IT-Beschaffungskonferenz

"Die eierlegende Wollmilchsau existiert nicht"

Uhr | Aktualisiert

Die erste Ausgabe der ersten IT-Beschaffungskonferenz in Bern dürfte erfolgreich gewesen sein: Die Besucher kamen zahlreich und die Referenten zeigten sich äusserst gut gelaunt.

Peter Fischer, Delegierter für die Informatiksteuerung des Bundes, referierte an der IT-Beschaffungskonferenz.
Peter Fischer, Delegierter für die Informatiksteuerung des Bundes, referierte an der IT-Beschaffungskonferenz.

"Wenn etwas schief läuft, ist einem die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sicher." Mit diesem Zitat eröffnete Thomas Myrach vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern die erste IT-Beschaffungskonferenz, die am Dienstag in Bern stattfand. Er läutete damit eine Konferenz ein, die neben theoretischen Aspekten der Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung durchaus auch die humorvolle Seite der geladenen Referenten zum Vorschein brachte.

Sicher würden die Organisatoren die erste Ausgabe dieser Konferenz als vollen Erfolg bezeichnen. Zumindest war der Vorlesungssaal der Berner UniS an der Schanzeneckstrasse praktisch bis auf den letzten Platz besetzt. Für einmal beherbergte er aber nicht Studenten, sondern Vertreter des Bundes, bundesnahen Unternehmen und der Wirtschaft. Grund für das grosse Interesse war sicher das Debakel um das IT-Projekt "Insieme", das diesen Frühling für einigen Wirbel gesorgt hatte.

Nicht immer läuft es schief

Peter Fischer, Delegierter für die Informatiksteuerung des Bundes, nutzte sein Referat am Vormittag dafür, diese Wogen etwas zu glätten. "Die meisten Beschaffungen gehen gut – das ging diesen Sommer etwas vergessen." Er zeigte zudem Humor, indem er, auf Insieme anspielend, von einer "Sonderwerbekampagne vor den Sommerferien" sprach. Er betonte zudem, dass es wichtig sei, aus Fehlern zu lernen. Wenn IT-Projekte aus dem Ruder laufen, liege es nicht immer nur an der Informatik, sagte er. "Es kann auch an ganz anderen Dingen liegen, beispielsweise am Führungsstil oder an einer schlechten Vorbereitung."

Wie recht Fischer mit seinen Ausführungen hatte, zeigte Erika Bachmann, Direktorin Support Sozialdepartement der Stadt Zürich, in ihrem Referat auf. Sie erklärte, wie es dazu kam, dass ein IT-Projekt des Sozialdepartements der Stadt Zürich scheitern konnte. Sie spielte damit auf das Projekt "Elusa" (ehemals "Famoz") an, das wie "Insieme" in den Negativ-Schlagzeilen gelandet war. Nichtsdestotrotz konnte auch Bachmann dem Projekt "Elusa" eine positive Seite abgewinnen. "Wann sonst schafft es ein Projekt schon auf die Titelseite des Tagesanzeigers?" witzelte sie.

Zudem verglich sie den Projektverlauf von "Elusa" mit einem SAP-Vorzeigeprojekt ("ERPplus", Hinweis der Redaktion), das die Einführung von SAP in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, Personalwesen und Logistik zum Ziel hatte. Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Projekten lag laut Bachmann primär in der Zusammenarbeit zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. So könne ein Pflichtenheft seitens des Auftraggebers nicht "im stillen Kämmerlein" erarbeitet werden, sondern nur im aktiven Austausch mit dem Auftragnehmer – ohne es mit dem Aufwand auf die Spitze zu treiben.

"Eierlegende Wollmilchsau"

Fischer wies zudem darauf hin, dass er sich nicht sicher sei, ob dem Auftraggeber in jedem Fall wirklich klar sei, was er wirklich wolle. Es mache keinen Sinn, eine eierlegende Wollmilchsau in Auftrag zu geben, wie es in einem konkreten Fall auch schon vorgekommen sei. "In den Köpfen mag ein solches Konstrukt existieren, aber in der Natur wird man es trotz alles Biodiversität nicht finden", gab er zu bedenken. Ausserdem habe der Unterlieferant im gegebenen Fall keine Ahnung von eierlegenden Wollmilchsäuen gehabt.

Fischer gab auch zu bedenken, dass der Aufwand eines Beschaffungsverfahrens manchmal beträchtlich sei. "Ich bin mir nicht sicher, ob das volkswirtschaftlich immer aufgeht". Zudem sei es sehr wichtig, in einem geplanten IT-Projekt die bestehende Infrastruktur nicht zu vergessen, denn "die grüne Wiese gibt es heute nur noch selten".

Als weitere Referenten sprachen unter anderem Dominik Kuonen, Jurist am Kompetenzzentrum für Beschaffungswesen Bund beim Bundesamt für Bauten und Logistik und Marc Steiner, Richter Abteilung 2 des Bundesverwaltungsgerichts. Sie beleuchteten primär die juristischen Rahmenbedingungen von öffentlichen Beschaffungen beziehungsweise die Rechtssprechung in Streitfällen. Der Nachmittag war Podiumsgesprächen und Fachsessionen gewidmet.