Interview mit Ralf Patzwaldt von Tableau Software

"Oh my God, I have to tableau my data"

Uhr | Aktualisiert

Big Data ist in aller Munde. Doch wie mit der Datenflut umgehen? Wir sprachen mit Ralf Patzwaldt, DACH-Enterprise Account Manager bei Tableau, über professionelle Datenvisualisierungen.

Herr Patzwaldt, der CEO ihrer Firma, Christian Chabot, sagte 2012 in einem Interview: “We're the Google of data visualization.” Können Sie ausführen, was er damit gemeint hat?

Womit ist Google denn berühmt geworden? Hätten Sie nach der New-Economy-Blase zu Beginn des neuen Jahrtausends noch einen Rappen in eine Internetaktie investiert? Wie viele Suchmaschinen gab es? 20 vielleicht? Dann kam plötzlich Google, mit dem Konzept "nur eine Suchzeile". Heute, nur gut 10 Jahre später, beherrscht diese Firma den Markt und ist bestimmend geworden. Das ist die Analogie, die wir bedienen möchten. Einerseits geht es um die Einfachheit. Jeder versteht es, jeder nutzt es! So wollen wir auch sein. In den USA sagen die Angestellten von Firmen bereits: "Oh my God, I have to tableau my data." Genau wie im Privatleben, wenn wir sagen: ich google das schnell. Dazu gehört auch, dass wir das am schnellsten wachsende Softwareunternehmen der Welt sind. Wir hatten 2013 eine Wachstumsrate von 90 Prozent.

Wie viele Mitarbeiter arbeiten denn in der Zwischenzeit bei Tableau?

Aktuell haben wir circa 1’200 Mitarbeiter.

Wie sieht die Situation in der Schweiz aus, haben Sie hierzulande grosse Wachstumspläne?

Ja, auf jeden Fall. Was mich in der Schweiz beeindruckt, ist die technologische Aufgeschlossenheit der Firmen, die klar grösser ist als bei deutschen Unternehmen. Es gibt in der Schweiz eine unternehmerische Offenheit, zum Beispiel bei Novartis oder Roche. Die Firmen versuchen, international die "hellsten Köpfe" zu finden. Neue Technologien werden verwendet und zum eigenen Vorteil benutzt. In Deutschland tun dies nur wenige, wie zum Beispiel Siemens, es ist aber nicht der Standard. Vor allem bei mittelgrossen Unternehmen in Deutschland gibt es noch grosse Vorurteile und Ängste.

Kommen wir zurück zu Ihrer Tätigkeit als Unternehmen. Wo liegen die grössten Hürden bei der Datenaufbereitung?

Eigentlich gibt es drei grosse Hürden. Erstens den Zugang zu den Daten. Diesem Problem begegnen wir mit Konnektoren, wovon wir 30 standardmässig eingebaut haben. Die Bandbreite reicht von klassischen Programmen wie Excel bis hin zu Salesforce im Cloud-Bereich, sowie ganz allgemein den unterschiedlichsten Datenbanken. Die zweite Hürde ist die Darstellung. Ein Analyst muss immer in der Lage sein, seine Daten sofort zu sehen. Bei uns ist der Ausgangspunkt hierbei nie eine Tabelle, sondern eine Visualisierung. Menschen sind nicht als Tabellenscanner auf die Welt gekommen. Was wir gut können, ist Muster erkennen, weshalb wir auf Grafiken setzen. Die dritte und letzte Hürde sind schliesslich Wizards. Damit meine ich, dass häufig bis zur effektiven Darstellung oder Visualisierung bis zu zehnmal weiter geklickt werden muss. Darauf verzichten wir bewusst, das ist viel zu kompliziert. Das Ziel ist, dass die Software verschwindet und der Angestellte einer Firma nur seine Daten sieht.

Wie sieht das mit dem Zeitfaktor aus bei Tableau? Dauert die Aufbereitung der Daten lange?

Nein, Zeit ist ja bekanntlich Geld. Oder wie es bei uns intern heisst: "Time, Time, Time!" Wenn Ihr Chef eine Visualisierung braucht, dann will er nicht in drei Wochen die Resultate sehen, sondern eine Stunde später. Wir versuchen unsere Software stets so zu optimieren, dass die Aufbereitung der Daten möglichst schnell geht.

Ist es mit Tableau möglich, quasi eine Echtzeit-Analyse der Live-Daten durchzuführen, oder muss jeweils zuerst eine Kopie der Daten erstellt werden?

Wir haben eine Hybrid Data Engine. Wir sprechen bei Tableau nicht von Echtzeit, sondern vom "Live Connect", den wir zu den Daten machen können. Das heisst, es gibt höchstens ganz leichte zeitliche Verzögerungen beim Zugriff, der aber live und direkt stattfindet. Grundsätzlich funktioniert das Prinzip wie bei einem Browser. Wenn in einer Datenbank eine Änderung stattfindet können Sie F5 drücken und es findet eine Aktualisierung bei Ihnen statt. Das Gegenteil ist aber auch möglich. Wenn Sie wünschen, können sie Datenbanken extrahieren, also eine Kopie erstellen und somit nicht mit den Originaldaten arbeiten. Der Benutzer hat letztlich die Wahl.

Zuvor hatten Sie erwähnt, dass Sie im KMU-Markt noch weiter wachsen möchten. Mit welchen Massnahmen wollen Sie dies erreichen?

Unsere Stärke, die wir am Markt noch besser bekannt machen müssen, ist die Geschwindigkeit. Unser Slogan ist ja wie erwähnt "Time, Time, Time!" Vom Moment des Kaufs von Tableau über den Download bis hin zu den ersten Resultaten vergehen allenfalls zehn Minuten. Damit sind wir viel schneller als die Konkurrenz. Kunden, die sich Tableau kaufen, kaufen sich Zeit. Das Problem bei den KMU ist allerdings, dass diese teilweise nicht über die erforderlichen Daten verfügen oder noch zu wenig Know-how im Umgang mit den Daten vorhanden ist. Das beginnt bei mangelndem Statistik-Wissen, wenn zum Beispiel nicht bekannt ist, was der Unterschied zwischen einer Rohdatentabelle und einer Kreuztabelle ist. Vielfach wird dann mit hunderten von Excelsheets hantiert, was von der Übersichtlichkeit her eine Katastrophe ist. Um diese Unternehmen zu erreichen, setzen wir daher auf Partner. Wir gehen also nicht direkt auf sie zu, sondern lassen unsere Produkte in diesem Bereich von anderen vertreiben.

Gibt es Branchen, die vermehrt auf ihre Dienstleistungen zurückgreifen?

Wir sehen zurzeit gewisse Schwerpunkte, zum Beispiel im Bereich Social Media Analytics, Marketing, E-Recruitment oder Sales. Wir sind aber sehr breit aufgestellt. Sie können letztlich alle Daten mit Tableau aufbereiten. Wir bieten im kleineren Umfang auch ein Gratis-Tool an, Tableau Public, mit dem schon Analysen von den Bierpreisen am Münchner Oktoberfest gemacht wurden. Ich kann Sie nur herzlich einladen, das auch mal auszuprobieren, viele ihrer Journalistenkollegen tun dies bereits.

Zur Person: Ralf Patzwaldt arbeitet als "Enterprise Account Manager Germany, Austria, Switzerland" bei Tableau Software. Er studierte Informatik und Maschinenbau im deutschen Frankfurt und ist diplomierter Ingenieur. 

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