Er liest sogar Zeitungen

Ex-Hacker: "Web-Abstinenz macht mich zum erfüllten Individuum"

Uhr | Aktualisiert

Der Ex-Lulzsec-Hacker Jake Davis ist seit über einem Jahr offline. In der britischen Zeitung "Guardian" beschreibt er, wie sich das anfühlt.

Jake Davis wurde im Juli 2011 von der britischen Polizei verhaftet. Seither war der 19-Jährige, einer der Köpfe hinter den Hackergruppierungen Anonymous und Lulzsec, nicht mehr im Internet. Es drohe ihm eine Abschiebung und eine mehrjährige Gefängnisstrafe in die USA, beginnt Davis seinen Artikel, bevor er zum eigentlichen Thema überleitet: Oft werde er gefragt, wie sich das Leben ohne Internet denn so anfühle. "Serene" - sinngemäss: ruhig, heiter, gelassen - ist seine Antwort.

Ruhiger Schlaf statt Meme-Bilder

Zeitungen würden ihm nun nicht mehr wie antike Schriftrollen vorkommen, schreibt Davis, und er betrete richtige Shops um richtige Produkte mit richtigem Geld zu kaufen. Zudem verspüre er nicht mehr den Wunsch, die bekannten Meme-Bilder mit Photoshop zu erstellen. "Nichts muss mehr untertitelt oder in einen kunstvollen Witz verarbeitet werden um eine Population zu beeindrucken, deren Gefühle durch eine Reihe von Tastenanschlägen zum Ausdruck kommen", sinniert Davis.

Das Leben sei aber auch langweiliger und an sich einfache Aufgaben viel schwieriger geworden. Er vermisse seine Online-Kumpanen, das unschuldige Geschwätz in Chatrooms und die Einfachheit, mit der Freundschaften geschlossen werden konnten. Trotzdem: Ein Leben ohne das Internet habe etwas "seltsam Liebenswertes" an sich. Es sei ein schönes Gefühl, die Augen schliessen zu können, ohne mit blinkenden Formen und ständig brummenden Geräuschen bombardiert zu werden. Die Paranoia sei weg, sein Schlaf ruhig und Bücher deutlich interessanter.

Empfehlung: Eine Woche offline gehen

Seine Aufmerksamkeitsspanne ("attention span") habe sich endlich wieder verlängert. Das sei heute generell ein Problem, und es zerfresse unsere Kreativität. "Die dauernde Abwesenheit des Internets hat mich zu einem erfüllten Individuum gemacht", bilanziert Davis.

Am Schluss gibt der Ex-Hacker noch eine Empfehlung ab: Wer in einer ähnlichen Situation sei, soll doch mal eine Auszeit vom Internet nehmen - wenn auch nur für eine Woche. Schaden könne dies nicht, so Davis.

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