Vom Datenpool zur Diagnose
Mit Cobedias hat die Internistin Barbara Biedermann eine Software zur Dokumentation von ärztlichen Untersuchungen entwickelt. Sie ermöglicht nicht nur die Eingabe von Patientendaten, sondern soll durch den Vergleich mit anderen Krankengeschichten auch die Diagnose unterstützen.

Die klinische Diagnose ist eine komplexe Angelegenheit. Jeder Patient ist anders, keine Krankengeschichte verläuft gleich. Am Anfang jeder Diagnose stehen auch heute noch die Anamnese und die körperliche Untersuchung durch den Arzt. Hier will die Software Cobedias ansetzen und mithilfe alltäglicher klinischer Beobachtungen und Befunde die Qualität der Diagnosen verbessern.
Von der Forschung in die Praxis
Cobedias, kurz für Comprehensive Bedside Diagnosis, ist eine browsergestützte Software zur Dokumentation von ärztlichen Untersuchungsergebnissen, sozusagen ein elektronisches Statusblatt. Cobedias will allerdings weiter gehen als andere medizinische Dokumentationslösungen. Indem es die Daten des untersuchten Patienten mit zahlreichen digitalen Krankengeschichten im sogenannten Medical Data Warehouse in Echtzeit vergleicht, ermögliche Cobedias präzisere Diagnosen, sagt Barbara Biedermann. Sie ist Internistin im zürcherischen Adetswil und hat Cobedias entwickelt.
Die Idee zu Cobedias kam Biedermann Anfang der 2000er-Jahre, als die vollständige Sequenzierung des menschlichen Erbguts gelang. Sie gründete das Unternehmen Cobedix, und gemeinsam mit dem Lausanner Softwarehersteller Elca Informatik, der die technische Umsetzung übernahm, entstand Cobedias. Ein erster Prototyp stand 2010. Seit 2013 ist das elektronische Statusblatt marktreif und in der Praxis von Biedermann im Einsatz. Cobedias sei auf viel Zustimmung gestossen, sagt die Ärztin. Kollegen schätzten vor allem die automatische Zusammenfassung der Krankengeschichte. Drei Hersteller von Praxis-Informationssystemen hätten eine Schnittstelle für Cobedias in ihren Produkten eingerichtet.
Datenbankvergleich statt Text-Mining
Im Laufe einer Untersuchung gibt der Arzt die Daten des Patienten, etwa Alter, Body-Mass-Index oder Durchschnittspuls, in Cobedias ein. Die Software vergleicht diese Werte anschliessend mit einem Referenz-Datenpool. Der Arzt erhalte so in Echtzeit eine erste Einschätzung zur Diagnose, erklärt Biedermann. Das Fundament hierzu bilden wissenschaftliche Studien, die die Ärztin und ihre Kollegen in den vergangenen Jahren an den Universitäten Basel und Zürich durchgeführt haben.
Hier liegt laut Biedermann die Stärke von Cobedias. Im Unterschied zu anderen digitalen Arzthelfern wie etwa IBMs Watson setze die Software nicht auf die Auswertung von medizinischer Fachliteratur, sondern greife direkt auf die standardisierten Untersuchungsdaten anderer Patienten zu. Dadurch sei die Qualität der Daten von Anfang an hoch und eine stichhaltige Diagnose möglich. Cobedias anonymisiert alle gesammelten Daten, wie Biedermann betont. Nicht anonymisierte patientenbezogene Daten verblieben ausschliesslich unter der Kontrolle des behandelnden Arztes oder Spitals.
Cobedias soll helfen, die Behandlung zu verbessern
Dennoch stellten sich der Verbreitung der Software noch einige Hürden in den Weg. Zum einen sei die Integration in bestehende Praxis- und Spitalsysteme schwierig. Zum anderen honoriere der geltende Tarmed eine Untersuchung nach den Cobedias-Prinzipien nur ungenügend. Biedermann und ihre Partner hätten ihr Geschäftsmodell deshalb neu ausgerichtet. Ausser Lizenzen für Software und Referenz-Datenpool bietet Cobedix nun Ärzten an, Patienten direkt in Adetswil mit Cobedias untersuchen zu lassen. So soll das Programm seine Leistungsfähigkeit zugunsten der Patienten unter Beweis stellen.
Was eigentlich für die Software spricht, erweist sich im aktuellen Abrechnungsmodell der Schweizer Medizin als Hypothek. Cobedias bedingt nämlich eine gründliche Untersuchung durch den Arzt, in erster Linie den Hausarzt, was auf den ersten Blick mehr Zeit benötigt. Längerfristig könne das Gesundheitswesen mit Cobedias aber Zeit und Kosten sparen, ist Barbara Biedermann überzeugt. Besonders in komplexen medizinischen Fällen oder bei der Früherkennung schwerer Krankheit könnten die Informationen aus dem Data Warehouse eine umfassendere Diagnose ermöglichen als der frühe Gang zum Spezialisten.

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