Wie Technologie und Politik die Cloud prägen
Die Cloud entwickelt sich rasant weiter – angetrieben von KI und neuen Technologien. Während US-Hyperscaler mit KI-Lösungen den Ton angeben, sorgen Datenschutzbedenken und Forderungen nach digitaler Souveränität für intensive Debatten.

Die Geschichte der Cloud lässt sich bis zu den frühen Grossrechnern der 1960er-Jahre zurückverfolgen. In dieser Zeit entstanden die ersten Rechenzentren, die zentrale Datenverarbeitung und Speicherressourcen bereitstellten. Seitdem haben sich diese Einrichtungen kontinuierlich weiterentwickelt und bilden die Grundlage für das heute allgegenwärtige Cloud Computing. In den vergangenen zehn Jahren hat die Cloud-Industrie weltweit ein starkes Wachstum verzeichnet, getrieben von neuen Technologien wie der künstlichen Intelligenz (KI) und dem maschinellen Lernen (ML), die immer leistungsfähigere Rechenzentren erfordern.
Prognosen für die Cloud
Laut Gartner werden sechs wesentliche Trends die Zukunft der Cloud-Adoption in den kommenden Jahren bestimmen:
- Unzufriedenheit mit der Cloud: Bis 2028 erwarten etwa 25 Prozent der Unternehmen, dass sie mit ihren Cloud-Initiativen unzufrieden sein werden – unter anderem aufgrund unklarer Strategien, fehlender Kostenkontrolle und zu hoher Erwartungen. Dies führt oft zu verstärkter Planung und Anpassung der Cloud-Nutzung.
- Steigende Nutzung von KI und ML: Bis 2029 sollen über 50 Prozent der Cloud-Ressourcen für KI-Anwendungen verwendet werden. Heute sind es weniger als 10 Prozent. Hyperscaler wie Microsoft, Google und AWS treiben diese Entwicklung massgeblich voran.
- Multi-Cloud-Strategien: Mehr als 50 Prozent der Unternehmen könnten bis 2029 nicht die gewünschten Ergebnisse mit ihren Multi-Cloud-Implementierungen erzielen, vor allem wegen Herausforderungen bei der Interoperabilität.
- Branchenspezifische Lösungen: Der Trend geht zu Cloud-Plattformen, die auf spezifische Branchen zugeschnitten sind. Bis 2029 werden über 50 Prozent der Unternehmen solche Lösungen nutzen.
- Digitale Souveränität: Angesichts der zunehmenden Bedeutung von KI, verschärfter Datenschutzgesetze und geopolitischer Spannungen wächst die Nachfrage nach souveränen Cloud-Diensten. Laut Gartner plant mehr als die Hälfte der multinationalen Unternehmen bis 2029 entsprechende Strategien.
- Nachhaltigkeit: Der Druck auf Unternehmen, die ökologischen Auswirkungen von Cloud-Technologien zu verstehen und zu steuern, nimmt zu. Bis 2029 wird mehr als die Hälfte der global tätigen Unternehmen Nachhaltigkeit bei der IT-Beschaffung priorisieren.
Wolken ziehen auf
Diese Trends sind in der Schweiz bereits spürbar. Laut PwC nutzen 59 Prozent der Unternehmen Cloud-Technologien explizit, um die Nachhaltigkeit ihrer IT-Infrastruktur zu verbessern. Doch mit der Verlagerung in die Cloud steigt gleichzeitig die Angriffsfläche. Schweizer Unternehmen betrachten cloudbezogene Bedrohungen als eines der grössten Risiken (49 Prozent) – noch vor Hack-and-Leak-Operationen (41 Prozent) oder Ransomware-Angriffen (39 Prozent), wie die PwC-Studie «2025 Global Digital Trust Insights» zeigt. Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen Besorgnis und Vorbereitung: Obwohl Unternehmen Cloud-Bedrohungen als Hauptrisiko bezeichnen, fühlen sich viele Organisationen nur ungenügend darauf vorbereitet.
