Hasso Plattner zu SAP S/4Hana

"Eine ganze Firma kann auf einem Smartphone gesteuert werden"

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

SAP hat in New York den grössten Software-Release seiner Unternehmensgeschichte gestartet. Mit S/4Hana will SAP Datenbanken revolutionieren. Die Lösung wird On-Premis und als Cloud-Version angeboten.

Die Börsenglocke der New York Stock Exchange läutete gestern die grosse Show von SAP ein. An der Börse hat der deutsche Softwarehersteller seine neueste Entwicklung mit dem Namen SAP S/4Hana vorgestellt.

Laut Bill McDermott, Vorstandsvorsitzender von SAP, handelt es sich um den grössten Release von SAP in den letzen 23 Jahren, wenn nicht sogar dem grössten in der Firmengeschichte. Entsprechend war auch seine Wortwahl. Er sparte nicht mit Lob und Superlativen. Mit dem neuen Produkt will SAP Datenbanken komplett neu erfinden. Dabei steht das S für "simple", die 4 für die vierte Generation und Hana für "Memory in Real Time", sagte McDermott.

Er bezeichnete S/4Hana als einen "Gamechanger". Die offizielle Einführung in das Produkt überliess er niemand geringerem als SAP Mitgründer und Aufsichtsratsmitglied Hasso Plattner.

Entwicklung aus dem Hause HPI

Laut Plattner entstand die Idee für das neue Produkt am Hasso Plattner Institut in Potsdam im Rahmen einer Vorlesung. Zunächst habe er mit Studenten eine Datenbank unter der Grundprämisse "zero response time" entwickelt. Aus diesem anfänglichen akademischen Ansatz wurde immer mehr, führte Plattner weiter aus. Nach drei Jahren Weiterentwicklung brachte er die Idee schliesslich bei SAP ein.

Da Unternehmen immer mehr Daten hätten, welche sie in immer kürzerer Zeit auswerten möchten, seinen neue Ansätze gefragt. Eine Analyse "on the fly" werde von Unternehmen gefordert, sagte Plattner. Um dies zu erreichen habe SAP mit den bisherigen Vorgehensweisen brechen müssen. In der neuen Datenbank seien daher die "Totalen" und "redundanten Daten" beseitigt worden. Das Ziel war es, die Datenbank auf die kleinste mögliche Anzahl von Tabellen zu reduzieren, sagte Plattner.

Komplett neues System

Um dies zu erreichen habe SAP einen grossen Teil des Quellcodes umschreiben müssen. S/4Hana sei "ein völlig neues System". Dies nicht nur bei der Technologie, auch die Bedienoberfläche (User Interface) wurde grundlegend überarbeitet. Gesteuert wird das Programm über den Browser. Da die meisten Abfragen künftig von mobilen Geräten kommen werden, wurde S/4Hana speziell für diese Geräte optimiert.

S/4Hana reduziere den Daten-Fussabdruck um den Faktor 10. Auch werden die Prozesse drei bis sieben Mal schneller als bisher, versprach Plattner. Dies sei möglich, da bei S/4Hana keine Updates der "Totalen" mehr nötig sei und auf redundante Daten wie auch auf Indizes verzichtet werde. Fehler durch Updates in der Datenbank würden nicht mehr auftreten und mehr Prozesse könnten parallel erledigt werden. Somit könne der Durchlauf auf einem Rechner um das dreifache erhöht werden, war Plattners Präsentation zu entnehmen.

Mehr Performance werde ausserdem durch die Trennung von "aktuellen" und "historischen" Daten erreicht. Nur die zuerst genannten würde in die Berechnung mit einfliessen, da die historischen Daten per Definition unveränderlich seinen. Dazu griff SAP auf ein Modell zurück, welches bereits in den 70er-Jahren entwickelt wurde.

Deutliche Einsparungen versprochen

Dadurch, dass nur noch die "aktuellen Daten" verwendet werden, könne der Speicherbedarf erheblich verringert werden, sagte Plattner. Als Beispiel nannte er eine Firma, die 600 Gigabyte Speicher in einer traditionellen Datenbank benötig. Bei SAP Hana schrumpfe diese bereits auf 120 Gigabyte und S/4Hana reduziere sich noch einmal auf nur noch 42 Gigabyte. Da bei der Berechnung nur noch die "aktuellen Daten" verwendet werden, sei bei dieser Firma nur noch ein Speicherplatz von 8,4 Gigabyte nötig, versprach Plattner.

"Eine ganze Firma kann auf einem Smartphone gesteuert werden", veranschaulichte Plattner dies. Durch die Reduktion des Speichers sei das Einsparpotential enorm und die Performance würde erheblich verbessert, sagte Plattner weiter.

Fliessender Übergang möglich

Da das User-Interface von S/4Hana grundlegend anders sei als bei den bisherigen Produkten des Unternehmens, kündigte SAP einen speziellen Übergangsprozess an. Firmen sollen die alte und neue Anwendung parallel weiterbetreiben können und erst bei erfolgreichem Training aller Beteiligten in den neuen Modus wechseln.

S/4Hana wird dabei auch als On-Premise-Lösung verfügbar sein. Damit entspreche SAP beispielsweise den Anforderungen von Gesundheitseinrichtungen und anderen Institutionen mit sensiblen Daten. S/4Hana könne aber jederzeit in die Punlic- oder Private-Cloud überführt werden, sagte Plattner.

Erste Stimmen aus der DSAG

Gleich nach der Präsentation äusserten sich prominente Stimmen von der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) über ihre ersten Eindrücke zu SAP S/4Hana. Der Vorstandsvorsitzende der Gruppe Marco Lenck sieht die neue Lösung als ein Produkt für Vorreiter und Unternehmen mit innovativen Geschäftsprozessen.

DSAG-Vorstand Gerhard Göttert lobte, dass S/4Hana sowohl als On-Premise, wie auch als Private- und Public-Cloud angeboten wird. Demnach könne jedes Unternehmen das für sich passende Betriebsmodell wählen. Göttert freue sich auch, dass den Kunden ein schrittweiser Übergang ermöglicht werde. Für die Kunden solle dabei aber stets eine "echte" Wahlfreiheit bestehen.

In Bezug auf das Preismodell forderte Vorstand Andreas Oczko, dass bei den Kunden über die Datenbank hinaus keine weiteren Kosten anfallen sollen. Auch müssten die bestehenden Anwendungen bis zum Ende der Wartungszusage im Jahr 2025 "signifikant weiterentwickelt und gepflegt werden".

Webcode
592

Passende Jobs