Schnelle Rechenleistung

Helix Nebula, die wissenschaftliche Wolke

Uhr | Aktualisiert

Ein europäischer Cloud-Verbund, der bei der Entdeckung des Higgs-Teilchens mitgeholfen hat, bietet Rechenleistungen für wissenschaftliche Institute an. In Zukunft sollen aber auch Unternehmen aus der Privatwirtschaft davon profitieren können.

Der Large Hadron Collider (LHC) des Cern aus. (Quelle: cern)
Der Large Hadron Collider (LHC) des Cern aus. (Quelle: cern)

Anfang Juli hat das Cern mit seiner Ankündigung, das Higgs-Teilchen gefunden zu haben, einen grossen Wirbel ausgelöst. Dem Cern war damit eine wichtige Entdeckung gelungen, die das fehlende Bindeglied zum Erklärungsmodell der Teilchenphysik liefern und damit das Verständnis des Universums unterstützen konnte.

Diese Entdeckung im Rahmen des ATLAS-Experiments wäre ohne die Rechenleistung der Supercomputer des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC) des Cern nicht möglich gewesen. Ebenfalls zum Erfolg beigetragen hat ein neuer Verbund aus Cloud-Umgebungen namens "Helix Nebula". Er ist vor einigen Monaten aus der Zusammenarbeit zwischen drei wissenschaftlichen Instituten, verschiedenen IT-Anbietern und privaten Partnern entstanden, wie das Cern vom Kurzem bekannt gab. Die Europäische Union unterstützt das Projekt zudem mit 1,8 Millionen Euro. Derzeit befindet sich "Helix Nebula" noch in der Pilotphase.

Cern, EMBL und ESA

Konkret sind das Cern (Physik), das EMBL in Heidelberg (European Molecular Biology Laboratory) und die ESA in Paris (European Space Agency) an "Helix Nebula" beteiligt. Sie haben zusammen nach verschiedenen Anbietern von Cloud-Umgebungen gesucht, um "Helix Nebula" lancieren zu können. Ziel des Projekts ist, die Durchführung von grossen Rechenleistungen zu vereinfachen. Bisher mussten wissenschaftliche Institute wie das Cern aufwendige Rechenleistungen mittels Grid Computing und über Aufträge auf verschiedene Supercomputer an verschiedenen Standorten verteilen. Mit "Helix Nebula" wird diese Verteilung überflüssig, da dank der Wolke genügend Rechenleistung vorhanden ist.

Die IT-Infrastruktur von "Helix Nebula" basiert auf den Rechenzentren von Atos, Cloudsigma und T-Systems. Zusätzlich zu diesen Cloud-Infrastruktur-Anbietern sind KMU wie Sixsq, Terradue und The Server Labs involviert. Michael Higgins, Manager of Solution Architecture beim Schweizer Startup Cloudsigma, ist vom Projekt "Helix Nebula" überzeugt. "Als wir eine Nachfrage zur Teilnahme erhielten, wusste ich sofort, dass sich uns damit eine grossartige Chance bietet", erklärte er. Higgins hat einen wissenschaftlichen Background und war von Beginn an von der Idee von "Helix Nebula" fasziniert. Er habe sich daher innerhalb des Unternehmens für die Teilnahme eingesetzt. Da der junge Cloud-Anbieter alle von den wissenschaftlichen Instituten gestellten Anforderungen erfüllte, stand der Zusammenarbeit denn auch nichts im Weg. Auch das Genfer Startup Sixsq hat in Zusammenarbeit mit Atos eine zu "Helix Nebula" kompatible Wolke entwickelt.

Einsatz von Helix Nebula

Im Cern kam die neue Datenwolke im Rahmen des ATLAS-Experiments erstmals zum Einsatz, erklärt Frédéric Hemmer, Head of IT Department des CERN. Damit habe sich bestätigt, dass der Aufbau einer öffentlichen Cloud-Infrastruktur und die Integration von Diensten verschiedener Anbieter ein grosses Unterfangen sei, das nur schrittweise durchgeführt werden könne. Die ersten Resultate seien jedoch sehr ermutigend. "Daher hoffen wir, unsere Ziele innerhalb der zweijährigen Pilotphase zu erreichen."

Marc-Elian Bégin ist Gründer des Startups Sixsq und Chairman der Gruppe "Technologie und Architektur" des Projekts "Helix Nebula". Als solcher koordiniert er die Roadmap. Die Entwicklung von "Helix Nebula" sei nicht ganz einfach gewesen, erklärt er. "Der Unterschied zwischen Cloudsigma, einem jungen Anbieter von öffentlichen Cloud-Lösungen und T-Systems, einem Anbieter von privaten Cloud-Umgebungen, ist sehr gross." Die Integration der verschiedenen Umgebungen habe daher eine sehr wichtig Rolle gespielt. Andere Entwicklungen sind ebenfalls im Gang, um das Zusammenspiel der verschiedenen Datenwolken zu harmonisieren, zum Beispiel im Rahmen von Schnittstellen oder der Verrechnung von Leistungen.

Bégin ist nach wie vor von der Vereinigung der Wolken überzeugt, auf denen das Projekt "Helix Nebula" basiert. Der Vorteil von "Helix Nebula" ist denn unter anderem auch eine grosse Rechenleistung: "Die Institute haben die Möglichkeit, aus dem Angebot diejenige Wolke auszuwählen, die sich in Bezug auf Kosten, Leistung und Funktionalität am besten für sie eignet."

Europäischer Wolken-Verbund

"Helix Nebula" stellt nicht nur einen europäischen Verbund von Cloud-Dienstleistungen dar, sondern gleichzeitig auch eine Konkurrenz gegenüber Amazon, Google und Microsoft. Das Konzept scheint sich denn auch am Markt zu behaupten, zumal die Nachfrage von Neukunden laut den beteiligten Unternehmen nicht abreisst. In Zukunft sollen noch weitere Cloud-Anbieter zur "Helix Nebula" stossen. Ziel ist, einen sicheren, europäischen Infrastructure-as-a-Service (IaaS) anbieten zu können. Dies nicht nur für wissenschaftliche Institute sondern auch für Unternehmen aus der Privatwirtschaft.

Higgins von Cloudsigma ist zudem überzeugt, dass in Zukunft immer mehr wissenschaftliche Institute ihre Daten in die Cloud auslagern werden. Was die Sicherheit in der Cloud betrifft, hat er einen pragmatischen Ansatz: "Die Cloud ist so sicher, wie wir sie bauen", betont er. "Besucht man als Besucher das Cern, kann man sich nicht einfach frei bewegen, sondern ist gewissen Regeln unterworfen. Das ist in der Cloud nicht anders."