"Patient statt PC"

So sorgt KI für weniger Bürokratie in der Gesundheitsbranche

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von Sophie Hundertmark, Beraterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hundertmark GmbH und Hochschule Luzern

Die zunehmende Bürokratie und der Fachkräftemangel setzen Gesundheitsorganisationen unter Druck. Und der Ruf nach weniger Administration und mehr Zeit für Patientinnen und Patienten wird lauter. Wie generative KI hier Abhilfe schaffen kann, zeigt dieser Beitrag.

Sophie Hundertmark, Beraterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hundertmark GmbH und Hochschule Luzern
Sophie Hundertmark, Beraterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hundertmark GmbH und Hochschule Luzern

Immer mehr Gesundheitsorganisationen sehen sich mit einem zunehmenden Fachkräftemangel und einer steigenden Zahl administrativer Aufgaben sowie bürokratischer Prozesse konfrontiert. Der Wunsch nach "mehr Patient, weniger PC" wird daher immer häufiger geäussert. Bislang sind jedoch nur wenige Verbesserungen in Sicht. Für viele Gesundheitsorganisationen bedeutet der Abbau von Bürokratie eine signifikante Änderung bestehender Prozesse und einen tiefgreifenden Eingriff in seit Jahren etablierte Abläufe.

Dieser Beitrag beleuchtet erste Ansätze, wie generative KI-Technologien auf völlig neue Weise das Personal von Gesundheitsunternehmen unterstützen und entlasten können, sodass der Wunsch nach "Patient statt PC" bald Wirklichkeit werden könnte.

Automatisierung von Berichten

KI-Technologien werden in einzelnen Gesundheitsbetrieben heute schon für das Berichtswesen eingesetzt. Dabei nimmt die KI-Technologie, nach Genehmigung aller Beteiligten, die medizinische Untersuchung auf, erstellt ein Transkript und generiert daraus spezifische Berichte. Dies reduziert den Zeitaufwand und minimiert menschliche Fehler, da das medizinische Personal nur noch die vorläufigen Berichte überprüfen und genehmigen muss. Eine sorgfältige Aufklärung von Patienten und Mitarbeitenden ist hier im Voraus unabdingbar, um Akzeptanz und Verständnis für den Einsatz der KI zu gewährleisten. Datenschutz spielt dabei eine entscheidende Rolle, und die KI darf persönliche Daten weder für weitere Trainingszwecke nutzen noch an Dritte weitergeben. Durch die Automatisierung des Berichtswesens kann die Effizienz gesteigert und die Genauigkeit der medizinischen Dokumentation verbessert werden.

Mehr Möglichkeiten in der Dokumentenverwaltung

KI-Technologien können zur Dokumentenverwaltung eingesetzt werden, um präzise Patientenakten zu erstellen, Versicherungsansprüche zu verarbeiten und Vertragsdokumente zu generieren. Durch das Training mit grossen, anonymisierten Datenmengen kann die KI spezifische Sprachmodelle entwickeln, die juristischen und medizinischen Anforderungen entsprechen. Trotz ihrer fortschrittlichen Fähigkeiten ist kontinuierliche menschliche Überwachung notwendig, um Datenschutzbestimmungen einzuhalten und die Integrität der Daten zu gewährleisten. Die finale Entscheidungsgewalt und ethische Überlegungen müssen immer beim geschulten Personal verbleiben.

Chat- und Voicebots zur Kommunikation

Generative KI hat die Qualität und Effizienz von Chat- und Voicebots in der Patientenkommunikation erheblich verbessert. Diese Bots können nun dynamisch auf eine breite Palette von Anfragen reagieren, ohne dass jedes Gesprächsszenario vorab programmiert werden muss. Während sie allgemeine und administrative Fragen problemlos beantworten können, erfordert die Bearbeitung medizinischer Fragen eine sorgfältige regulatorische Überwachung und menschliche Überprüfung, um die Genauigkeit und Sicherheit der Informationen zu gewährleisten. Durch den Einsatz von generativer KI in nicht-sensiblen Bereichen kann das medizinische Personal entlastet werden, sodass mehr Zeit für direkte Patientenbetreuung bleibt. Dies führt zu einer verbesserten Qualität der Patientenversorgung und einer höheren Arbeitszufriedenheit des Personals. Natürlich dürfen ethische Überlegungen hier nicht ausser Acht gelassen werden. Es muss genau definiert sein, welche Dialoge automatisiert werden und bei welchen das menschliche Personal weiterhin Priorität hat.

Generative KI in E-Mail-Anwendungen

KI-Technologien werden heute schon erfolgreich in E-Mail-Anwendungen von Kundenserviceorganisationen eingesetzt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Anwendungen auch in Gesundheitsunternehmen implementiert werden. KI-Technologien analysieren eingehende E-Mails und liefern Vorschläge für Antworten. Am Ende liegt die Verantwortung beim Mitarbeitenden, die finale E-Mail zu prüfen und abzuschicken.

Dienstplanerstellung

Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Erstellung von Dienstplänen. Hier gilt in der Schweiz das Luzerner Kantonsspital als Vorbild. Angefangen mit einem kleinen Piloten, wird nun in immer mehr Abteilungen der Dienstplan mithilfe von generativer KI erstellt. Die KI berücksichtigt sowohl die Präferenzen der Mitarbeitenden als auch die Anforderungen des Unternehmens, um optimale Schichtpläne zu erstellen. Diese Neuerungen haben laut dem Spital sowohl die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöht als auch die internen Prozesse effizienter gemacht. 

