prozesse zu optimieren.

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