LTE

Claudia Schwers: "Wir wollen ein Stück vom Wireless-Kuchen"

Uhr | Aktualisiert
von asc

Rote Zahlen und Abschreibungen: Bei Alcatel-Lucent Schweiz ist Restrukturierung ein fortlaufender Prozess. Doch der Netzwerkausrüster will wachsen und das vor allem im Wireless-Bereich. Die Netzwoche fragte nach bei Country-Managerin Claudia Schwers.

Claudia Schwers, Partner von Heidrick & Struggles
Claudia Schwers, Partner von Heidrick & Struggles

Frau Schwers, Alcatel-Lucent ist ja dafür bekannt, dass ständig rote Zahlen geschrieben und riesige Abschreibungen verbucht werden. Wie sieht denn die aktuelle Situation aus?

In der Regel ist es nicht so, dass Alcatel-Lucent für riesige Abschreibungen steht. Sicherlich eher für Post-Merger-Problematiken, die aber heute nicht mehr das grosse Problem sind. Der Merger zwischen Alcatel und Lucent liegt schon eine ganze Weile zurück. Bezüglich der Quartalszahlen gab es auf der einen Seite schon einen Verlust, der aber einkalkuliert war und von daher nicht überraschend kam. Gründe dafür waren unter anderem Restrukturierungsmassnahmen.

Und wann sind die Restrukturierungsmassnahmen bei Alcatel-Lucent abgeschlossen?

Ich glaube Alcatel-Lucent hat einen grossen Vorteil durch die Diversifikation in Bereiche, in denen Mitbewerber teilweise noch nicht aktiv sind. So haben wir uns besonders im Servicebereich weiterentwickelt. Und eine solche Ausweitung der Geschäftstätigkeit von einem reinen Produkt- und Equipment-Verkäufer hin zu einem Serviceanbieter, also einem Betreiber von Infrastrukturen, ist von grossem Vorteil. Dieser ganze Prozess geht immer mit notwendigen Restrukturierungen und Effizienzsteigerungsprogrammen einher.

Auch in der Schweiz wurden einige Stellen abgebaut.

Ja, letztes Jahr gab es einige Entlassungen im Rahmen von Effizienzsteigerungsmassnahmen und Synergieeffekten.

Sie sind seit Oktober 2009 im Unternehmen beschäftigt. Mussten Sie lange überlegen, ob Sie den Posten bei Alcatel-Lucent antreten?

Das musste ich mir wirklich nicht zweimal überlegen. Ich fand das Ganze unheimlich spannend. Ich habe vorher bei Swisscom im Grosskundenbereich den Betrieb verantwortet. Jetzt den Betrieb von zwei Carrier-Kunden mit verantworten zu können, ist einfach eine grosse Herausforderung für mich und das ganze Team.

Wie sieht denn die Situation in der Schweiz im Hinblick auf Umsatz, Wachstum und Ziele aus?

Wir sind momentan sehr stark darauf fokussiert, dass wir Marktanteile zurückgewinnen. Es geht um Marktanteilsverschiebungen und wir erhoffen uns relativ viel im IP-Bereich. Und auf der anderen Seite haben wir vor, auch im Wireless-Bereich zu wachsen. Von dem Kuchen wollen wir ein Stück haben.

Und wie beeinflusst die Übernahme von Sunrise durch den britischen Investor CVC die Geschäfte von Alcatel-Lucent?

Wir begrüssen den Einstieg von CVC bei Sunrise. CVC hat bereits erklärt, zusätzliche Investitionen in Sunrise zu tätigen, um zum Beispiel neue Geschäftsfelder wie TV zu erschliessen. Alcatel-Lucent verfügt über langjährige internationale Erfahrung und unterstützt Sunrise auf Wunsch gerne beim Aufbau dieser neuen Geschäftsfelder.

Wo sehen Sie momentan die Wachstumsfelder in der Schweiz?

Im Carrier-Segment sehe ich vor allem was Wireless angeht, inklusive LTE, einen starken Markt. Gerade hier wollen sich viele entwickeln. Im Enterprise-Segment haben wir auch starke Wachstumspläne, hier aber besonders im Managed Services. Wir machen 90 Prozent unserer Umsätze im Carrierbereich und 10 Prozent im Enterprise-Segment.

LTE und Glasfaserausbau sind ein zusätzliches Geschäft – eine ganz andere Baustelle. Wie teilt sich der Markt dort auf?

Das sind immer die gleichen Player wie Cisco oder Ericsson. Es gibt keinen Carrier, der alles bei einem Anbieter hat. Es kommt auch immer auf den Entwicklungsstand des jeweiligen Carriers an. Gerade beim Thema LTE schaut man jetzt, wer in der Entwicklung am weitesten ist.

Rollen denn die Milliarden, die jetzt in LTE investiert werden, auch für Alcatel-Lucent?

Für uns rollen hier sicherlich lokal keine Milliarden, bei uns steht noch kein Business Case dahinter, da wir ja nicht der Provider sind. Die Ausrüstung ist nur ein Teil des notwendigen Investitionsvolumens in LTE, die Lizenzgebühren und die Umrüstung sind ein nicht unerheblicher Kostenfaktor. Für unsere Equipment-Verkäufe stellt LTE sicherlich kein Milliarden-Geschäft in der Schweiz dar.

Beim Thema LTE gibt es Anfang 2011 eine neue Lizenzausschreibung. Wird sich denn nach Ihrer Meinung ausser Swisscom jemand melden?

Ja, ich denke schon. Wenn wir hören, was an Investitionsvolumen sowohl von Sunrise wie auch von Orange kommuniziert werden, dann besteht ganz offensichtlich auch ein Interesse bei diesen Carriern.

Wäre es denkbar, dass Alcatel-Lucent sich um eine Lizenz bei der LTE-Ausschreibung bewirbt?

Darüber wird immer wieder spekuliert. Aber für uns ist das im Moment kein Geschäft, in das wir uns hineinbewegen wollen. Wir betreiben die Netze und nicht mehr.

Wie lange dauert es Ihrer Meinung nach noch, bis LTE in der Schweiz beziehungsweise in Europa angeboten werden kann?

Das wird schneller gehen, als wir denken. Der mobile Bandbreitenbedarf, der sich bereits jetzt in Europa offenbart, steigt weiter exorbitant. In Europa stehen wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder unter Druck, der von Amerika ausgeht. Dort wird jetzt schon mit dem Rollout von LTE begonnen. Das merken wir vor allem an unseren amerikanischen Grosskunden AT&T und Verizon. Alle sagen, LTE wird im Jahre 2016 kommen, aber ich glaube, dass es keine sechs Jahre mehr dauern wird. Ich rechne damit, dass es bereits nächstes Jahr die ersten LTE-Testnetze in Europa gibt.