Collaboration-Plattform

Wie Swisscom mit "Dings" die Arbeitswelten verändern will

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Seit mehreren Jahren arbeitet Swisscom an einer eigenen UCC-Plattform. Roger Ringger, Head of Specialized Sales Workspace und Collaboration, stellte der Redaktion die wichtigsten Features vor.

Seit vielen Jahren arbeitet Swisscom an einer eigenen Plattform für Unified Communications und Collaboration (UCC). Mit solchen Lösungen können Arbeitsprozesse in Unternehmen über eine einheitliche Oberfläche gemanagt werden. Das Projekt wurde von der Firmenleitung angestossen und aktiv vorangetrieben.

Mit dieser Lösung soll Swisscom den Anforderungen des modernen und mobilen Arbeitens entsprechen, wie Roger Ringger, Head of Specialized Sales Workspace und Collaboration bei Swisscom, in einem Gespräch sagte. Swisscom nenne die Lösungen mit einem Augenzwinkern: "Digital, Interactive, Native und Genius Solution" oder kurz "Dings", da sich diesen Namen keiner merken könne.

"Viele hätten nicht erwartet, eine solche Lösung bei Swisscom zu finden", berichtete Ringger von seinen Erfahrungen mit Kunden und Partnern. Viele würden Swisscom immer noch als reinen Telefonie- und Kommunikationsanbieter sehen. Bei der Vorstellung der Plattform reagierten viele Kunden daher sehr überrascht, sagte Ringger weiter. Denn Swisscom gebrauche die Lösung nicht nur für interne Zwecke, sondern biete sie auch kommerziell an.

Die UCC-Plattform im Detail

Die UCC-Plattform von Swisscom sieht auf den ersten Blick wie ein normales soziales Netzwerk aus. Ausser dem eigenen Profilbild gibt es einen News-Feed mit wichtigen Unternehmensinformationen und Details zu den letzten Postings von vernetzten Personen. Zudem sind die neuesten Informationen zum Bearbeitungsstand von Dokumenten ersichtlich.

Daneben können wie bei anderen sozialen Netzwerken auch private und geschäftliche Informationen von allen registrierten Personen abgerufen werden. Auch private Informationen sind verfügbar, hierbei haben die Mitarbeitenden aber die Kontrolle, welche Daten sie preisgeben wollen.

Ebenso gibt es die Möglichkeit, Gruppen innerhalb des Netzwerks anzulegen. Dies können sowohl Teams, Interessen- und Arbeitsgruppen, aber auch Gruppen für private Aktivitäten sein. Swisscom macht bewusst keine Grenzen, um die Vernetzung der Mitarbeitenden nicht zu unterbinden.

Weiterhin besteht die Option, Blogs zu schreiben. Laut Jasmine Torfi, Worksmart Coach bei Swisscom, nutzen dies einige Entscheidungsträger. Für die Bearbeitung von Dokumenten hat Swisscom Office 365 integriert. Die Idee war es, dass es im Unternehmen nur noch eine Version jedes Dokuments geben soll, wie Ringger sagte.

Junge Generation fordert neue Formen des Arbeitens

Laut Ringger verlangt die jüngere Generation unter den Mitarbeitenden nach mehr Flexibilität und Eigenbestimmtheit im Arbeitsalltag. Sie wollen bestimmen, wann und wo sie arbeiten. Da das "Dings" über den Browser läuft, wird das mobile Arbeiten und auch Homeoffice erleichtert. Auch ist die Lösung unabhängig vom verwendeten Gerät. Mit "Dings" schaffe Swisscom daher ein Umfeld, was besonders von den jüngeren Mitarbeitenden sehr geschätzt werde. Daher sieht Ringger die Plattform auch als ein Instrument im Wettbewerb um die besten Köpfe, denn Swisscom "will die Besten", sagte er.

Generell würden jüngere Mitarbeitende die Lösung auch intensiver nutzen, sagte Torfi. Dabei gebe es sogar den Effekt des "Reverse Mentoring", wobei der Lehrling seinem Meister im Bereich UCC etwas Neues beibringen könne. Diese Entwicklung wird von Swisscom aktiv gefördert, so Torfi weiter.

An der Arbeitskultur muss angesetzt werden

Zunächst entwickelte und erprobte Swisscom die Plattform ausführlich für den internen Gebrauch. Erst nachdem der Erfolg im Unternehmen klar ersichtlich war, wurde das "Dings" für Partner und Kunden zugänglich gemacht. Da Swisscom die Erfahrungen der Implementierung am eigenen Leib erfahren habe, könne das Unternehmen auch umfangreiches Wissen weitervermitteln, sagte Torfi. Dazu stehe ein Team von rund 15 Mitarbeitenden für Coachings zur smarten Arbeitsweise zur Verfügung, die je zur Hälfte intern und extern tätig seien.

