Nachgefragt Martin Schneider

"Wir sperren uns nicht gegen weitere Partner"

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von George Sarpong

Mitte August haben Swisscom, die SRG und Ringier eine Zusammenarbeit in der Werbevermarktung angekündigt. Martin Schneider, bisheriger CEO von Pubisuisse, soll das neue Unternehmen leiten. In einem Gespräch erläutert er den Hintergrund des Zusammenschlusses.

Martin Schneider, CEO Publisuisse. (Quelle: Publisuisse)
Martin Schneider, CEO Publisuisse. (Quelle: Publisuisse)

Welche konkreten Services wollen Sie über die neue Vermarktungsgesellschaft anbieten?

Martin Schneider: Ausser der klassischen Vermarktung will das neue Unternehmen vor allem auch auf Innovationen sowohl bezüglich der Werbemöglichkeiten als auch der Werbelogistik setzen – so etwa auf Dynamic Advertising Insertions (DAI), Real Time Advertising (RTA) oder Programmatic Selling. ­Aufgrund des breiten Premium-Portfolios werden wir aber auch in der Lage sein, unseren Kunden massgeschneiderte und kundenindividuelle 360-Grad-Kom­munika­tions­lösungen anzubieten.

Warum starten Sie das Projekt erst jetzt, wo Facebook und ­Google den Markt schon dominieren?

Im Interesse des gesamten Medienplatzes Schweiz haben wir das Ziel und den Anspruch, den Abfluss von Werbeerlösen ins Ausland nicht tatenlos hinzunehmen, sondern möglichst viel Werbegeld im Inland zu behalten. Die neue Vermarktungsorganisation tritt deshalb als schweizerische Alternative zu den globalen Playern auf.

Weshalb kooperieren Sie nicht direkt mit Google oder Facebook?

Für den Medienplatz Schweiz und die Unabhängigkeit des Medienplatzes Schweiz ist es wichtig, dass es eine schweizerische Alternative gibt. Genau das ist die Absicht der neuen Vermarktungsorganisation.

Im Vergleich zu Google und Facebook ist Ihr Unternehmen ein Zwerg. Wie wollen Sie technisch und personell mithalten?

Swisscom und ihre Partner setzen modernste Technolo­gien ein. Wir sind überzeugt, dass wir damit und mit unserem Know-how den internationalen Playern Paroli bieten können. Sofern nötig, werden wir Skills und Ressourcen punktuell ausbauen. Swisscom bietet – basierend auf anonymen Nutzungs- und Nutzerdaten – ihren Kunden schon seit längerem ein effizientes und effektives Zielgruppen-Targeting an. Die Auswertung solcher Onlinekampagnen zeigen si­gnifikante Performance-Steigerungen. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in weiteren elektronischen Kanälen wie etwa beim Fernsehen ab. Swisscom verfügt auch über technologisch führende Set-Top-Boxen, die bereits heute interaktive Möglichkeiten im Content- ­respektive Werbebereich ermöglichen. Zudem investiert Swisscom laufend in seine Innovationsführerschaft.

Eine Alternative zu Google wäre Search.ch gewesen. Warum ­haben Sie nicht versucht, mit Tamedia zu kooperieren?

Suchmaschinenwerbung ist ein Teil des Marketings und wird von Google beherrscht. Für Dritte bestehen in diesem Feld wenige Chancen. Deshalb fokussiert sich die neue Firma auf andere Bereiche.

Andere Medien können ebenfalls partizipieren, jedoch nur als Kunden. Weshalb sperren Sie sich gegen weitere Partner?

Die neue Vermarktungsorganisation sperrt sich nicht gegen weitere Partner. Sie steht weiteren interessierten Partnern offen. Für den Start der neuen Organisation sind jedoch keine weiteren Aktionäre geplant. Der designierte Verwaltungsratspräsident der neuen Vermarktungsorganisation, Marc Walder, hat sich im Interview vom 27. August 2015 mit der "Handelszeitung" folgendermassen geäussert: "Das Aktionariat wird von den drei Gründungsmitgliedern gestellt. Dass sich weitere Verlage daran beteiligen, ist derzeit nicht vorgesehen. Allerdings sehen wir uns nicht als geschlossenen Club, im Gegenteil: Wir sind offen für alle. Dies ist zentral für das Selbstverständnis dieses geplanten Joint Ventures."

Warum haben sich gerade diese drei Player zusammengefunden?

Die drei Partner schauen auf eine lange, gemeinsame Zusammenarbeit zurück und sind seit Jahren in einem engen Austausch. In gemeinsamen Gesprächen fanden die drei Unternehmen heraus, dass sie die gleichen Herausforderungen für die Zukunft sehen und eine einheitliche Vision bezüglich der Vermarktung haben. Deshalb beschlossen sie, ihre Vermarktungsaktivitäten zu bündeln. Das Konstrukt der neuen Vermarktungsorganisation ist aber offen: Weitere Interessierte sind willkommen.

Welche innovativen datenbasierten Lösungen, die sich von Google und Facebook abheben, können Sie anbieten?

Dazu kann ich folgende Beispiele nennen: Targeting auf den Websites bluewin.ch und blick.ch, Interaktion in der TV-Werbung und Targeting in TV-Werbung.

Nach jüngsten Daten von Media Focus steigerte sich der Onlineanteil am Werbevolumen von 10 auf 11 Prozent im Jahresvergleich. Das ist wenig. Wie wollen Sie den Schweizer Onlinewerbemarkt voranbringen?

Die neue Firma ist ein Aufbau- und Entwicklungsprojekt. Sie möchte die Kräfte in der Vermarktung der Schweizer Plattformen bündeln.

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