Finance 2.0 Konferenz

Wenn Schwinger, Gamer und Hacker auf Banker treffen

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Auf der Finance 2.0 Konferenz sind die neuesten Trends aus der Bankenwelt präsentiert worden. Die Digitalisierung ist in der Branche angekommen. Die Schweiz hat aber noch Nachholbedarf.

Vergangene Woche kamen mehr als 350 Gäste zu der dritten Finance 2.0 Konferenz in das Aura, den ehemaligen Börsensaal am Zürcher Paradeplatz. Auf der Veranstaltung informierten nationale und internationale Redner über die neuesten Entwicklungen in der Finanzbranche.

Das Eröffnungsvideo zeichnete ein düsteres Bild von der Zukunftsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Im Vergleich zu der grossen Dynamik und Schnelllebigkeit der Fintech-Szene in London sei die Schweiz in Ruhe und Harmonie erstarrt. Die Video-Macher verglichen die Schweiz mit einem naturbelassenen Waldstück.

Weiter unterstrichen wurde der grosse Unterschied durch die Äusserungen des britischen Finanzministers George Osborne, der für London als Fintech-Welthauptstadt warb. Im Kontrast dazu wirkten die Aussagen der Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf wie aus der Zeit gefallen. Nicht zuletzt wollten die Veranstalter, vertreten durch den Verleger der Zeitschrift Punkt Rino Borini, auf diese grosse Diskrepanz aufmerksam machen und für mehr Dynamik in der Schweizer Fintech-Szene werben.

Produkte näher an Kunden bringen

In seinem Eröffnungsbeitrag stellt Olof Pripp, Vice Chairman Board & CEO Services beim HR-Spezialisten Korn Ferry, fest, dass es für Banken nicht mehr ausreichend sei, Produkte weiter wie bisher auszurollen. Vielmehr müssten sie den Kunden in das Zentrum stellen. Die Produkte müssten nach deren Ansprüchen gestalten werden und Technologien wie Big Data seinen hier zentral.

Gleichzeitig sagte Pripp, dass es für Unternehmen nicht ausreiche, einfach eine Niederlassung im Silicon Valley aufzubauen. Vielmehr sei ein grundlegender Wandel im Denken notwendig. Diese Entscheidungen müssen von der Konzernspitze kommen, sagt Pripp. Bremsend sei hier, dass viele Board-Mitglieder die digitale Welt noch nicht verstanden hätten. Daher brauche es eine neue Generation von CEOs.

Eine besondere Bedeutung mass Pripp bei der Transformation dem CIO zu. Dieser müsse vor allem Big Data verstehen und dem CEO beim Aufbau einer neuen Plattform unterstützen. In Gesprächen hat Pripp festgestellt, dass viele CEOs von Banken die Digitalisierung inzwischen aber schon ganz oben auf der Agenda haben.

Eine erfolgversprechende Herangehensweise sah Pripp darin, wenn Start-ups mit eingesessenen Firmen zusammenspannen und neue Geschäftsmodelle entwickeln. In dieser Hinsicht sieht Pripp die Schweiz auch für die Zukunft gut aufgestellt, da hier genügend qualifiziertes Personal und eine gute Infrastruktur vorhanden seien.

Six kümmert sich um Start-ups

Der Finanzdienstleister Six will dem Finanzstandort Zürich wieder zu altem Glanz verhelfen. Laut Andreas Iten, CIO Financial Information & Corporate Functions bei Six, soll Zürich zu einem globalen Fintech-Hub werden. Dazu will Six Talente und neue Ideen anwerben und fördern. Als eine Möglichkeit der Förderung hat Six Anfang dieses Jahres den ersten Fintech-Hackaton durchgeführt. In dessen Rahmen haben über 100 Teilnehmer im Schiffbau in Zürich in 30 Stunden 23 Projekt-Ideen entwickelt.

Das Siegerprojekt war eine App, die wie das Datingportal Tinder funktioniert. Der Nutzer kann über eine Wischbewegung entscheiden ob er einen Aktienkurs sexy findet oder nicht und entsprechend sein Portfolio zusammenstellen. Im nächsten Jahr soll der Hackaton sogar international werden. Nach Vorentscheiden in London und Berlin soll das Finale in Zürich stattfinden.

Zudem hat Six einen Incubator für Fintech-Start-ups in Zürich angekündigt. Im Mai soll dieser seinen Betrieb aufnehmen und 10 Festangestellte von Six bringen sich in das Projekt ein, sagte Iten. In Zusammenarbeit mit Impact Hub soll der Incubator in Zürich West, unweit des Escher-Wyss-Platzes, entstehen. Zunächst ist das Programm für vier Start-ups ausgelegt.

Der Auftritt des Schwingerkönigs

Anschliessend nutzte Andreas Kubli, Managing Director UBS, das Podium, um die neue P2P-Bezahllösung Paymit erstmals der Öffentlichkeit vorzustellen. Für die Demo hat Kubli den aktuellen Schwingerkönig Matthias Sempach zur Veranstaltung gebracht. Beide präsentierten, wie einfach es sei, einen Geldbetrag zu überweisen. Dafür musste die Privatüberweisung für Ticket beim nächsten ACDC-Konzert in Zürich herhalten.

Das Überweisen des Geldbetrags ging sehr schnell vonstatten, die Einrichtung des Accounts wäre aber für eine einmalige Überweisung sehr aufwendig, da Kontodetails und Kreditkarte hinterlegt werden müssen. Ende Mai will die UBS Paymit offiziell einführen. Kubli bewarb es als einfache, sichere, kostenlose und unabhängige Lösung, die den digitalen Geldtransfer zwischen Privatpersonen erleichtern soll.

Gaming mit Banken vereinen

Tor Gisvold von PWC brachte das Thema Gamification mit in die Diskussion ein. Seiner Meinung nach würde dieser Aspekt in bisherigen Banking kaum berücksichtigt, dabei gebe es einen Markt von potentiell 1,6 Milliarden Gamern weltweit. Insbesondere das Prinzip vieler Spiele, dass der Einstig kostenlos ist und dann für alle weiteren Add-ons bezahlt werden muss, hob Gisvold als Zukunftsweisend hervor.

Bereiche wie die Gesundheitsbranche hätten Gamification schon implementiert, beispielsweise indem sich Personen mittels Fitness-Trackern dem Wettbewerb mit Freunden stellen. Gisvold sieht auch keinen Grund, warum Banken hier nicht auch aufspringen könnten.

"Das momentane Banking ist langweilig", brachte es Gisvold auf den Punkt. Um Digital Natives für Banking zu begeistern, sei der Ansatz von Gamification unverzichtbar, sonst würden sie sich von den Banken abwenden und neue Angebote suchen, die ihrer Lebenswelt mehr entsprechen, sagte Gisvold abschliessend.

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