In Japan bereits ein Massenphänomen

Steht Mobile Contactless Payment kurz vor dem Durchbruch?

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Ende 2010 sollen hierzulande 600'000 Kreditkarten im Umlauf sein, die über die Technologie Near Field Communication verfügen. Bis sich Mobile Contactless Payment in der Schweiz aber etabliert, dürften noch Jahre vergehen.

"Gemäss der in dieser Studie recherchierten Daten erfolgen heute 40 Prozent aller Zahlungen bargeldlos", heisst es in einem Statusbericht zum Thema Mobile Contactless Payment und Mobile Ticketing von KPMG und der ETH. Im Vergleich zu den nordischen Ländern stehe die Schweiz damit gut da. In Deutschland zum Beispiel betrage der Anteil aber bereits 75 Prozent.

Das Potenzial sei da am höchsten, wo eine Bezahlung schnell abgewickelt werden müsse – also an Bahnhöfen, auf Parkplätzen, in Kiosken, Stadien oder Einkaufszentren. In Japan, wo bis Mitte 2009 bereits über 53 Millionen NFC-fähige Mobiltelefone abgesetzt wurden, ist die Technologie bereits ein Massenphänomen.

Vom Vier- zum Sechs-Parteien-Modell

Aktuell wird der hiesige Markt von Visa und Mastercard dominiert, auf Basis eines Vier-Parteien-Systems: Issuer wie Credit Suisse und UBS stellen Kreditkarten aus; Acquirer wie Aduno und Six Multipay verarbeiten die Transaktionen; Händler bieten Kartenleser am Point of Sale an; Karteninhaber bezahlen bargeldlos.

Neu dazu kommen beim Mobile Contacless Payment der Mobile Network Operator (MNO) als Herausgeber der SIM-Karten und der Trusted Service Manager (TSM) als Vermittler. Wer dabei genau wie mit wem agiert, erklärt die Abbildung.

Von NFC erhoffen sich die Marktteilnehmer diverse Vorteile: Die Geschwindigkeit und der Komfort bargeldloser Zahlungen sollen sich erhöhen, Handys sich als neues, innovatives Zahlungsmittel etablieren und die Kundenzufriedenheit steigen. Als grösste Risiken werden Sicherheitsbedenken, das Fehlen von internationalen Standards und etablierten Geschäftsmodellen sowie die noch nicht gewonnene Akzeptanz des Kunden genannt.

Wer investiert als Erster? Und wann?

"Die NFC-Infrastruktur kann nur dann etabliert werden, wenn alle Beteiligten sich zu ihr bekennen und entsprechende Investitionen Investitionen tätigen", kommt die Studie zum Schluss. Genau hier liege denn auch das Problem, sagt Pierre-André Steim, Präsident des Verbands Elektronischer Zahlungsverkehr Schweiz. "Ein Terminal hat eine Abschreibungsdauer von zehn, eine Kasse von acht Jahren", so das langjährige Kadermitglied von Migros.

Migros werde erst 2012 oder 2013 wieder in eine neue Terminal investieren, und ob diese NFC unterstützen werde, sei ungewiss. Zudem sei bei Beträgen ab 40 Franken (aus Sicherheitsgründen) auch mit NFC eine PIN-Eingabe erforderlich. Der durchschnittliche Einkauf in der Migros liege aber bei 80 Franken.

"Am Schluss gibt es bloss ein Chaos an den Kassen", so Steim, der sich bei der Präsentation im mit über 100 Teilnehmern ausgebuchten Zunfthaus zum Rüden als NFC-Kritiker entpuppte.

Noch fehlt es an kompatibler Hardware

Auch sei unklar, wem die Kundendaten gehörten und ob NFC wirklich einen Mehrwert generiere. Für einen Erfolg brauche es mehr NFC-fähige Handys, kompatible Verkaufsstellen und eine Einigung auf ein für alle Marktteilnehmer tragbares Preis- und Kommissionsmodell, so Steim.

Nicht überraschend heisst es in der Studie: "Mit einer endgültigen Lancierung von Mobile Contactles Payment in der Schweiz wird von allen Interviewpartnern in fünf bis zehn Jahren gerechnet."

Wie funktioniert die Technologie Near field communication?

Mobile Contactless Payment und Mobile Ticketing basieren auf Near Field Communication (NFC) und können in Smartcards (Speicherkarten) und Mobilfunkgeräten eingesetzt werden.

NFC selbst ist eine Methode zur Datenübermittlung, die auf die RFID-Technologie aufsetzt. Sie funktioniert allerdings über eine kürzere Distanz: NFC wird ausgelöst, indem zwei kompatible Geräte in einem Abstand von maximal 10 Zentimetern gebracht werden.

Mit Paypass von Mastercard und Paywave von Visa sind heute bereits zwei auf NFC basierende Kreditkarten auf dem Schweizer Markt. Der Standard wurde vom NFC-Forum entwickelt und ist mit ISO 14 443 A/B kompatibel. Erfunden wurde die Technologie von den Unternehmen Sony und Philips.