Digitalisierung ist Chefsache

"Eine börsenkotierte Kantonalbank mit Wachstumsfantasie ist schon eher die Ausnahme"

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Die Glarner Kantonalbank ist eine Vorreiterin bei der Digitalisierung im Finanzumfeld und gilt als eine der digitalsten Banken der Schweiz. Aber für den GLKB-CEO ist Digitalisierung vor allem Mittel zum Zweck. Hanspeter Rhyner im Gespräch.

Hanspeter Rhyner, CEO, Glarner Kantonalbank
Hanspeter Rhyner, CEO, Glarner Kantonalbank

Die GLKB hat unlängst den Titel als digitalste Bank der Schweiz an die Hypothekarbank Lenzburg abgegeben. Wie konnte das passieren?

Hanspeter Rhyner : ( Lacht ) Ja, das stimmt. Diese ‹ Auszeichnung› verlieh ja die Online-Newsplattform finews.ch jeweils. Nun haben sie sie der Hypi Lenzburg verliehen. Und ja, Marianne Wildi ( sie ist CEO der Hypothekarbank Lenzburg, Anm. d. Red. ) macht es sehr gut. Wir haben nie eine Initiative lanciert, um einen Titel zu gewinnen oder eine Auszeichnung zu erhalten, sondern um unseren Kunden neue, einfache Zugänge zu unserer Bank zu ermöglichen und durch moderne digitale Prozesse auch neues Wachstum zu erzielen.

Wie haben Sie mit der Digitalisierung angefangen?

Angefangen haben wir vor sechs Jahren mit dem Hypomaten, der als digitales Produkt damals einzigartig und auch der Startschuss für unsere Digitalisierungsstrategie war. Der Hypomat brachte uns auch viel mediale Aufmerksamkeit und führte dazu, dass wir überhaupt erst als digitale Bank wahrgenommen wurden. Mit dem Hypomaten können Kunden einfach online in maximal 30 Minuten verbindlich eine Hypothek abschliessen. Der Hypomat war damals eine Revolution und es ist auch heute noch praktisch einzigartig, dass der Kunde seinen Kreditentscheid in Echtzeit auf der Plattform erhält.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, den Hypomaten zu entwickeln?

2010 ist uns klar geworden, dass die Margen im Hypothekengeschäft aufgrund der Niedrigzinsen erodieren werden. Und da wir unser Geld zu 70 Prozent in diesem Geschäftsfeld erwirtschafteten, war klar, dass wir etwas tun mussten, um weiterhin erfolgreich geschäften zu können.

Sie wollten also wachsen ?

Ja. Mit einem Marktanteil von weit mehr als 50  Prozent in praktisch allen Geschäftsbereichen, sind unsere Wachstumsmöglichkeiten im Heimmarkt beschränkt. Also war für uns klar, dass wir neue Märkte erschliessen mussten. Aber wie ? Mit einer Filiale in Zürich ? Das haben unsere Vorgänger schon einmal versucht und sich eine blutige Nase geholt. Oder mit einer Preisdumping-Strategie ? Dafür sind wir zu klein und sie ist ökonomisch nicht sinnvoll. Eine Idee war dann eben, Hypotheken im Internet anzubieten. Wir wollten damit auch unser Ausleihungs-Portefeuille diversifizieren. Mit hypomat.ch haben wir es geschafft, unser Volumen und die Erträge massiv zu steigern und gleichzeitig die Risiken zu reduzieren. Wir haben über diesen Kanal mehr als 800 Millionen Franken Netto-Neugeld generiert – mit zwei Mitarbeitern wohlgemerkt.

Gab es keinen Widerstand von den Mitarbeitern gegen die digitale Konkurrenz ?

Doch. Am Anfang hatten insbesondere die Privatkundenberater in der Filiale das Gefühl, dass der Hypomat eine Konkurrenz für sie sei. Sie hatten Angst, dass sie einen Kunden verlieren, weil dieser zum Hypomaten gehen könnte und dort seine Hypothek abschliesst statt beim Menschen in der Filiale. Während der Entwicklung der Geschäftsidee ‹Onlinehypothek› war von Anfang an die Kannibalisierung ein Riesenthema. Mit dem Argument der Kannibalisierung killen Sie jedes Innovationsprojekt. Also haben wir gerechnet und kamen zum Schluss, dass wir etwa 10 Prozent des Geschäftes kannibalisieren würden. Deshalb haben wir die Ziele unserer Berater angepasst, wenn ein Kunde tatsächlich zum Hypomaten absprang. Danach war das Thema für unsere Berater erledigt. Denn ihnen ist natürlich auch klar, dass es für die Bank besser ist, wenn der Kunde zum Hypomaten abspringt statt zu einer anderen Bank.

