Interview mit Jens Diele und Alexandra Choutko

"Alle Mitarbeiter sollen zu Beginn des Arbeitstages das Intranet öffnen"

Uhr | Aktualisiert
von Andreas Heer

Das Universitätsspital Zürich hat 75 separate Intranets zu einem vereint. Jens Diele, Leiter Multiprojektmanagement des Spitals und Alexandra Choutko, Projektleiterin bei Elca, erklären, welche Komplexität hinter dem nun einfach zu bedienenden Informationssystem steckt.

Seit Dezember nutzen alle 42 Kliniken und Institute des Universitätsspitals Zürich (USZ) ein gemeinsames Intranet auf Sharepoint-Basis. Dieses löst die bestehenden 75 Einzellösungen ab. Ziel der Erneuerung war, die Inhalte für die einzelnen Berufsgruppen neu zu ordnen und besser auffindbar zu machen. Damit soll das Intranet auch die betrieblichen Abläufe besser widerspiegeln. Das System stellt also einen Wechsel dar von einer Klinik- zu einer prozessorientierten Sichtweise. Zuständig für das Projekt war beim USZ Jens Diele, Mitglied im Direktionsstab und Leiter Multiprojektmanagement. Umgesetzt wurde das neue Intranet vom IT-Dienstleister Elca unter der Projektleitung von Alexandra Choutko.

Herr Diele, weshalb musste das Universitätsspital Zürich sein Intranet überhaupt erneuern?

Diele: Das ursprüngliche Intranet am Universitätsspital Zürich wurde 2003 in Betrieb genommen und war von der Software her ein Auslaufmodell. Jede Klinik hatte zudem ihr eigenes Intranet. Deshalb war das Informationskonzept schwierig zu handhaben. Die Benutzer mussten sich bei jedem Intranet neu orientieren, um die gesuchten Informationen zu finden. Zudem lieferte die damals eingesetzte Suchmaschine keine zufriedenstellenden Suchresultate, weil die Technik veraltet war.

Wozu nutzen die 8000 Mitarbeiter am Universitätsspital Zürich denn das Intranet?

Diele: Alle Mitarbeiter sollen zu Beginn des Arbeitstages das Intranet öffnen. Deshalb haben wir es auch als Startseite festgelegt. Die Mitarbeiter finden dort gemäss ihres Aufgabengebiets und der Klinikzugehörigkeit massgeschneiderte und für sie relevante Informationen. Das sind zum Beispiel Nachrichten von der Spitalleitung oder verschiedene Vorlagen zur Patientenaufklärung. Dazu finden sich Pflegeweisungen und Richtlinien, etwa, wie eine Behandlung stattfinden muss und welche Grundlagen es dafür gibt. Des Weiteren befinden sich im Intranet Protokolle sowie Informationen über Programme und Projekte.

Sharepoint würde ja auch weitergehende Funktionen ermöglichen, etwa für die Zusammenarbeit und die Dokumentenablage. Wurden solche Aspekte ebenfalls in Betracht gezogen?

Diele: Die Möglichkeit der Collaboration wurde von Beginn an ausgeklammert, um dieses Grossprojekt nicht zu komplex zu machen. Immerhin mussten wir 75 Einzellösungen ersetzen und ein Intranet für 8000 Mitarbeiter neu auf die Beine stellen. Wir haben daher klare Schwerpunkte definiert, die mit dem Projekt umgesetzt werden sollen. Mit der technologischen Basis, die Elca entwickelt hat, können wir bei Bedarf das Intranet zu einem späteren Zeitpunkt immer noch ausbauen.

Wie gingen Sie bei der Entwicklung des Projekts vor?

Choutko: Für die Entwicklung setzten wir eine agile Methode ein, die "Agile IT" heisst und von Elca entwickelt wurde. Damit können wir einem Kunden den optimalen Grad an Agilität anbieten. Wir haben den Grad im Laufe des Projekts den Bedürfnissen angepasst. Die erste Lieferung hat drei Monate nach Projektstart stattgefunden, so dass mit der Inhaltsmigration frühzeitig begonnen werden konnte. Vor dem "Go Live" haben wir in Zyklen von einer Woche gearbeitet, damit wir wirklich schnell Feedback bekamen und den "Feinschliff" darauf aufbauen konnten.

Haben Sie auch den Aufbau der Inhalte angepasst?

