E-Commerce-Report 2016

Onlinehandel unter Druck

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von David Klier

Der Schweizer Onlinehandel hat 2015 zugelegt. Sogar knapp zweistellig. Trotzdem sind einige Händler unzufrieden. Der Anteil ausländischer Anbieter legte zu.

Das vergangene Jahr war eigentlich ein gutes für den Schweizer Onlinehandel. Das Handelsvolumen belief sich auf etwa 6,7 Milliarden Franken. Rund 10 Prozent mehr als 2014, wie dem E-Commerce-Report 2016 zu entnehmen ist.

Seit 2009 untersucht der Report den Wandel und Trends im Schweizer Onlinehandel. Datatrans und die Fachhochschule Nordwestschweiz befragen dazu die Anbieter im Markt.

Etwa 250 Millionen Franken gingen auf das Konto ausländischer Onlinehändler. Die Zahl der ausländischen in der Schweiz aktiven Anbieter stieg um 2 Prozentpunkte auf 20 Prozent. Je nach Branche gebe es aber erhebliche Unterschiede, schreiben die Autoren des Reports.

Onlinehandel macht teilweise 30 Prozent des Gesamthandels aus

Unterschiede gibt es auch beim Anteil des Onlinehandels am gesamten Detailhandel. Das Volumen des Schweizer Detailhandels belief sich im vergangen Jahr auf rund 95 Milliarden Franken. Insgesamt machte der Onlinehandel also etwa 7 Prozent aus. Je nach Branche lag der Anteil aber zwischen 1 und 30 Prozent!

Das stärkste "Onlinewarenhaus" war im vergangenen Jahr Digitec-Galaxus mit einem Umsatz von fast 700 Millionen Franken. In die Kategorie Onlinewarenhaus könne man auch Brack.ch einordnen. Der Anbiete verfüge über ein ähnlich breites, sortimentsübergreifendes Angebot.

Beiden traue man in der Branche zu, in einem verschärften Wettbewerb mit Amazon bestehen zu können. Über ihr eigenes Potenzial hinaus hätten sie aber Amazon nichts entgegenzustellen. Sie seien keine Onlinemarktplätze.

Starker Schweizer Onlinemarktplatz fehlt

Drei Viertel der Studienteilnehmer wünschen sich indes einen starken Schweizer B2C-Onlinemarktplatz. Das Geschäftsfeld dürfe man nicht einfach Amazon überlassen. Mit Siroop ist nach Meinung der Studienautoren ein interessanter Player aufgetaucht, der diese Lücke füllen könnte. Sie bezeichnen Siroop als das "derzeit vielleicht aufregendste E-Commerce-Projekt der Schweiz".

Gemäss den Autoren des Reports hatten 2015 sogenannte kanalübergreifende Geschäftskonzepte eine hohe Bedeutung. Anbieter, die die Möglichkeit dazu haben, würden Multichannel-Konzepte vorantreiben.

Mehr reine Onliner öffnen stationäre Geschäfte

Im vergangenen Jahr hätten sich etwa vermehrt reine Onlinehändler, sogenannte Pure Player, für stationäre Konzepte entschieden. Der Rollout von 290 Pick-M-up-Stationen der Migros-Gruppe sei für 80 Prozent der Studienteilnehmer ein Indikator, dass sich Pick-up-Lösungen im Markt etablieren werden.

Ein weiteres Indiz seien Anbieter, die beschränkte Sortimente in ihren Filialen durch ein grösseres Onlinesortiment erweitern würden.

Logistik wird zum entscheidenden Faktor

Abgesehen von den neuen Vertriebswegen würden viele Schweizer Anbieter erheblich in die Logistik investieren. Sie wollen von physischer Nähe zum Kunden profitieren und schneller liefern können als die ausländische Konkurrenz.

Die Möglichkeiten zur Bestimmung von Lieferzeit und -ort durch den Kunden rücken dabei in den Vordergrund, wie es im Report heisst. Serviceleistungen wie etwa für Montage, Inbetriebnahme und Entsorgung würden Kunden weitere Auswahlmöglichkeiten bieten.

Kunden nicht beim Bezahlen durch Barrieren vergraulen

Beim Thema Bezahlung haben viele Einzelhändler offenbar immer noch Mühe, wie die Autoren weiter schreiben. Dienstleistungsbranchen wie etwa der öffentliche Verkehr hätten zwar grosse Fortschritte beim One-Click-Checkout erzielt. Doch der Einzelhandel verlasse sich immer noch weitgehend auf seine "bereits in die Jahre gekommenen" Lösungen.

Digital Wallets oder mobile Payment-Lösungen hätten die Studienteilnehmer Anfang 2016 noch kalt gelassen. Das Angebot sei zu unübersichtlich. Die Einigung zur Fusion von Paymit und Twint dürfte das ändern, heisst es im Report.

Hersteller brauchen den Handel, Rollen könnten sich aber verändern

Konfliktpotenzial birgt laut den Autoren eine aktivere Rolle der Markenhersteller. Sie würden sich direkt an die Endkunden wenden. Und die Hersteller seien quasi dazu gezwungen. Der traditionelle Handel verliere an Gewicht, Markenfans würden einen direkten Zugang verlangen. Handel und Hersteller müssen die Arbeitsteilung neu ausloten, wie die Autoren schreiben.

Denn der Handel werde in jedem Fall ein unentbehrlicher Partner sein. Hersteller würden einen leistungsfähigen Handel brauchen, der ihnen Aufmerksamkeit in ihrem Kundensegment verschaffe. Einen Handel, der sich für ihre Produkte einsetze und der die Markenpolitik nicht untergrabe.

Den vollständigen Bericht kann man kostenlos auf der Website zum Report herunterladen. An der Studie nahmen 36 "potenziell marktprägende Online- und Multichannel-Anbieter" mit Sitz in der Schweiz teil. Zusammen stehen sie für einen Umsatzvolumen von über 4,5 Milliarden Franken.

Die Vollständige Liste des Panels ist ebenfalls über die Website zum Report verfügbar.

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