Wie ging es nach dem Hypomaten weiter?

2014 folgte der Kontomat. Hier war die Innovation, dass man online ein Konto eröffnen kann und dass man eine feste und eine variable Zinstranche auf demselben Konto haben konnte. Im gleichen Jahr kamen wir mit dem Risikomaten, bei dem die Nutzer nach dem Beantworten von drei Gesundheitsfragen online eine Todesfallversicherung abschliessen können. Ein weiteres Highlight bei unseren ‹ -Omaten› ist sicher der Investomat – ein Robo-Advisor, mit dem Kunden auf spielerische Art und Weise ihr Risikoprofil definieren können. Nach der Eingabe des beabsichtigten Investitionsbetrages stellt der Investomat ein Anlage-Portfolio zusammen, das die Kunden nach ihren Vorstellungen und Wünschen anpassen können. Mit Gebühren von nur 0,6 Prozent all-in ist das zudem nicht nur eine einfache, sondern auch eine sehr kostengünstige Art zu investieren. Mit dem Investomaten war unsere Omaten-Familie vorerst komplett. Und das waren auch die bis 2015 wichtigsten gegen aussen sichtbaren Meilensteine unserer Digitalisierungsstrategie.

Wir haben mit dem Hypomaten mehr als 800 Mio. Franken Neugeld generiert.

Es gibt heute verschiedenste Anbieter und Plattformen für Online-Hypotheken, die GLKB war also auch Pionier und Wegbereiter für Mitbewerber ...

Ja, heute gibt es Online-Hypotheken zuhauf. Aber oft steckt hinter den Plattformen keine Intelligenz, oder wie bei uns ein Entscheid in Echtzeit, sondern einfach nur eine Eingabemaske. Für uns war der nächste Schritt nach der Lancierung, dass wir die Hypomat-Technologie auch an andere Banken lizenzieren und für sie betreiben und hosten, wie etwa für die Freiburger Kantonalbank. Auch den Investomaten haben wir lizenziert, etwa an Moneypark, die darauf einen Sparplan anbieten.

Auch Ihre Kreditfabrik lizenzieren Sie an Dritte. Wie muss man sich das genau vorstellen ?

Man spricht ja im Zusammenhang mit der Digitalisierung immer auch vom Aufbrechen der Wertschöpfungskette. Diese ist im Hypothekar- bzw. im Finanzierungsgeschäft bereits in vollem Gang. Mit unserer Ausgangslage haben wir ja eigentlich eine ganze Fabrik zur Verfügung. Wir nennen sie Kreditfabrik. Mit ihr ermöglichen wir anderen Finanzintermediären den Einstieg ins Finanzierungsgeschäft, ohne dass diese eigenes Fachpersonal aufbauen müssen. Dabei übernehmen wir die Verarbeitung und Verwaltung von Hypotheken und gewährleisten eine effiziente und standardisierte Abwicklung. Pax und die Migros-Pensionskasse etwa und auch andere Banken gehören zu unseren Kreditfabrik-Kunden.

Sie arbeiten mit dem Kernbankensystem der Softwareherstellerin Finnova. Wie muss man sich Ihre Zusammenarbeit mit dem Unternehmen vorstellen?

Partnerschaftlich. Wir haben etwa gemeinsam mit Finnova das Modul Finnova Loan Advisory entwickelt. Die Loan-Advisory-Lösung wird als neues, praxisnahes Kreditmodul in Koexistenz zur bestehenden Lösung in die Finnova-Banking-Software integriert. Das Produkt umfasst den gesamten Kreditprozess von der Kundenberatung über die Bewilligung bis hin zu den nachgelagerten Verarbeitungsprozessen. Die neue Beratungslösung läuft bei uns im Pilotbetrieb und richtet sich sowohl an Finnova-Banken als auch an Banken, die eine andere Kernbankenlösung im Einsatz haben.

Wie hat sich die GLKB bei der Entwicklung der Loan Advisory mit eingebracht ?

