Aus der aktuellen Ausgabe

"Dank der User-Storys bekommen alle den Blick fürs Ganze"

Uhr | Aktualisiert

Peter Bösch vom Präzisionsdruckmaschinen-Hersteller Hapa erzählt im Interview von seinen Erfahrungen mit der Entwicklung einer Steuerungssoftware, basierend auf der Scrum-Methode.

Peter Bösch von Hapa hat beim Entwickeln einer Druckmaschinen-Steuerungssoftware speziell auf die Nutzerperspektive geachtet.
Peter Bösch von Hapa hat beim Entwickeln einer Druckmaschinen-Steuerungssoftware speziell auf die Nutzerperspektive geachtet.

Herr Bösch, Sie haben gemeinsam mit verschiedenen externen Partnern eine Druckmaschinen- Steuerungssoftware entwickelt. Um welche Maschine ging es im aktuellen Fall?

Es geht um ein Markier- und Codiersystem, das sehr präzise drucken kann. Das Druckmodul liefern wir an Maschinenhersteller ohne Druck-Know-how. Endabnehmer sind dann beispielsweise die Pharma- oder Verpackungsindustrie. Eine Anforderung im aktuellen Fall war, dass man das neue System ohne komplizierte Einführung über einen Touchscreen bedienen kann. Ähnlich wie beim iPad darf der Screen nicht zu klein sein und die Bedienknöpfe müssen eine bestimmte Grösse haben.

Wie ist der Stand des Projekts heute?

Wir arbeiten mit Software-Releases. Im vergangenen Sommer kam das erste Release fristgerecht heraus, das zweite im vergangenen November. Bisher haben wir viele positive Feedbacks erhalten. Sie haben das Projekt mit der Scrum- Methode umgesetzt und in der Rolle des Product Owner geleitet, und Sie haben Usability- Experten der Ergonomen Usability AG beigezogen.

Weshalb?

Unser Hauptfokus lag auf der Anwenderfreundlichkeit. Diese wollten wir markant verbessern und ein sehr einfaches und intuitives User Interface finden. Dafür hatten wir jedoch zu wenig Know-how in der Firma. Deshalb zogen wir externe Spezialisten bei. Zusätzlich standen wir unter grossem Zeitdruck: Vom Startschuss bis zum Zeitpunkt einer Ausstellung, wo wir das Produkt präsentieren wollten, hatten wir genau drei Monate Zeit.

Das wäre mit traditionellem Projektmanagement nicht machbar gewesen?

Die Zeit, um detaillierte Pflichtenhefte und Spezifikationen zu definieren, hatten wir ganz einfach nicht. Wir mussten uns also nach alternativen Lösungsszenarien Ausschau umsehen. Die User-Storys, die bei Scrum zur Spezifikation von Anforderungen eingesetzt werden, lassen den Entwicklern eine viel grössere Flexibilität. Dadurch konnten wir Zeit gewinnen. Und dank der User-Storys bekommen alle den Blick fürs Ganze. Das hilft enorm.

Wie gut klappte die Umstellung auf Scrum?

Jeder fand sich sehr schnell zurecht, insbesondere auch dank der in Scrum klar definierten Rollenverteilung. Zudem hatten unsere Partner – Softwareentwickler, Usability-Spezialisten, Werbefachleute – schon Erfahrung mit Scrum. Klar ist jedoch: Hätten wir alles mit internen Mitarbeitern machen müssen, wäre das womöglich viel harziger verlaufen.

Gab es Stolpersteine während der Umsetzung des Projekts?

Da wir einen sehr engen Zeitrahmen hatten, trafen wir uns alle zwei Wochen, um den Status der Entwicklungsschritte bekannt zu geben. Dadurch konnten wir sehr schnell korrigieren, falls etwas nicht wunschgemäss lief.

Werden Sie also in Zukunft vermehrt auf Scrum setzen?

Es kommt auf das Projekt an. Je nach Situation und Umfang des Projekts muss man sich für das eine oder andere entscheiden. Wenn man auf der grünen Wiese beginnt, wie wir das beim besprochenen Projekt mussten, und anfangs viele Unsicherheiten bestehen, dann ist Scrum sicher geeignet. Wenn wir aber auf einer unserer Maschinen ein Update realisieren müssen, ist da in der Regel schon sehr viel vorgegeben. Das heisst konkret, dass man auch sehr detailliert spezifizieren muss. In diesem Fall ist wohl eher der traditionelle Projektablauf geeignet.

Kommt es auch auf die Komplexität des Projekts an, ob mit Scrum oder konventionell?

Mit Scrum konnten wir diese klar entschärfen. Gerade die User-Storys bringen da sehr viel. Wenn sehr viele Ideen da sind, ist es anfänglich sehr schwierig, diese in genaue Spezifikationen zu formulieren.

Was hat die Einbindung der Nutzerperspektive, also der Usability-Experten, konkret gebracht?

Für unser Projekt war das eine der zentralen Aufgaben. Ohne sie hätten wir das Projekt kaum in der gewünschten Qualität und innerhalb der Zeitlimite umsetzen können. Man muss sich auch nicht immer von Neuem hinterfragen, ob jetzt eine Use Case wirklich funktioniert und intuitiv genug ist. Ich habe schon Projekte geleitet, wo wir mehrmals zu den Fachleuten gegangen sind, um die Zwischenergebnisse zu testen. Diesen Schritt konnten wir uns im aktuellen Fall sparen, denn der Usability-Experte weiss, wie ein Mensch tickt. Man hat heute den Anspruch, sich nicht mehr durch seitenlange Bedienungsanleitungen lesen zu müssen.

Was scheint Ihnen rückblickend besonders wichtig. Worauf muss man achten, wenn man ein ähnliches Projekt wie Sie es gemacht haben, aufzieht?

Das Controlling ist besonders wichtig. Das hilft, die Kosten im Griff zu behalten, insbesondere auch, wenn man mit Externen zusammenarbeitet. Das kann schnell aus dem Ruder laufen und das werden wir bei einem nächsten Projekt noch optimieren. Und dass man einen guten Zeitplan hat, den man dann auch konsequent einhält, ist enorm wichtig.