"Unternehmen müssen alle über das Web schulen - auch die Telefonistin"
Risiko-Dialog lud zu Interxion nach Glattbrugg ein. Das passende Setting, um über das Internet als kritische Infrastruktur zu diskutieren. Fazit: Das Web ist verwundbar - und es fehlt an Ausbildung und Prävention.
"Wie weit darf der Wunsch nach ungehinderter Kommunikation im Netz gehen? Welche Risiken stellen sich? Welchen Interessenskonflikten sind die Akteure ausgesetzt? Wohin gehen die Trends?"
Mit diesem Fragekatalog lud die Stiftung Risiko-Dialog zur gestrigen "Lernexpedition" in das Hochsicherheitsgebäude des Rechenzentrumbetreibers Interxion nach Glattbrugg ein.
Antworten lieferten die Referenten Eddy Van den Broeck (Managing Director Interxion Schweiz), Roger Lüssi (Vorstandsmitglied SwissIX), François Maurer (Leiter Nummerierung und Adressierung BAKOM) und Pascal Gloor (Vizepräsident Piratenpartei Schweiz).
"Bei uns lebt das Internet"
Gastgeber Eddy Van den Broeck ergriff zuerst das Wort und legte zum Start die Sicht eines Infrastrukturanbieters wie Interxion dar. "In Rechenzentren wie unseren wird das Internet zum Leben erweckt", sagte er - "und ohne geht es nicht".
Interxion sei am schnellsten Glasfasernetz der Schweiz angeschlossen, führte Van den Broeck aus, und verbrauche mehr Strom als der ganze Flughafen Zürich. Damit war sofort klar, was die grösste Abhängigkeit eines Rechenzentrumsbetreibers - und somit auch des Internets - überhaupt ist: Elektrizität.
"Wir garantieren eine Verfügbarkeiten von 99,999 Prozent", so Van den Broeck, "und die Speisung mit Strom erfolgt über zwei unterschiedliche Leitungen". Trotzdem: An der Abhängigkeit eines externen Stromanbieters ändert dies nichts - da hilft auch ein redundantes Generatoren-Backup für Notfälle nur wenig.
Weitere mögliche Schwachstellen in der weltweiten Web-Infrastruktur seien Internetleitungen, Kühlungssysteme und allgemein die physische Sicherheit. Auf die Frage, ob es beim Standort Glattbrugg nicht noch eine besondere Gefährdung wegen Flughafen-Nähe gebe, gab sich Van den Broeck gelassen: "Studien haben gezeigt, dass die Absturzwahrscheinlichkeit von Flugzeugen in Glattbrugg nicht höher ist als anderswo in der Schweiz".
"Die Realität sieht leider anders aus"
Anschliessend folgte Roger Lüssi, Vorstandsmitglied des nationalen Internetaustauschknotens SwissIX. Er zeigte mit einem Videobeitrag die Funktionsweise des Internets auf, und fügte an: "Die Realität sieht aber leider anders aus".
So gebe es etliche technische Risiken, die den reibungslosen Betrieb des Internets einschränken können: Falsche Router-Konfigurationen, Plattform-Fehler in der Hardware, mangelhafte Firmware-Updates - und nicht zuletzt auch "human error".
Auch François Maurer vom BAKOM fand Schwachstellen: So sei zum Beispiel die ICANN, die weltweit über die Verwaltung von Top-Level-Domains entscheidet, eine privatrechtliche Organisation US-amerikanischen Rechts. Ihre finanzielle Stabilität sei nicht gesichert, und es bestehe das Risiko der Beeinflussung durch Lobbys. Zudem gelte als Gerichstand die USA. Überhaupt sei es schwierig, die ICANN zu internationalisieren, so Maurer.
"Ausbildung und Prävention gibt es in der Schweiz kaum"
Am kontroversesten diskutiert wurde der Beitrag von Piratenpartei-Vizepräsident Pascal Gloor. Er verglich das Web mit dem Verkehrswesen und konstatierte Nachholbedarf: "Ausbildung und Prävention zum Thema Internet gibt es in der Schweiz kaum".
"Alle Jugendlichen wissen heute, wie man das Internet benutzt. Was es aber bedeutet, wenn sie eine Meldung auf Twitter oder Facebook veröffentlichen, erklärt ihnen niemand", so Gloor.
Grund dafür seien Mängel in Ausbildung und Erziehung. Sprich: Wenn eine Mutter heute nicht mal wisse, was Bluetooth sei, könne sie ihr Kind auch nicht über die grossen Probleme mit neuen Technologien wie das Internet aufklären. "Wie soll man aufklären, wenn man nicht mal das Problem erkennt?"
Es brauche also eine Verankerung von "Web-Aufklärung" im Bildungswesen und interne Firmenschulungen, forderte Gloor. "Unternehmen müssen ausnahmslos alle Mitarbeiter über das Thema Internet schulen - auch die Telefonistin", so sein Fazit.

Werner Herzog sinniert über Hühner

Cybersecurity bremst die Einführung von KI-Agenten

IT-Fachleute bewerten Schweizer Digitalisierungsstand mit Schulnote 5

Viele Unternehmen können auf Cyberangriffe nicht richtig reagieren

Microsoft lanciert Cybersecurity-Initiative für EU-Regierungen

Swiss AI Accelerator bringt KI in Unternehmen

Microsoft-Software ist wegen Trump ein Sicherheitsrisiko – so reagiert Dänemark

Econis holt Co-CEO an Bord

Westschweizer IT-Dienstleister Silicom übernimmt Dialogue Logique
