"World Insurtech Report" von Capgemini

Die wenigsten Versicherer sind bereit zu intensiver Kooperation

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Die Versicherungswirtschaft steht vor einem Strukturwandel: Eine intensive Zusammenarbeit der alteingesessenen Versicherer mit Insurtechs ist unerlässlich, um den steigenden Erwartungen der Kunden gerecht zu werden. Diese verlangen laut dem "World Insurtech Report" personalisierte, flexible Angebote und verknüpfte Services.

(Source: rawpixel / Pixabay)
(Source: rawpixel / Pixabay)

"Durch die Entwicklung des Versicherungsmarktes müssen die Versicherer über ihre traditionelle Rolle als Kostenträger ihrer Kunden hinauswachsen: Sie werden als Partner Risiken managen und verhindern – und sie werden nicht mehr nur bei Versicherungsfragen umfangreich weiterhelfen, sondern auch in damit verknüpften Belangen", sagt Gunnar Tacke, Managing Business Analyst bei Capgemini zum World Insurtech Report, den das Beratungsunternehmen jährlich durchführt. "Um die Beziehung zu ihren Kunden zu vertiefen, müssen die Versicherer stärker mit Insurtechs zusammenarbeiten. Denn sie sind ihnen um einiges vo­raus, wenn es darum geht, auf Datenbasis mit den neuesten Technologien das Kundenerlebnis zu optimieren."

Vier grundlegende Veränderungen der Branche

Wie Capgemini in einer Mitteilung schreibt, skizziert der "World Insurtech Report" ein neues Versicherungs-Ökosystem mit einem offenen Marktplatz. Es basiert auf der Entwicklung kundenorientierter Neuheiten, einer strategischen Auswahl von Insurtechs sowie einem gemeinsamen Angebot und Marktauftritt. Die Studie zeigt, wodurch sich die Branche wandelt:

  • Der Fokus wandert vom Produkt zur Customer Experience: 70 Prozent der Versicherer und Insurtechs gaben an, dass die Fokussierung auf ganzheitliche Lösungen für Kunden entscheidend für den Aufbau des Versicherungsmarktes der Zukunft ist.

  • Daten entwickeln sich zum wichtigsten Kapital: Mehr als 70 Prozent der Versicherer und Insurtechs halten weg­weisende Kompetenzen im Datenmanagement für unverzichtbar.

  • Ein Übergang vom exklusiven Besitz der Assets zur Sharing Economy zeichnet sich ab: Mehr als 35 Prozent der Versicherer und Insurtechs haben bereits erkannt, dass die gemeinsame Eigentümerschaft von Unternehmenswerten unerlässlich ist.

  • Partnerschaften mit Spezialisten gehen über den traditionellen "Build or Buy"-Ansatz hinaus: 90 Prozent der Insurtechs und 70 Prozent der etablierten Konzerne gaben an, dass sie zusammenarbeiten wollen. Sowohl die Versicherer als auch Insurtechs haben ein starkes Interesse an der Kooperation mit Unternehmen anderer Branchen wie Gesundheitsdienstleistern und Akteuren aus dem Reise-, Transport- und Gastgewerbe.

  • "Die Versicherer werden von Partnerschaften mit Insurtechs profitieren, wenn der Markt immer dichter wird", sagte Vincent Bastid, Generalsekretär von Efma. "Die ­Daten zeigen, dass Versicherer und Insurtechs bestrebt sind, Partnerschaften miteinander einzugehen, die letztlich – in Form von erweiterten Produkten und Dienstleistungen – dem Kunden zugute­kommen."

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Digitale Reife – Wunsch statt Wirklichkeit

Die Versicherer erkennen zwar die Bedeutung dieser grund­legenden Veränderungen, doch es besteht eine erhebliche Lücke zwischen den Erwartungen und der aktuellen digitalen Reife: So halten 79 Prozent der Versicherer wegweisende Kompetenzen im Datenmanagement für wichtig, aber nur 37 Prozent verfügen über eine konkrete Strategie zur digitalen Transformation. Auch gab mehr als ein Drittel (37 Prozent) an, dass der gemeinsame Besitz von immateriellen Vermögenswerten unerlässlich ist, aber nur 11 Prozent nutzen eine offene Architektur, um mit anderen Industrieunternehmen zusammenzuarbeiten.

Priorisierung von Zusammenarbeit und Partnerschaft nötig

68 Prozent der Versicherer sagen, dass Partnerschaften entscheidend seien, aber nur 32 Prozent arbeiten mit Ökosystem-Partnern zusammen, um Services mit Mehrwert anzubieten. Ein digital integriertes Ökosystem wird die personalisierten Echtzeit-Erlebnisse, die Kunden sich wünschen, möglich machen. Die digitale Integration ist unverzichtbar für die Versicherer, da ihre Kunden mehr Komfort und nahtlosen Service erwarten. Partnerschaften werden zwar eindeutig zur Befriedigung dieser Bedürfnisse beitragen, aber bis dahin bleibt noch viel zu tun: Weniger als 40 Prozent der etablierten Versicherer wollen eine technologische Infrastruktur aufbauen, die für eine offene Zusammenarbeit mit Insurtechs geeignet ist. Mehr als 60 Prozent der Insurtechs dagegen möchten mit Versicherern zusammenarbeiten, um eine solche Basis zu schaffen.

Innovative Versicherer am besten aufgestellt

Die Studienautoren stellen fest, dass der Erfolg auf dem Markt der Zukunft stark von der Fähigkeit der Versicherer abhängt, sich zu "Inventive Insurers" zu entwickeln. Dies erfordert eine ausgeprägtere digitale Reife, mehr Agilität sowie die Teilnahme an Ökosystemen. Über offene Plattformen können sie erfolgreich mit Insurtechs zusammenarbeiten und digitale, am Nutzer­erlebnis orientierte Angebote, entwickeln. Ein Inventive Insurer findet so innovative Wege, um stets die Kunden in den Mittelpunkt seines Geschäfts zu stellen.  

Methodik der Studie

Der World Insurtech Report (WITR) 2019 deckt alle drei grossen Versicherungssegmente ab: Lebens, Kranken- und Sachversicherung. Die diesjährige Studie stützt sich auf Forschungsergebnisse aus Umfragen und Interviews mit traditionellen Versicherungsunternehmen und Insurtechs. Befragt wurden für diese Primärstudie über 75 Führungskräfte aus 20 Märkten: Australien, Belgien, Brasilien, China, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Indien, Israel, Italien, Japan, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz, Singapur, Spanien, Südafrika, der Türkei, UK und den USA.

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