Ausfällen vorbeugen
Vor diesem Hintergrund sollten Schweizer Unternehmen die vielfältigen Herausforderungen der Cloud-Security ganzheitlich betrachten. Neben technischen Schutzmassnahmen sind organisatorische Vorkehrungen ebenso entscheidend, um bei Angriffen oder Ausfällen den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Laut PwC konzentrieren sich in Schweizer Unternehmen 34 Prozent der Technologie-Verantwortlichen auf Cloud-Sicherheit (34 Prozent), 28 Prozent auf Datenschutz und Vertrauen, aber lediglich 27 Prozent auf Netzwerksicherheit und Kontinuität. Letztere verdient mehr Aufmerksamkeit. So beinhaltet eine durchdachte Kontinuitätsstrategie Redundanz, Backup-Lösungen und Notfallpläne, um bei technischen oder sicherheitsrelevanten Zwischenfällen Ausfälle zu vermeiden. Dabei sind sowohl die verfügbare Rechenkapazität als auch Notfallmigrationspläne essenziell. Unternehmen sollten daher stets Notfallpläne bereithalten, um bei Ausfällen zentrale Dienste wie E-Mail- und Fileserver weiter zu betreiben und so ihre Geschäftsprozesse nachhaltig abzusichern. Gleichzeitig spielen Datenschutz und Vertrauen eine zentrale Rolle, insbesondere in einem Umfeld, das von internationalen Gesetzen und zunehmenden geopolitischen Spannungen geprägt ist.
US-Hyperscaler und Datenzugriff
Im Kontext der Cloud-Sicherheit wird vermehrt über die Risiken bei der Wahl eines Cloud-Anbieters diskutiert. Die grossen US-amerikanischen Hyperscaler AWS, Google und Microsoft unterliegen der US-Gesetzgebung, einschliesslich des Cloud Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act). Im Zuge eines Strafverfahrens könnten US-Behörden Zugang zu Daten von diesen Hyperscalern erlangen. Zwar werben die Anbieter mittlerweile mit «Sovereign Cloud»-Lösungen, die lokale Kontrolle und Datensouveränität stärken sollen. Trotzdem kann der Cloud Act auch für dort gespeicherte Daten gelten. US-Behörden würden keinen uneingeschränkten Zugriff auf Daten erhalten. Allerdings unterliegt der Zugriff auf Nutzerdaten den US-Gesetzen und setzt eine funktionierende Gewaltentrennung voraus – ein Grundsatz, der zuletzt in den USA angezweifelt wurde, wie Rechtsexperte David Rosenthal von Vischer in einem Blogbeitrag anmerkt.
Ob die USA über Hyperscaler tatsächlich wirtschaftlichen oder politischen Druck auf andere Staaten ausüben könnten, bleibt unklar. Ein aktuelles Beispiel aus dem Mai 2025: Die Nachrichtenagentur AP berichtete, dass Microsoft das E-Mail-Konto des Chefanklägers des Internationalen Gerichtshofs, Karim Khan, blockiert haben soll. Diese Blockierung sei nach US-Sanktionen gegen den Gerichtshof erfolgt, die auf politische Entscheidungen – unter anderem von US-Präsident Donald Trump – zurückgingen.
Bemühungen um digitale Souveränität
Einschränkungen beim Datenzugang oder digitale Sanktionen – solche Szenarien verdeutlichen, dass die Kontrolle über digitale Infrastrukturen zu einer Frage staatlicher Souveränität werden kann. Europa reagiert zunehmend kritisch auf Abhängigkeiten von US-Anbietern, was unter anderem in Projekten wie Gaia-X zum Ausdruck kommt. Das Projekt soll mit einem Trust Framework einen regelbasierten Kontrollrahmen für vertrauensvolle, dezentrale Datenökosysteme bieten. Dies gestaltet sich aufgrund der vielen verschiedenen Beteiligten und Interessen als komplex.
In der Schweiz fungiert der Gaia-X-Hub Switzerland als Pendant, betrieben unter dem Dach der Swiss Data Alliance. Der Branchenverband Swico unterstützt die operative Umsetzung mit Ressourcen. Eine der ersten Aufgaben sei es, Branchen zu vernetzen, Unternehmen für die vertrauensvolle Datennutzung zu sensibilisieren und Informationsveranstaltungen zu organisieren, teilten die Verantwortlichen am Eröffnungsevent im März mit. Der Start des Gaia-X-Hub Switzerland markiere einen Schritt in Richtung einer selbstbestimmten und souveränen Dateninfrastruktur in der Schweiz.
Cloud-Technologien bringen erhebliche Fortschritte bei Innovation und Effizienz mit sich, gehen jedoch mit komplexen Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz einher. Vor dem Hintergrund politischer Spannungen gewinnen Fragen der Resilienz und digitalen Souveränität zunehmend an Bedeutung. Das Zusammenspiel von technologischen Chancen und geopolitischen Rahmenbedingungen wird somit die weitere Entwicklung der Cloud-Landschaft beeinflussen.

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