"Der Finanzplatz Schweiz spielt eine wesentliche Rolle"
Mathias Schütz ist seit dem 1. März in der Geschäftsleitung von Avaloq Evolution. In seiner Funktion verantwortet er die Regionen Western and Southern Europe und Asia Pacific. Die Netzwoche hat ihn zu den Erfolgschancen von Schweizer Bankenlösungen im weltweiten Markt befragt.

Herr Schütz, es ist bekannt, dass Avaloq auf die Strategie "Follow your Clients" setzt. Ich nehme an, bei der Erschliessung neuer Märkte gibt es noch weitere Kriterien?
Sicher. Vor dem Eintritt in neue Märkte erfolgt eine sehr detaillierte Analyse, bei der zum Beispiel folgende Fragen beantwortet werden: Ist noch viel veraltete Bankensoftware auf dem Markt? Sind die Banken profitabel, und haben sie Geld für Investments? Wie viel müssen wir investieren, um die Lösung für das entsprechende Land anzupassen? Finden wir genügend Partnerfirmen und Fachkräfte vor Ort? Wie gesättigt ist der Markt, und wie hoch sind die Eintrittsschranken? Kurz: Es spielen sehr viele Faktoren mit hinein.
Kommt "Made in Switzerland" auch im Markt für Bankensoftwarelösungen international gut an?
Swissness alleine bringt längst keinen Wettbewerbsvorteil mehr. Die Schweiz als einer der weltweit führenden Finanzplätze spielt hingegen eine wesentliche Rolle. Denn im Finanzplatz Schweiz steckt eine jahrhundertelange Bankentradition, die für uns elementar ist. Darüber hinaus zieht er zusammen mit weltweit renommierten Hochschulen wie der Universität St. Gallen oder der ETH Zürich Talente an, die genau das mitbringen, was für uns entscheidend ist: exzellentes Bankfachwissen kombiniert mit einer ausgezeichneten Ausbildung im Informatikbereich. Wir sehen uns nämlich nicht nur als reinen Technologielieferanten, sondern als "Bankenversteher", der gerade mit diesem unternehmenskulturellen Aspekt gegenüber den Big Playern punkten kann.
Avaloq will jetzt nach dem Eintritt in Bankenplätze wie Luxemburg, Singapur, Liechtenstein oder Monaco auch im deutschen Markt Fuss fassen. Ist Deutschland eine besondere Knacknuss?
In Deutschland ist man tatsächlich noch nicht so weit wie etwa bei uns in der Schweiz, wo man sehr rasch auf integrierte Lösungen gesetzt hat. Dort agieren mächtige Konsortien, die grosse Rechenzentren betreiben und so einen grossen Einfluss ausüben. Diese Konsortien hatten wir in der Schweiz etwa vergleichsweise mit den AGI-Banken auch, in Deutschland sind diese Konsortien aber doch einiges mächtiger und grösser. Dies gestaltet die Situation für unabhängige Anbieter gemeinhin viel schwieriger. Mit der deutschen Tochtergesellschaft der LGT haben wir jetzt die erste Mi¬gration in Deutschland erfolgreich durchgeführt. Zudem ist es uns gelungen, mit der Frankfurter Bankgesellschaft einen weiteren wichtigen Kunden vor Ort zu gewinnen.
Man spricht oft davon, dass es einen First Mover braucht und dann Banken nach und nach folgen würden.
Der First-Mover-Ansatz spielt sicher eine Rolle. Es erstaunt deshalb kaum, dass der First Mover vom Markt mit Argusaugen beobachtet wird. In diesem Zusammenhang haben wir die Beobachtung gemacht, dass wir nach dem Markteintritt bis zum Going Live des First Mover keine weiteren Kunden mehr akquirieren konnten, weil alle zuerst nur auf unseren ersten Kunden geschaut haben.
Wie stark setzen Sie bei der Expansion in neue Märkte auf lokal vorhandene Fachkräfte?
Es ist natürlich immer eine Mischung: Man startet mit erfahrenen Expatriats, die nach und nach durch lokale Fachkräfte abgelöst werden. Bei unserem asiatischen Hub in Singapur haben wir mit einer Kerngruppe an Fachkräften aus dem Headquarter angefangen, die dann laufend neue lokale Fachkräfte rekrutierten und ausbildeten. Gerade in Singapur hat es uns sehr überrascht, wie schnell wir an gute Leute herangekommen sind.
Ich nehme an, dass Sie nicht nur eigene Angestellte in neue Märkte mitnehmen, sondern auch Schweizer Partnerfirmen...
Natürlich. Wir setzen auch international auf ein funktionierendes Partnernetzwerk. Gerade im Fall von Singapur haben sich vier etablierte Partner aus der Schweiz entschieden, unserem Schritt zu folgen. Sie haben erkannt, dass Potenzial vorhanden ist und mit einem ähnlichen Ansatz wie wir einen neuen Standort aufgebaut.
Um eine Migration erfolgreich durchführen zu können, braucht es ein gut funktionierendes Change-Management. In der Schweiz hat die Migration bei einigen Banken anstatt Einsparungen Mehrkosten gebracht. Wie sind die Erfahrungen auf den asiatischen Märkten?
Die mittel- bis langfristigen Einsparungen hinsichtlich der Betriebskosten überwiegen die kurzfristigen Mehrkosten um ein Vielfaches. Diese können allenfalls durch ein Einführungsprojekt entstehen. Das Change-Management darf bei einem Projekt unter keinen Umständen vernachlässigt werden – weder im Heimmarkt noch in den neuen Märkten –, denn es geht schliesslich auch immer um Menschen. Ein konsequentes Change-Management hilft, die Anforderungen der Benutzer zu steuern und somit auch die Projektkosten unter Kontrolle zu halten. Je grösser eine Bank ist, desto anspruchsvoller wird das Change-Management. Wir propagieren deshalb immer wieder, dass Banken diesen Prozess absolut im Griff haben müssen. Die kulturellen Unterschiede spielen insofern eine Rolle, als dass in Europa demokratischer vorgegangen wird, in Asien dagegen gibt es eine strikte Hierarchie.

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