Wichtigstes Thema ist dabei, dass eine neue "Art der Zusammenarbeit" in Unternehmen implementiert wird, wie Ringger betonte. Denn mit der Einführung der UCC-Plattform allein sei es noch lange nicht getan. Vielmehr müsse sich die Arbeitskultur grundlegend ändern und sich gegenüber den neuen Kommunikationswegen und Arbeitsformen öffnen. Swisscom habe den Wandel bei sich vor vier bis fünf Jahren angestossen. Aber auch im Unternehmen sei der Prozess noch lange nicht zu Ende. Aber "das 'Dings' ist jetzt hier und es geht auch nicht mehr weg", sagte Ringger.

Wissen zugänglich machen

In vielen Unternehmen sei es noch so, dass Wissen produziert werde, es dann aber letztlich in Ordnern oder Schubladen verstaube. Auch sei häufig nicht klar, welches ungenutzte Wissen in den Köpfen von Mitarbeitenden schlummere. Dadurch müsse das Rad oft neu erfunden werden, was für Unternehmen sehr kostspielig und eine Verschwendung von Ressourcen sei, zeigte sich Ringger überzeugt.

Auf dieses Problem soll auch das "Dings" eine Antwort liefern. Dazu implementierte Swisscom die Funktion "Ask the Brain". Dabei handelt es sich um eine Technologie des Schweizer Start-ups Starmind, die dabei hilft, Wissen und Fähigkeiten im Unternehmen zu identifizieren und zu vernetzten.

Grundidee dahinter ist, dass eine Frage im Unternehmen nur ein einziges Mal gestellt werden muss. Zudem soll die Technologie Fragesteller mit Experten zusammenbringen. Auf Basis von Antworten identifiziert "das Brain" Wissen in der Organisation und baut ein Netzwerk auf. Laut Swisscom können so 91 Prozent aller Fragen beantwortet werden. 53 Prozent der Antworten kommen innerhalb von 48 Stunden. Das Wissen kann also schneller nutzbar gemacht werden.

Offene Dokumente fördern

Zudem gab Swisscom die Maxime aus, dass bestehendes Wissen jederzeit und überall verfügbar sein soll. Dazu soll das Wissen von Einzelpersonen und Teams aus den Schubladen geholt und frei zugänglich gemacht werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, führte Swisscom eine "Open-Book-Kultur" ein. Diese besagt, dass es nur noch die zwei Dokumentklassen "intern und vertraulich" gibt. Daran ist besonders, dass alle Dokumente von der Standardeinstellung her offen sind, also dass jeder Mitarbeiter darauf zugreifen kann. Einschränkende Nutzerrechte müssen jedes Mal ausdrücklich eingestellt werden. Dadurch ist ein Grossteil der Informationen im Unternehmen schnell verfügbar. Nur noch schützenswerte Dokumente werden in vertraulichen Räumen abgelegt.

Was Swisscom bietet

Swisscom vertreibt seine UCC-Lösung als Service. Dabei können die einzelnen Komponenten der Plattform nach den Bedürfnissen der Kunden zusammengestellt werden. Zudem biete Swisscom von der Implementierung über Worksmart Coaching bis zur Hardware alles aus einer Hand an.

"Die Plattform wird auch stetig weiterentwickelt", hob Ringger weiter hervor. Immer neue Technologien und Arbeitsprozesse werden implementiert, wobei Swisscom die Praxistauglichkeit zunächst intern testet.

Einschränkend hob Ringger hervor, dass sich nicht alle Bestandteile für alle Unternehmen gleichermassen eigneten. "Ask the Brain" etwa brauche eine gewisse Unternehmensgrösse, um effektiv arbeiten zu können. Hingegen würden sich Office 365 und die Austauschplattform auch schon für kleine Unternehmen eignen. Laut Ringger ist der Kulturwandel des Arbeitens für den Erfolg zentral, dies auch unabhängig von der Unternehmensgrösse. Nur mit einer offenen Wissenskultur und neuen flexibleren Arbeitsprozessen könne man den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden.

Wichtig sei auch, dass die Mitarbeitenden nicht überfordert würden. Auch im Management müsse der Kulturwandel stattfinden. "Vor allem soll die Arbeit Spass machen", hob Ringger hervor. Dazu müsse der Arbeitgeber ein Umfeld schaffen, dass dies ermögliche. Ringger glaubt, dass Swisscom hier mit ihrer Lösung auf dem richtigen Weg ist.

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