Weiterbildung von Mitarbeitenden

Mitarbeiterweiterbildungen sind gerade in der Gesundheitsbranche von hoher Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf neue Richtlinien oder neue Behandlungsmethoden. Doch in der Rea­lität bleibt meist keine Zeit für angemessene Schulungen. Der Einsatz von KI-Technologien in der Mitarbeiterweiterbildung ermöglicht die Erstellung zielgruppengerechter Lerninhalte, die auf die individuellen Bedürfnisse und das Lernverhalten der Mitarbeitenden abgestimmt sind. Dies umfasst die Anpassung von Texten, die Auswahl von Lernmedien und die Personalisierung von Lernpfaden. Erste Einsätze von KI-gestützten Lernsystemen in Arztpraxen zeigen, dass diese Form der Wissensvermittlung mehr Spass macht und Wissen deutlich schneller verankert wird.

HR-Prozesse: Gewinnung neuer Fachkräfte

KI-Technologien bieten innovative Lösungen für HR-Prozesse, indem sie zielgruppengerechte Stellenausschreibungen und Assessment-Aufgaben erstellen sowie bei der Auswertung von Bewerbungen unterstützen. Des Weiteren können KI-Technologien in der Kommunikation mit Bewerbern oder im Mitarbeiter-Marketing eingesetzt werden. KI-Technologien erstellen zielgruppenspezifischen Content und tragen so zu einer individuellen Ansprache potenzieller Bewerber bei.

Datenschutz, Ethik und Schulungen nicht vergessen

Die gezeigten Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien in der Gesundheitsbranche zeigen vielversprechende Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsabläufe in Gesundheitsorganisationen. Erfolgsgeschichten wie die des Luzerner Kantonsspitals verdeutlichen, dass es tatsächlich möglich ist, mit generativer KI die Bürokratie abzubauen, die Mitarbeitendenzufriedenheit zu steigern und die Effizienz der Arbeitsabläufe zu erhöhen. Gleichzeitig ist die Medizinbranche durch Regulierungen, hohe ethische Anforderungen und viele sensible Daten geprägt. Beim Einsatz von KI-Technologien in der Gesundheitsbranche müssen daher folgende Faktoren unbedingt berücksichtigt werden:

  1. Datenschutz und -sicherheit: Die Gesundheitsbranche ist anfällig für Datenschutzverletzungen und -diebstahl. KI-Technologien müssen sicherstellen, dass Patientendaten vertraulich und vor unbefugtem Zugriff geschützt werden.
  2. Regulierung und Compliance: Die Gesundheitsbranche unterliegt strengen Regulierungen und Vorschriften. Diese Regularien müssen beim Einkauf beziehungsweise bei der Nutzung von KI-Technologien berücksichtigt werden.
  3. Transparenz und Erklärbarkeit: KI-Technologien müssen transparent und erklärbar sein, damit Fachleute und Patienten die Entscheidungsprozesse verstehen können.
  4. Datenqualität und -mangel: Die Qualität und Menge der Daten, auf denen KI-Technologien trainiert werden, sind entscheidend für ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Je nach Anwendung stellt die Korrektheit der Datenbasis eine grosse Herausforderung dar.
  5. Geschlechtsspezifische und kulturbezogene Aspekte: KI-Technologien müssen geschlechtsspezifische und kultur­bezogene Unterschiede berücksichtigen, um eine inklusive und gerechte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
  6. Schulungen und Kompetenzaufbau: Damit KI-Technologien korrekt eingesetzt werden, ohne dabei ethische Grundsätze oder rechtliche Regeln zu verletzen, benötigen Mitarbeitende Schulungen. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeitenden die Chancen und Grenzen der Technologie verstehen und die Technologie verantwortungsvoll einsetzen.

Fazit

Generative KI und somit auch KI-Lösungen wie ChatGPT und SwissGPT sind gekommen, um zu bleiben, und sie werden auch vor der Gesundheitsbranche keinen Halt machen. Und das ist auch gut so. Wird die generative KI richtig eingesetzt, hilft sie, lästige Bürokratieprozesse abzubauen, und gibt Ärzten und medizinischen Fachangestellten mehr Zeit für die Arbeit beziehungsweise die direkte Kommunikation mit dem Patienten. Gleichzeitig darf aber nicht vergessen werden, dass die KI-Technologien achtsam und verantwortungsvoll eingesetzt werden müssen. Wie fast immer gibt es auch hier die sogenannten zwei Seiten der Medaille. Mediziner sind gezwungen, sich an Datenschutz und Compliance-Regeln zu halten. Sie müssen generative KI transparent einsetzen, und bevor ein Gesundheitsbetrieb vollumfänglich von generativer KI profitieren kann, braucht es in der Regel individuell ausgerichtete Schulungen. Wer im Hinblick auf Datenschutz und vor allem die Wahrung der Patientendaten auf der sicheren Seite sein möchte, sollte ChatGPT nicht im operativen Betrieb nutzen, sondern hier eher auf Open-Source-Modelle setzen, die On-Prem oder in Schweizer beziehungsweise deutschen Rechenzentren betrieben werden können.

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