Diele: Ja, wir sind von der Anbieterorientierung zu einer Prozessorientierung übergegangen. Ziel war es, die Sicherheit und Qualität der Patientenversorgung zu erhöhen und schnell Richtlinien und Standards für die verschiedenen Fachgruppen zur Verfügung stellen zu können. Ein weiteres Ziel war, die interne Kommunikation über eine Zielgruppenorientierung durchgängig zu gestalten. Im alten Intranet kam es vor, dass mehrere Kliniken denselben Inhalt abgelegt hatten, das machte die Aktualisierung der Dokumente natürlich schwierig. Mit dem neuen System können wir nun Serviceleistungen und Führungsaufgaben effizienter abbilden. Die Inhalte aus dem alten Intranet haben wir migriert und neu zugeteilt. Insgesamt haben wir 15 000 Seiten und Dokumente im Intranet, da ist es wichtig, dass die Inhalte dem ­Benutzer so zur Verfügung gestellt werden, wie er sie braucht. Ein Mitarbeiter gibt bei der Anmeldung im Intranet an, wo er arbeitet und zu welcher ­Berufsgruppe er gehört. Diese beiden Grundeinstellungen filtern bereits die Daten so, dass er nur die Informationen sieht, die für ihn relevant sind. Diese Matrix abzubilden, war ein komplexes Vorhaben.

Choutko: Zudem haben wir ein neues und einheitliches Design für das Unispital umgesetzt, damit alle Seiten gleich aufgebaut und strukturiert sind, um so die Orientierung im Intranet und auf den Unterseiten zu fördern und die Unternehmensidentität zu stärken.

Wie funktioniert dieses System?

Diele: Die Verschlagwortung ist ein taxonomiebasiertes System. Das ermöglicht es, ein Dokument entsprechend an verschiedenen Orten anzuzeigen, ohne es doppelt abzulegen. Wenn ich ein Gerät nehme, beispielsweise einen Computertomografen, kann ich dazu die Anleitung anzeigen, die Weisung, wie ich es bedienen muss, vielleicht noch, zu welchen Zeiten es betrieben wird. So kann ich verschiedenste Informationen zu einem Objekt darstellen. Die Taxonomie basiert auf Standards wie zum Beispiel dem ICD (Internationale Klassifikation der Krankheiten, die Red.). Der Vorteil dieser Taxonomie ist, dass wir eine einheitliche Sprache im gesamten Universitätsspital Zürich verwenden.

Choutko: Das war eine der technischen Herausforderungen, weil Sharepoint nur eine bestimmte Anzahl von Begriffen unterstützt. Deswegen mussten wir eine andere Lösung für die Verschlagwortung finden. Die bestand darin, dass wir das Intranet mit einem externen Taxonomiesystem verbunden haben. Eine weitere Herausforderung für die Umsetzung war alle Enduser mit dem neuen System abzuholen: Jedes grössere Unternehmen steht irgendwann vor dem Problem, dass die Benutzergruppen heterogen sind und somit unterschiedliche Informationen zügig finden müssen. Mit dem neuen System stehen den Mitarbeitern vom Universitätsspital durchgängig personalisierte Inhalte zur Verfügung, die auf ihren Alltag zugeschnitten sind.

Die Suchfunktion war dem Universitätsspital Zürich besonders wichtig, was wurde hier erneuert?

Diele: Dank der neuen Suchmaschine werden Inhalte nun schnell und treffsicher gefunden. Aufgrund der Kombination dreier Technologien ist sie sehr effektiv.

Choutko: Wir haben die drei Technologien Sharepoint, Fast Search und Matchpoint für die Suche eingesetzt, die nun das "Herz" des neuen Intranets bilden. Die Suche wird vielfältig eingesetzt, sowohl klassisch als Medium, um relevante Informationen schnell zu finden sowie auch innerhalb der Seiten, um Inhalte automatisiert und dynamisch anzuziehen und somit Informationen schnell zugänglich zu machen.

Das klingt nach einem System, das vordergründig leicht zu bedienen und im Hintergrund umso komplexer ist.

Diele: Die Erarbeitung der Taxonomien hat sehr lange gedauert, und dieses taxonomiebasierte System ist sehr schwierig zu verstehen. Das gilt insbesondere für die 250 Editoren, die die Inhalte in den Kliniken und Instituten verwalten und einstellen. Für die Benutzer war es ein grosser Wechsel, von "hier ist meine Klinik, und da habe ich meine Informationen" zu einem System, das den Prozess in den Vordergrund rückt.

Choutko: Die Aussage "im Vordergrund leicht zu bedienen und im Hintergrund komplex" trifft es gut und zeichnet die Intranetlösung aus. Endnutzer werden durch zugeschnittene Informationen, eine einfachen Bedienung und starke Identitätsmerkmale abgeholt. Durch Vereinfachung und Homogenisierung der Oberfläche, Standardisierung und Automatisierung der Editor-Funktionalitäten und der flexibleren Gestaltung der Administrator-Funktionalitäten haben wir eine technische Lösung gebaut, die langfristig gut zu warten und gleichzeitig stark anpassungsfähig ist.

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