Telekommarkt Schweiz 2013

Telekombranche im Wandel

Uhr | Aktualisiert

Die Telekombranche hat sich Mitte Woche zur Jahrestagung Telekommarkt Schweiz in Rüschlikon getroffen. Nebst regulatorischen Fragen diskutierten die Teilnehmer die neuesten Trends und Herausforderungen.

Anlässlich der vom Euroforum organisierten Jahrestagung "Telekommarkt Schweiz 2013" haben sich Mitte Woche die Branchengrössen der Telekommunikation und Vertreter von Bund und Kantonen am Rüschlikoner Gottlieb Duttweiler Institut getroffen. Während am ersten Tag vor allem regulatorische Fragen diskutiert wurden, kamen am zweiten Tag der online Video-Markt, Over-the-top-Inhalte sowie Mobile Payment und Near Field Communication zur Sprache.

Ein schlüpfriger Witz zum Einstieg

Fitz Sutter, Vorstandsmitglied der Asut und ehemaliger Präsident des Verbands, eröffnete den zweiten Tag des Forums mit einem schlüpfrigen Witz und einem kurzen Youtube-Video vom britischen Politiker und Euroskeptiker Godfrey Bloom. Beides erheiterte die Audienz und jagte dem ersten Referenten, Matthew Glotzbach, EMEA-Chef von Youtube, möglicherweise einen Schauder über den Rücken. Wie dieser einleitend erklärte, mache es ihn nämlich immer nervös, wenn jemand sage, er werde ein Youtube-Video zeigen.

Tatsächlich dürfte Glotzbach mehr stolz als beschämt über die zweifelsfrei grösste online Video-Plattform sein, bringt diese es inzwischen seinen Angaben zufolge auf 100 Stunden Videoupload pro Minute und eine Milliarde Besucher pro Monat. Für Glotzbach stellt Youtube daher nicht nur eine technologische Revolution sondern auch eine Revolution der Inhalte dar. Sie fördere die Produktion von kreativen Inhalten und biete im Gegensatz zum analogen Fernsehen weit mehr Wahlmöglichkeit. Auch auf den verbreiteten Vorwurf, mobiles Internet isoliere die Menschen voneinander, antwortete Glotzbach, das Gegenteil sei der Fall. Youtube und verwandte Kanäle hätten einen neuen Gemeinschaftsbegriff hervorgebracht. Nun sei weniger die gemeinsame Herkunft entscheidend, als viel mehr die Interessen, die Menschen miteinander teilen.

Fernsehen 2.0 fordert Netzwerkbetreiber heraus

Nicolas Perrenoud, CEO von Finecom, konzentrierte sich in seinem Referat auf das nichtlineare Fernsehen und seine Auswirkungen für Netzwerkbetreiber. Wie Perrenoud erklärte, wird in der Schweiz heute bereits jede dritte Fernseh-Minute zeitversetzt konsumiert. Aber Replay-Funktionen, Video on Demand und persönliche Aufnahmen würden nicht nur ein Meilenstein in der Geschichte des Fernsehens darstellen, sondern wären für Kabelnetzwerkbetreiber auch eine Herausforderung. Die zentrale Frage sei nun, ob Netzwerkbetreiber in fünf Jahren nur noch Access-Anbieter wären.

Für Perrenoud gibt es für Netzwerkbetreiber gegenwärtig verschiedene Strategien mit dem Paradigmenwechsel des Fernsehens und dem Aufkommen von sogenannten Over-the-top Content (OTT) – die kostenlose Übermittlung von Video- und Audioinhalten wie sie beispielweise Youtube, Zattoo oder Spotify betreiben - umzugehen. Netzwerkbetreiber könnten die quadruple Strategie, bei der HD-Fernsehen, Festnetzanschluss, mobiles Telefonieren und Internetzugang als Bündel angeboten werden, aufgeben und nur noch den Zugang zum Internet sicherstellen.

Sie könnten auch die Netzneutralität aufgeben und Akteure wie Youtube, Netflix und Zattoo bremsen. Oder sie könnten ihre Full-Service-Strategie ausbauen. Perrenoud zufolge sind die beiden ersten Strategien kein gangbarer Weg. Mit der ersten könnte zu wenig Cash Flow generiert werden und bei der zweiten wäre die Kundenakzeptanz gering, was zu einer Kundenabwanderung führen könnte. Die einzige Strategie, die aus Perrenouds Sicht Sinn macht, ist die des idealen Mix aus leistungsfähigem Netz, attraktiven Dienstleistungen, eigenen OTT-Angebote und gezielter Kundenpflege.

Mobile Payment ist nicht gleich NFC

Guido Müller, Country Manager Switzerland von Mastercard, skizzierte in seinem Vortrag, den Stand des Mobile Payments in der Schweiz. Wie Müller erklärte, würden schon verschiedene Dienstleistungsunternehmen das Bezahlen mit dem Mobiltelefon erlauben. So könne man unter anderem bei der SBB und dem Zürcher Verkehrsbund mit dem Handy Tickets und bei Coop und Migros Lebensmittel und andere Produkte kaufen. Generell gelte es aber online Apps wie die der SBB, von In-Store-Cloud- und In-Store-NFC-Angeboten zu unterscheiden, da bei diesen unterschiedliche Technologien zum Einsatz kämen.

Gemäss Müller bieten schon verschiedene europäische Telkos und Finanzdienstleister im Gegensatz zur Schweiz umfassende Mobile-Payment-Lösungen an. Zum Beispiel habe die polnische Bank PKO einen Mobile-Payment-Dienst entwickelt, mit welchem sich unter anderem Geld abheben oder auf eine Telefonnummer transferieren lasse. Müller zufolge erfreut sich der Dienst in Polen grosser Beliebtheit, weil viele Menschen gewohnt sind, Kreditkarten im Alltag einzusetzen. So sollen 60 Prozent der Polen auch für sogenannte low-value-Transaktionen ihre Kreditkarte verwenden.