Finnovas Kernkompetenz ist es, Software für Banken zu entwickeln. Wir brachten vor allem unser Business-Know-how mit ein. Das ist auch sonst unser Vorgehen, wenn wir ein neues Produkt entwickeln. Wir schreiben die Storyboards und definieren unsere Anforderungen im Detail. Dann gehen wir damit zu einem geeigneten Softwarehaus, das die Lösung für uns entwickelt. Im Fall unserer « Omaten » war das die Inventage AG in Zürich. Diese Partnerschaft funktioniert seit 2012 sehr gut und wir haben nur die besten Erfahrungen mit ihnen gemacht.

Welche Art von Partnerschaften sind für die GLKB sonst noch wichtig ?

Nun, wir haben gemeinsam mit der Valora das Konsumkreditportal Bob-Money entwickelt. Das ist ein Beispiel für eine Zusammenarbeit mit einer Nicht-Bank, die gemeinsam mit uns ein Bank-Angebot im Markt lanciert hat. Wir überlegen uns immer wieder, welche Partnerschaften wir eingehen können. Es müssen nicht immer Finanzfirmen sein. Mit branchenfremden Unternehmen wie etwa einem Retailer gibt es einen spannenden Austausch, bei dem es möglich ist, sich gegenseitig mit neuen Ideen zu befruchten. Die denken ganz anders als wir Banker und das ist sehr inspirierend.

Sie gelten als Kopf hinter der Digitalisierungsstrategie der GLKB. Warum ist Digitalisierung für Sie so ein wichtiges Thema ?

Die Digitalisierung ist für mich vor allem Mittel zum Zweck. Es ist für die Bank eine Möglichkeit, zu differenzieren, die Geschäftstätigkeit und die Cashflows breiter abzustützen und weniger empfindlich für Konjunkturausschläge zu machen. Wir können auch als kleine regionale Bank mit digitalen Produkten Nischen ausnutzen und in unserem Fall unser Hypotheken-Know-how rentabilisieren. Das wäre ohne Digitalisierung nicht denkbar gewesen.

Hat sich die Digitalisierung für die GLKB gelohnt ?

Ganz klar. Der Börsengang 2015 wäre ohne unsere Wachstumsstory nicht möglich gewesen. Auch heute noch empfiehlt die Zürcher Kantonalbank Anlegern die GLKB-Aktien mit « Übergewichten ». Eine Kantonalbank mit Wachstumsfantasie an der Börse ist schon eher die Ausnahme ... Es gibt wohl auch kaum eine Geschäftsleitung oder hochkarätige Delegation einer Kantonalbank, die nicht hier bei uns gewesen wäre, um sich anzusehen, was wir hier tun. Das ist schon spannend. Wenn man bedenkt, dass wir am Anfang belächelt wurden ... Einige sagten mir den sicheren Tod voraus. Aber das ist Anerkennung gewichen.

Wie geht es weiter bei der Glarner Kantonalbank ?

Wir machen auf jeden Fall weiter mit unserer dualen Strategie « digital und persönlich ». Wir setzen also weiterhin auf unsere Online- und Offlinekanäle. Wir wollen auch weitere Digitalisierungsinitiativen entwickeln, um unser Geschäft zu diversifizieren und zu wachsen. Immer wichtiger ist auch unser B2B-Geschäft, in dem wir die Lizenzen für unsere Omaten bündeln, oder die Kreditfabrik, mit der wir alle Services im Kreditgeschäft Dritten anbieten. Grundsätzlich bleiben wir aber die Bank der Glarnerinnen und Glarner. Hier ist unser Hauptmarkt, von hier kommen wir, hier sind wir zuhause.

Digitale Fitness

Auf einer Skala von 1 bis 10, als wie « digital fit » bezeichnen Sie...

8 | sich selbst?
7 | die Schweiz?
6 | die Finanzbranche?
8 | GLKB?

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Über Glarner Kantonalbank 

Die Glarner Kantonalbank mit Sitz in Glarus ist die Kantonalbank des Kantons Glarus. Sie wurde 1884 gegründet und ist in Form einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft organisiert. Die Bank verfügt im Kanton über sechs Geschäftsstellen und beschäftigt insgesamt rund 220 Mitarbeitende. Per 30. September 2018 verfügte die Glarner Kantonalbank über eine Bilanzsumme von rund 6,00 Milliarden Schweizer Franken. Im Juni 2014 ging die Bank als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft an die Schweizer Börse. ( Quelle: Glarner Kantonalbank )

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